Regen

Tropfen für Tropfen fällt auf das Dachfenster, während er auf dem Sofa liegt, die Füße angewinkelt, ein Buch gegen die Oberschenkel gepresst, ein Buch gegen die Trübe des Tages, mit Worten, die ihn aus seinen dunklen Gedanken befreien sollen, die er aufruft und anruft, ihm einen Ausweg zu zeigen, hier und jetzt, sofort, er glotzt die Buchstaben an, bis sie nur verrenkte Zeichen auf einem Papier sind, bis sie ihm nichts mehr sagen, ganz wie ihm der Regen nichts sagt, der seinen Takt auf das Dachfenster trommelt, einen Marsch, der ihm keine Aufforderung ist, deshalb bleibt er auf dem Sofa liegen, die Beine angewinkelt, ein Buch gegen die Oberschenkel gepresst, dem er längst keine Aufmerksamkeit mehr schenkt, weil er dem Regen lauscht, der durch seinen Kopf rauscht, ein Sturzbach aus Bildern von fremden Menschen, die in Wasserfluten untergehen, von einem Penner, der sich eine Zeitung über den Kopf hält, von Kellern, die überflutet sind, von Kühen und Hühnern, die sich auf ein treibendes Hausdach flüchten konnten und nun stumpf in den reißenden Fluss starren, ebenso wie er in sein Buch starrt, die den Fluss nicht verstehen, ebenso wie er sein Buch nicht versteht, er lässt sich von den Bildern wegspülen, die ihm nur Unterhaltung sind, weil er der Trübe dieses Regentages entkommen möchte.
Beschämt schließt er die Augen, verscheucht die Bilder und wartet auf das Ende des Regens.

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