Im Literaturhaus gab es gestern gleich zwei Veranstaltungen zu bewundern, die gut zusammenpassten, obwohl sie auf den ersten Blick gegensätzlich schienen.
Nämlich die 2. Ö-Slam-Sieger-Sause bei der die Sieger der zweiten österreichischen Poetry Slam Meisterschaft, moderiert von Markus Köhle und Mieze Medusa, sozusagen die Stars der österreichischen Poetry Slam Szene, vorgestellt wurden.
Ich kenne Markus Köhle und Mieze Medusa von diversen Veranstaltungen und Poetry Slam, seit vor jetzt wahrscheinlich schon zehn Jahren der Droschl Verlag im Cafe Stein einen solchen veranstalte, mich aber nie mitlesen lies, ich habe mich nur einmal für die Jury gemeldet (dabei auch noch die Bewertungskriterien verwechselt, nachzulesen in meinem ersten Digi Buch „Wiener Verhältnisse“), Katrin Resetarits, Philip Scheiner und Nikolaus Scheibner haben dort gelesen bzw. gewonnen und dann gabs einen Poetry Slam im Schikaneder Kino, wo ich mich nicht hingehen traute (den gibts glaube ich, immer noch).
Markus Köhles Texte lernte ich durch die GAV Neuaufnahmen Jury kennen und konnte ihn später, nachdem er, glaube ich, den Poetry-Slam im Radio Kulturhaus gewonnen hat, bei einer Rund um die Burg Veranstaltung, erleben, wo er mich mit seiner Performance sehr beeindruckte.
Alfred hat mir einmal zum Geburtstag ein Buch mit Poetry Slam Texten (Rotbuch 2002/03) geschenkt und so wurde mir diese Literaturform aus Amerika, die ihre eigenen Regeln hat, so darf, glaube ich, an sich jeder, der sich anmeldet und eventuell ein Preisgeld zahlt, fünf Minuten lesen und das Publikum johlt, schreit oder pfeift und bestimmt auf diese Art und Weise den Sieger, vertraut und wenn ich inzwischen dort auch nicht mehr lesen würde, die Selbstdarstellung liegt mir wohl wirklich nicht, zumindestens nicht auf diese Art und Weise, finde ich es doch sehr interessant, wie mich die Literatur bekannterweise ja überhaupt sehr interessiert.
Es ist auch eine Literatur für junge Leute, die drei Sieger sind leider wieder alle Männer, Stefan Abermann aus Innsbruck, 1983, Rene Monet, Linz und Paul Pizzera Graz, 1988 geboren, von Rene Monet steht kein Geburtsdatum im Programm, er dürfte aber etwas älter sein, können wirklich viel, wird ja auch die Selbstdarstellung mitverlangt und so werden die kurzen Texte regelrecht performiert und das Publikum pfeift und schreit und interessant für Silvia Bartl, das Literaturhaus war sehr voll, zwar 99% mit Leuten, die ich dort noch nie gesehen habe.
Eine spannende experimentelle Form der Literatur, zum Teil auch mit sehr kritischen sozial bezogenen Themen und da komme ich zu der zweiten Veranstaltung, nämlich der Ausstellung „Jandl trifft Junge“, wo es um die vier Kinderbücher geht, die von Norman Junge zu Jandl Gedichten illustriert wurden.
Das für mich Beindruckenste waren Buch und Gedicht „fünfter sein“, wo fünf ramponierte Spielzeuge in einem Wartezimmer sitzen, hineinhumpeln und nachher wieder neu und glänzend herauskommen. Ich kann wirklich sehr empfehlen sich die Austellung anzusehen und ich denke, das das, was Jandl in den Sechzigerjahren mit seinen Gedichten machte, sicher mit dem Poetry Slam zu vergleichen ist.
Rene Monet hat sich in seinen Texten übrigens auch auf Jandl bezogen und so war der gestrige Abend eine spannende Zusammenstellung und gut für mich, denn ich bin wieder einmal sehr niedergeschlagen hingegangen (ich kann es nicht), obwohl man ja im Literaturhaus auch nicht so oft aufgebaut wird, fühle ich mich dort meist sehr ignoriert, aber gestern hat mich eine Frau angesprochen mit der ich mich dann lang über ihren Literaturbegriff unterhalten habe, der sich von meinen unterscheidet, habe ich ja einen breiten und bin da sehr tolerant, offen und neugierig, verlange nicht, daß ich unterhalten werde und wenn einer vor Aufregung stottert, renne ich auch nicht gleich empört hinaus.
Die Journalistin, die Germanistik studierte, einen Roman über Syliva Plath schreibt und auf ihrer Homepage „Wir haben gesehen, wie die Besten unserer Generationen bei Dichterlesungen an Langeweile zugrunde gingen, Dichtung ist keine Geheimgesellschaft …“, www.poetry.or.at, fordert, vertrat nämlich genau den Ansatz der Eventkultur, den ja auch das Literaturhaus ein bißchen zu gehen versucht, den ich aber für gefährlich halte und ich denke auch nicht, daß ein Autor unbedingt Sprechunterricht nehmen muß, weil das Publikum einen Qualitätsanspruch hat.
Thomas Bernhard und Ernst Jandl haben das auf ihre Art und Weise zwar sicher auch getan, hätten es aber abgestritten, daß man das tun muß und so denke ich noch immer, ganz so glänzend toll und aufpoliert braucht die Literatur nicht sein, (wer bitte, will ein modischer Autor sein?), obwohl mir der Abend sehr gefallen hat und ich mit zwanzig sicher nicht das konnte, was die drei jungen Männer konnten.
Ich denke aber, daß Poetry Slam ein Teil der Literatur und es gut und wichtig ist, daß es auch noch anderes gibt und alles sollte man auch im Literaturhaus und an den anderen Veranstaltungsorten hören können.
Und das führt zu der Diskussion am Donnerstag mit Gerhard Ruiss, dem Interessenvertreter der IG Autoren über die Veränderungen in der Literatur seit 1968, haargenau weist sie daraufhin und so kann ich nur hoffen, daß der neoliberale Literaturbetrieb bald vorüber geht, der Poetry Slam mag bleiben.