Literaturgefluester

Zwischen den Festen

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Gestern habe ich von neun bis zwanzig Uhr meine Wochenstunden gemacht und dazwischen die in Bozen geschriebenen Szenen eingetippt. Um halb neun war ich damit fertig und bin auf den Rathausplatz zu dem Freiluftkonzert und Festwocheneröffnung gegangen bzw. gefahren, da auf den Wiener Linien ab siebzehn Uhr freie Fahrt war, denn da war ich schon länger nicht. Diesmal stand es unter dem Motto: Wien/Lissabon/Paris/New York.
Willi Resetarits hat eröffnet bzw. gesungen und ich habe, obwohl ich ziemlich spät gekommen bin, einen Platz ziemlich vorn gefunden. Das heißt um viertel zehn lassen sie die Prominenz vor dir in das Sperrgitter hinein und wenn du Pech hast, stehst du hinter einem Großen, war diesmal aber nicht so. Juliette Greco hat gesungen, Wolfgang Ambros, Eva Jantschitsch, Dulce Pontes, Lynne Kieran, Wienerlieder, portugiesischen Fado, existenzialistische französische Chansons und kraftvollen Soul und am Schluß ist einer auf die Bühne gekommen und hat in die Menge gerufen „Am Heldenplatz marschieren die Nazis auf!“, es kam die Security und das Publikum rief „Zeit wirds!“, aber Willi Resetarits hat die Botschaft wiederholt und ich bin am Rückweg über den Heldenplatz gegangen, weil ich die übervollen U-Bahnen füchtete. Dort war nur ein einsames Polizeiauto und vorher habe ich Thomas Northoff getroffen, der mir erzählte, daß er sich von seiner Freundin das Buch ausgeborgt hat, aus dem er am Montag im Literaturhaus lesen wird.
Das war also die Festwocheneröffnung, die ich mir gern gebe, zwar nicht sehr literarisch, aber das wird es am Dienstag bei der Margareten Art und heute ging es mit den Festen weiter, Europatag auf der Freyung und im Stadtpark gabs ein dreitägiges Genußfestival, auf dem ich schon im vorigen Jahr war und das ist toll, weil man sich an den verschiedenen Ständen durchkosten kann, Käse, Schinken, Schokolade, Marmelade, Säfte, alles durcheinander und dazwischen auf der Wiese sitzen und schreiben.
Vorher hab ich noch im Bett meine fünf Szenen korrigiert und ein paar Blogs gelesen, Cornelia Travnicek beklagte auf Frau Travnicek in Wien, daß sie schon zum dritten Mal nicht zum Literaturkurs in Klagenfurt eingeladen wurde.
Dabei hätte ich gedacht, sie wird heuer beim Bachmannwettbewerb lesen und im Herbst den Priessnitzpreis bekommen, so wie Olga Flor, Angelika Reitzer oder Gerhild Steinbuch, aber offenbar wird das immer schwerer und die Zahl der Schreibenden immer mehr.
Wenn zehn Autoren von über hundert Bewerbungen ausgesucht werden, bleiben eben viele über und das gehört zum Trend, hörte ich ja im Morgenjournal, daß man nur mehr in die AHS aufgenommen wird, wenn man lauter sehr gut im Zeugnis hat, was schon die Volksschüler zu den Nachhilfelehrern treibt und den freien Hochschulzugang gibts auch schon lang nicht mehr.
Alles ist Selektion, nur die Besten bekommen die Chance zum Weiterlernen, eigentlich pervers, denn das sollte jeder dürfen, denke ich und die Besten können es vielleicht auch schon, aber da liege ich nicht im Trend und habe diese Woche auf meine Anfrage bezüglich der Mittleren IV auch gehört, „Ich kann von mir nicht eingeladene Autorinnen nicht immer wieder beobachten, ob mir nicht vielleicht doch etwas gefällt, meine subjektive Entscheidung ist bindend. Punkt!“
Da bin ich anderer Meinung und könnte eine Reihe von Gegenbeispielen und Irrtümern angeben, auch von mir selbst, denn ich halte bekanntlich nichts vom neoliberalen Literaturbetrieb, interessiere mich für vieles und da bin ich, wie ich immer wieder merke, in der Minderheit.
Das Stückchen „Diagonal“, das ich nach dem Nachhausekommen noch hörte, handelte vom Jahr 1984 und in dem gleichnamigen Buch ist das Bücherlesen ja verboten, weil zu gefährlich, ebenso in Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ und das führt wieder zum Tag der Freihheit des Wortes und der Bücherverbrennung der Nazis am 10. Mai 1933.
So gesehen ist es sehr erfreulich, daß das gewonnene Buch von Kerstin Hensel jetzt gekommen ist, ich lese aber vorher den Rudolf Brunngraber, weil ich den ja, bzw. seinen Karl Lakner in meinen neuen Roman einbauen will und bevor ich heute zuerst zur Freyung und später in den Stadtpark gegangen bin, habe ich noch das Erinnerungsmail für die Lesung zum Tag der Freiheit des Wortes ausgeschickt.
Im Stadtpark war es dann sehr schön, es gab das größte Muttertagsherz, bestehend aus tausend Einzeltorten, das zuerst vom chinesischen Fernsehen gefilmt und dann gegen eine Spende verkauft wurde, zu bewundern und ich habe Margot Koller mit ihrer Freundin getroffen, die mir versicherte, daß sie am Montag ins Literaturhaus kommt, um auch von einem Freßfestival etwas Literarisches zu berichten.

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