Gerade sind wir vom Osterspaziergang des ersten Wiener Lesetheaters nach Hause gekommen. Es war schön und sehr intensiv. Von dreizehn Uhr bis kurz vor Mitternacht. Außerdem hat mich Rolf Schwendter an sehr vielen Stellen zu lesen eingeteilt, was mir sehr gut tat, da ich mich ohnehin sehr übergangen fühle.
Die Idee dazu ist mir im vorigen Jahr gekommen, als es durch den achten Bezirk ging. Da haben plötzlich alle ihre eigene Texte gelesen, ich hatte nichts mit und dachte nur, die Stelle mit den Hüten im „Novembernebel“ hätte gut gepasst. Das Buch war damals aber noch nicht veröffentlicht. Ich habe es, nachdem es erschienen ist, mit der Erzählung „M. M. oder die Liebe zur Germanistik“ Rolf Schwendter geschickt und Margareten als nächsten Bezirk vorgeschlagen bzw. meine Mithilfe angeboten. Rolf Schwendter hat es aufgegriffen. Werner Grüner und Susanne Schneider haben mitorganisiert. Dann wurde es ein sehr schöner Spaziergang, vor allem das Wetter war, im Gegensatz zum vorigen Jahr, sehr toll.
Wir sind um halb elf von Harland nach Wien gefahren und kurz nach eins in der Waldviertler Stuben auf der Wiedner Hauptstraße angekommen. Das ist ja immer interessant, wo die Grenze zwischen dem vierten und dem fünften Bezirk verläuft. Die Wiedner Hauptstraße 89 liegt im Fünften. Und schräg gegenüber das Haus, wo Friederike Mayröcker geboren wurde. Daniela Beuren hat mit einem schönen roten Strohhut die Lebensgeschichte eines Mannes vorgelesen, der emigrieren mußte und über den sie etwas schreiben will. Ruth Aspöck war da und Robert Egelhofer. Edith Brocza, die kommen wollte, war nicht da und auch die nicht, die ich eingeladen habe, aber viele andere.
Die zweite Station war der Reading-Room, den ich bisher nur vom Namen kannte. Anni Bürkl hat dort ja eine Margaretner Tour gemacht und die Volksstimme Anthologie wurde dort ein zweites Mal vorgestellt und sie machen auch bei dieser Margaretner Kunst- und Kulturmesse am 12. 5. im Amtshaus Margareten mit und die Gaby Röckl, die mit Thierry Elsen, den Reading Raum betreibt, ist dieselbe, die das literarische Programm am 12. 5. betreut.
Die Beiden haben Gedichte von Martin Amanshauser gelesen, der, was ich nicht wußte, ein Margaretner ist und aus einem Buch von Ernst Hinterberger. Dann ging es in den Kost-Nix-Laden und auf dem Weg dorthin ist Daniela Beuren ihr schöner Hut abhanden gekommen, der Wind hat ihn ihr vor einer Kreuzung vom Kopf gefegt und ein Auto hat ihn davongeschleift. Im Kost-Nix- Laden gab es Wein und andere Getränke und wieder Texte von Ernst Hinterberger, sowie von Ernst Jandl und Friederike Mayröcker.
Rüdigerhof
Im Wirtschaftsmuseum habe dann ich gelesen. Die erste Szene aus der „Margarete“, dann ging es in die Dokumentationsstelle für Ost- und mitteleuropäische Literatur. Stephan Teichgräber, der dieses Institut in der Spengergasse betreibt, hat ja auch eine Zeitlang die Lesungen der Szene Margareten mitorganisiert und die beiden Literaturpreise der goldenen Margarete, die es dort einmal gegeben hat. Jetzt hat er sein Institut vorgestellt und wir haben ein bißchen über Rußland diskutiert. Dann gingen wir hinunter an die Wien zum Vorwärts Verlagshaus, wo einmal die Frau und Arbeiterzeitung gedruckt wurde. Und auch Jura Soyfer ein- und ausgegangen ist. Werner Grüner ist mit einem roten Fähnchen, mit dem früher die Gemeindebauten beflaggt wurden, vorangegangen und ich habe dann eine Jura Soyfer Szene gelesen. Die nächste Station war das Haus, das Herzmanofsky-Orlando in der Wehrgasse erbaut hat, weil er, was nur wenige wissen, Architekt gewesen ist. Im Rüdiger Hof sind wir dann an einem langen Tisch im Freien gesessen, ich hätte Paul Wimmer und Jeannie Ebner vorstellen sollen, was dann aber ins Cafe Standard in der Margareten Straße verschoben wurde, was gut war, denn da hätte ich sehr schreien müssen, sind ja hinter mir die U-Bahnen gefahren und vor mir hat der Kellner abkassiert.
Ich bin mit Dagmar Fischer ins Gespräch gekommen, die sich sehr lieb nach Anna erkundigte, die sie einmal unterrichtet hat und mich zu ihrer nächsten Lesung eingeladen hat.
Im Cafe Standard waren dann die Lesebedingungen angenehmer. Es gab einen Lesetisch im Extraraum und eine Tür, die man verschließen konnte, es waren auch nicht mehr so viele Leute da und ich habe sehr viel gelesen. Zuerst meinen Blog-Beitrag über das litererarische Margareten vom August, der ja auch über Paul Wimmer und Jeannie Ebner handelt und dann noch Maria Gornikiewiczs schönen Artikel aus der Wiener Zeitung zu Jeannie Ebners fünften Todestag und in der zweiten Runde das dritte Stück aus M.M., die Szene, wo es auch viel um Thomas Bernhard geht und dann das Stück aus „Novembernebel“ mit den Hüten und der Lesetheateraufführung von „Glaube Liebe Hoffnung“, da habe ich dann meine Hut-Bonmots erzählt, jetzt habe ich ja ein neues und am Schluß noch ein Gedicht zum Gedenken einer anderen Hutträgerin, deren Tod am Gründonnerstag ja viele betroffen machte, obwohl er, wie ich hörte, zu erwarten war. In dem Buch „Alle Tage Gedichte“, das sie mir 1999 zum Geburtstag schenkte, gibt es ein Gedicht mit dem treffenden Titel „Osterspaziergang“, das ich gelesen habe und daran erinnerte, daß sie in der Kettenbrückengasse auf der Seite, die zum fünften Bezirk gehört, ein Kleiderlager hatte, in das ich ihr einmal einen Sack Schuhe tragen geholfen habe.
Es war also ein sehr besinnlicher Osterspaziergang, wo zwar nicht alles zur Sprache gekommen ist, was der fünfte Bezirk literarisch zu bieten hat. Vieles wurde ausgelassen, es war aber trotzdem intensiv. Und, daß ich einmal im Mittelpunkt gestanden bin und die Erfahrung machte, daß mich sehr viele kennen, tut mir auch sehr gut.