80 Jahre Bücherverbrennung – Literaturquiz Teil 19
Herzlichen Dank für die zahlreichen Mails, die wir auf unsere Fragen wie Ihnen das Quiz bisher gefallen hat, welches Rätsel für Sie besonders interessant war und ob Sie eine/n AutorIn vorschlagen möchten, erhalten haben.
Wir freuen uns auch weiterhin auf Ihre Meinung!
Das vorhergehende Quiz war einigen RätselfreundInnen zu einfach. Tatsächlich konnten außer dem Namen des Autors alle Fragen bereits nach dem Lesen des literarischen Rätsels beantwortet werden. Wir geloben Bessserung! Diesmal werden die meisten von Ihnen, auch wenn Sie den gesuchten Autor nach dem Lesen des Rätsels sofort erkennen sollten, zur Lösung der anderen beiden Fragen voraussichtlich das Internet, eine Biografie des Autors oder eine Literaturlexikon heranziehen müssen.
Die Quizfragen
- Wie heißt der Autor?
- Wie lautet der Name seiner ersten Frau?
- Zu welchem Anlass besuchte der Autor 1934 die UdSSR?
Antworten bitte bis zum 22. Oktober 2013 um 12:00 Uhr an: Literaturblog Duftender Doppelpunkt oder über das Kontaktformular.
Erinnerung: Wenn Sie an die jeweils aktuelle Quizrunde erinnert werden möchten, senden Sie bitte einfach ein leeres Mail mit dem Betreff „Literaturquiz Erinnerung“ an das Literaturblog Duftenden Doppelpunkt oder via Kontaktformular.
Einen Gesamtüberblick über alle bisher veröffentlichten literarischen Rätsel können sie sich auf der Seite „Literaturquiz zur Bücherverbrennung 1933″ verschaffen.
Das literarische Rätsel
Für seine Mutter Resl, geborene Heimrath, ist er das neunte von elf Kindern. Sein Vater ist Bäckermeister in Berg am Starnberger See. Nach dessen frühem Tod erlernt er das Bäckerhandwerk bei seinem tyrannischen älteren Bruder Max. Bücher, seine große Leidenschaft, muss er sich heimlich über einen Nachbarn besorgen. 1911, er ist gerade einmal siebzehn Jahre alt, flieht er nach München. Dort schlägt er sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. In der Münchner Bohème wird er als Erzähler von deftigen Dorfgeschichten zu einem gern gesehenen Gast.
1914 wird er zum Kriegsdienst eingezogen und kommt an die Ostfront. 1916 droht ihm eine Verurteilung wegen Befehlsverweigerung. Letztlich wird er in eine Irrenanstalt eingewiesen, als „dienstuntauglich“ eingestuft und aus dem Militärdienst entlassen.
Er heiratet im Mai 1917. Ein Jahr später wird dem Paar eine Tochter, sie nennen sie Annemarie, geboren. Die Ehe ist nicht von Dauer und das Kind wird von der Mutter des Autors aufgezogen.
Am Ende des Ersten Weltkrieges setzt er seine merkantilen Fähigkeiten als Schwarzmarkthändler ein: „Ich warf mich erst recht auf das schnelle Verdienen. In den ‚Simplizissimus‘ kam ich, setzte mich zwischen die diskutierenden Dichter und Künstler und zog auf einmal eine lange Hartwurst aus der einen Brusttasche, aus der anderen Damenstrümpfe, aus der Joppentasche feinste Schokolade.“
Seinen ersten Gedichtband „Die Revolutionäre“ veröffentlicht er 1918; den Buchumschlag gestaltete sein Freund, der Maler und Grafiker Georg Schrimpf.
Mit seinem autobiografischen Roman „Wir sind Gefangene“ feiert er 1927 den Durchbruch als Autor. In der Vorbemerkung zu dem Buch schreibt er: „Nichts in diesen Blättern ist erfunden, beschönigt oder zugunsten einer Tendenz niedergeschrieben … Dieses Buch soll nichts anderes sein als ein menschliches Dokument dieser Zeit.“
Das Werk gliedert sich in zwei Teile. „Frühzeit“ berichtet von seiner Kindheit am Dorf, der Arbeit als Bäcker und der Flucht in die Stadt. Er wird Teil der Münchner Bohème, lernt unter anderem Erich Mühsam kennen und reift zum politisch denkenden Menschen.
Im zweiten Teil berichtet er über seine Schwarzmarktaktivitäten und seine Beteiligung an der Münchner Räterepublik. Rückblickend meint er: „Sie sind alle Hunde gewesen wie ich, haben ihr Leben lang kuschen und sich ducken müssen, und jetzt, weil sie beißen wollten, schlägt man sie tot. Wir sind Gefangene!“
Nach der blutigen Niederschlagung der Räterepublik wird er verhaftet und kommt, nicht zuletzt aufgrund der Fürsprache von Rainer Maria Rilke – „ich wünsche von Herzen, daß dieser ernste und begabte junge Schriftsteller recht rasch seiner Tätigkeit wiedergegeben und einer Lage entzogen sei, in die ihn nur ein völlig verkennender Irrtum gestürzt haben kann.“ – nach einigen Wochen frei.
Mit „Gelächter von außen. Aus meinem Leben 1918-1933″ legt er viele Jahre später einen weiteren autobiografischen Band vor. Darin zeichnet er anhand seiner Erlebnisse die Entwicklung der Weimarer Republik nach.
„Das Bayrische Dekameron“, eine Sammlung von 31 seiner spitzbübisch, urwüchsig und frivolen Geschichten, die er 1928 veröffentlicht, empfiehlt er folgendermaßen: „Wer an Ärger oder Griesgram leidet, für den bin ich die beste Medizin. Viele haben sich über meinen Inhalt schon gesund gelacht (…). Freilich, für Kinder bin ich nichts, aber ausgewachsene Weiberleut und Mannsbilder schätzen mich ungemein. Denn ich bin ein überaus fideles Bauernliebeslexikon mit entsprechenden Bildern und erzähle ungeschminkt, wie unsere Bauern daheim Liebschaften betreiben (…). Wer sich darüber informieren will, der muß mich lesen.“
Wenn der Roman „Wir sind Gefangene“ den Beginn einer breiten künstlerischen Anerkennung markiert, so steht das „Dekameron“ für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg.
Als die Bücher im Mai 1933 im Deutschen Reich in Flammen aufgehen, seine Manuskripte und ein Großteil seiner Bibliothek beschlagnahmt werden, befindet er sich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Mirjam Sachs in Österreich und entgeht so der Verhaftung.
Zu seinem großen Entsetzen findet er sich mit fast all seinen Werken auf der sogenannten „Weißen Liste“ und damit unter den von den NationalsozialistInnen empfohlenen AutorInnen.
Am 12. Mai fordert er in der von Viktor Adler gegründeten Arbeiterzeitung, dem Zentralorgan der Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs „Verbrennt mich“:
„(…)Diese Unehre habe ich nicht verdient! Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach! (…)“
Ob, wie verschiedentlich behauptet, seine Werke in einer eigens für ihn anberaumten Aktion im Innenhof der Münchner Universität verbrannt wurden, ist bisher nicht belegt. Allerdings lassen die Reaktionen der NationalsozialistInnen dies durchaus vermuten. So schreiben die „Münchner Neuesten Nachrichten“ am 2. Juni 1933: „Aber wenn es der Herr Dichter durchaus will, nun wir sind garnicht so und pflegen Privatwünsche in diesem Falle sehr wohl zu berücksichtigen. Also, hinein mit ihm ins Feuer.“
Er kehrt nicht mehr nach Deutschland zurück, wird 1934 ausgebürgert und bleibt bis 1958 staatenlos.
Von Wien führt ihn seine Flucht 1934 nach Brünn. Vier Jahre später gelangt er gemeinsam mit Mirjam Sachs, sie ist eine Cousine von Nelly Sachs, über Holland in die USA. Im Gegensatz zu manch anderem, dessen Schreibfluss im Exil vertrocknet, bleibt er auch in der Fremde ein sehr produktiver Schriftsteller, der im Laufe seines Lebens wohl um die vierzig Bücher schreibt.
Den 1940 erscheinenden Roman „Das Leben meiner Mutter“ verfasst er bereits in New York. Er ist überzeugt: „Wenn alle meine Bücher vergehen, dieses Buch schreibt mir keiner nach und dies Buch bleibt. Dös glaub‘ i bestimmt.“ Es ist das Porträt einer Frau, die ihre Familie liebevoll zusammenhält, und zugleich ein großer sozial- und zeitkritischer Roman, der den Bogen von Ludwig II. über Otto von Bismarck bis Adolf Hitler spannt.
Thomas Mann schreibt über das Buch: „Das ist ein wahres Monument der Pietät und Liebe und in seiner Art ein klassisches Buch. Gewiß werden später die deutschen Schulkinder Stücke daraus in ihren Lesebüchern finden.“
Als „Stalinagent in der Lederhose“ denunziert, bleibt ihm die Einbürgerung zwei Jahrzehnte verwehrt. Erst im Dezember 1957 wird er auf die Verfassung vereidigt und erhält die US-Staatsbürgerschaft. Zuvor darf der 63-Jährige noch einmal den Wehrdienst verweigern. Der Abschnitt, in dem sich ein Neubürger üblicherweise verpflichtet, sein Land „mit der Waffe in der Hand zu verteidigen“, wird dem Pazifisten erlassen.
1958 besucht er erstmals wieder München. Noch zweimal wird er die alte Heimat sehen. Wurzeln wird der Mann, der zeitlebens in keine Schablone gepasst hat, kein zweites Mal dort schlagen.
Als sich eine Ausweitung des Vietnamkriegs abzeichnet, schreibt er einen offenen Brief an Papst Paul VI., in dem er den Papst bittet „das biblische Gebot ‚Du sollst nicht töten!‘ erneut und mit allem Nachdruck zur strengen, unabdingbaren Verpflichtung für jeden einzelnen Gläubigen zu machen …“
Er stirbt 1967 in New York, seine Urne wird ein Jahr später in München auf dem Bogenhausener Friedhof beigesetzt.