Die Straße endet irgendwo im Nirgendwo, sie versickert im Sand, dort draußen, weit vor der Stadt. Wisst ihr jetzt von welcher Straße ich rede? Die Sonne hängt wie ein bissiger Hund am Himmel, wartet auf die Bauarbeiter, die nicht mehr kommen, die längst vergessen haben, wo die Straße eigentlich hin führen soll. Man hat sie auf Anweisung des Straßenbauamtes begonnen, bis die Kämpfer kamen und die Arbeiter beschossen. Tag für Tag starben mehr Mitarbeiter. Das ist keine Straße dieser Welt wert. Und diese Straße auf keinen Fall. Eine Straße durch die Wüste, durch das Nichts, von einem Sandkorn zu einem weit entfernten anderen Sandkorn. Sie sollte mehr ein Symbol sein. Weniger eine Straße. Die Arbeiter bauten die Straßen. Die Symbole überließen sie den Politikern.
Und immer wieder tauchten bewaffnete Motorradbanden auf, Tücher vor den Gesichtern. Sie rasten an den Bussen der Arbeiter vorüber, suchten nach den Gesichtern der Fremden, achteten auf helle Haut, denn helle Haut war ein Symbol für den Tod.
Manchmal schossen sie auch direkt auf die Arbeiter.
Das sind keine Arbeiter, sagten die Männer mit den Gewehren, das sind Überläufer, das sind Feinde.
Also schossen sie auch die Arbeiter tot. Sie schossen sie direkt in den frischen Teer, aber sie jaulten nicht auf, auch wenn das ihre Anführer manchmal verlangten, denn sie schossen hier auf ihre eigenen Leute.
Sie waren nicht verblendet, nicht einmal vom Hund am Himmel, sie waren einfach müde, sie hatten es satt, die fremden Gesichter um Erlaubnis zu fragen, wenn sie in ihre eigenen Städte wollten. Also schossen sie auf die Fremden, sie schossen sie von Brückenköpfen und sprengten sie vom Markt. Freiheitskampf nannten sie das.
Und dann fragten sie uns mit betrübten Gesichtern: Was würdet ihr denn tun?
Wir schüttelten uns den Sand aus den Haaren und hoben die Schultern und sagten nichts, weil wir keine richtige Antwort hatten, aber auch, weil wir um unser Leben fürchteten, denn die falsche Antwort kann dir schnell die Kehle aufschneiden. Wir bewegten nur den Oberkörper hin und her und zeigten nach draußen in die Wüste, wir sagten nichts, aber sie verstanden uns trotzdem.
Sie nickten, bestiegen ihre Motorräder und fuhren los.
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
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