Literaturgefluester

Lauter Geheimberichte

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Wieder was gelernt in meiner Endsommerfrischeneinöde, nämlich, daß sich für den deutschen Buchpreis weder der Durchschnittsleser noch der Durchschnittsbuchhändler interessieren. Es gibt zwar eine Tauschbörse im Raum Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und die berichtet auf ihren Seiten „Thalia“ in Bonn hats liegen und haben sonst das Gleiche wie ich erlebt und der Dünenwanderer, der diese Erfahrung schon im Vorjahr machte, ließ sich ein Presseexemplar in die Dünen schicken und stellte es ins Internet, damit es sich die Glücklosen anschauen können und die Twittergemeide um Leselustfrust möchte gern die ganze Liste der 154 eingereichten Titeln haben und scheiterte bislang an irgendeiner Verschwiegenheitsklausel.
Dabei ist das noch relativ einfach, denn wenn man auf die Seite von deutscher Buchpreis de geht, steht, daß alle Verlage, die Mitglied beim Deutschen, Österreichischen oder Schweizer Hauptverbandes bzw. Börsevereins sind, zwei Titel vorschlagen dürfen. Jetzt lautet natürlich die Frage, wer ist dort Mitglied?
Da die österreichischen Verlage mit Listenbücher Residenz und Droschl heißen, die deutschen Hanser, Rowohlt, Suhrkamp, usw. werden es wohl die großen sein. Das Ganze soll sich ja, wenn ich es richtig verstanden habe, an die literarisch interessierte Masse wenden, die zu Weihnachten Bücher kauft. Nur scheint sich die eher für Stephenie Meyer, Sebastian Fitzek und Dan Brown zu interessieren oder Krimis zu lesen und der ehrenwerte Versuch, die Leser bis Weihnachten auf die zwanzig besten Bücher einzustimmen, an der Selbstbehaltfrage bzw. an dem Bemühen, das Büchlein anzeigenfrei zu halten, gescheitert zu sein.
Leselustfrust fragte, wurde Julya Rabinovichs „Spaltkopf“ eingereicht? Wahrscheinlich nicht, ist das Buch doch schon 2008 erschienen, hat aber die Buchprämie vom BUMOK bekommen.
Wenn man Leselustfrust liest, erfährt man überhaupt sehr viel vom Wiener Literaturleben, nämlich, daß offenbar 3000 Personen zu der Wolf Haas Lesung am Donnerstag ins Museumsquartier gekommen sind. Es gibt auch einen Link, mit dem man sich ein Standard Video darüber ansehen kann. Ich habs getan, war ich Donnerstag ja auf dem Land und da habe ich dann von dem sehr launigen Langlistensteher gehört, warum es einen neuen „Brenner“ gibt, weil nämlich nicht der, sondern nur der Erzähler im letzten Buch gestorben ist und ich muß gestehen, daß ich das, obwohl ich „Das ewige Leben“ gelesen habe, nicht mitbekam.
Auf dem Video gibts auch keine Lesung aus dem Buch, sondern Haas verlas die Standard Postings zu dieser Frage.
War „Das Wetter vor fünfzehn Jahren“ vielleicht so schlecht oder hat er durch die Wirtschaftskrise Geld verloren?
Und wenn man in der Sommerfrischeneinöde zu www.lillyberry.de geht, erfährt man, daß sich die im schönen Rostock, ein Lesezeichen von jokers.de schicken ließ, auf dem die fünfzig Bücher stehen, die man bis zu seinem Tod gelesen haben soll!
Da wird nun wohl nicht nur Leselustfrust aufschreien, daß fünfzig Bücher viel zu wenig sind, aber die fünfzig angeführten Titel sind auch sehr verwirrend, führen nämlich von der Bibel, über den „Ulysses,“ zu „Harry Potter“, „Rebecca“ und „Der göttlichen Kömödie“ und Lillyberry äußerte auch ziemlich freimütig von welchen Büchern sie auf dieser Liste noch nie etwas gehört hat.
Bei meiner Langlistenbuchrecherche bin ich aber auch auf etwas anderes gekommen, nämlich das, was auch das literaturcafe.de, zu erregen scheint.
Es gibt ja, wie ich in den letzten Tagen wieder mal erleben konnte, relativ wenige, die sich für den deutschen Buchpreis interessieren, aber doch einige, die gern schreiben, bzw. veröffentlichen wollen, das nicht können und an die wenden sich dann gern die Zuschußverlage und zocken sie ab und da hat es eine Testaktion gegeben.
Da haben nämlich drei Autoren von der 42er Autorengruppe unter ihnen Tom Liehr, einen Autor namens Rico Beutlich erfunden, der angeblich einen Fantasy-Romann geschrieben hat und neun bewußt sehr schlecht geschriebene Seiten, an sechs Zuschußverlage, wie R.G. Fischer, Frieling, Wagner, Novum, bzw. den Frankfurter August von Goethe Verlag, geschickt. Es kam, wie es kommen mußte, alle sechs Verlage waren begeistert, wollten bis zu dreißigtausend Euro für das schlechte Manuskript, den Fantasy-Roman in der Dadaismusreihe herausbringen und merkten nicht, daß die restlichen Kapitel aus anderen Romanen stammten.
Weil ich mir ja meine Bücher selber mache und mir auch elf davon bei Novum drucken ließ, geht es mir nicht ganz so gut, mit diesen Berichten.
Zwar bin ich auch gegen die Abzocke von Autoren, die nicht so gut wie Wolf Haas schreiben oder sich vermarkten können, bin aber auch gegen die Häme, die sie erfahren müssen, wenn sie trotzdem ein Buch veröffentlichen wollen.
Der Satz „Jetzt saß er da ohne Butter“, in dem bemüht schlechten Manuskript, gefällt mir zum Beispiel ganz gut und ich denke immer noch, man soll Leuten, die schreiben wollen und keinen Verlag finden, nicht immer mit Horrorgeschichten über diese Zuschußverlage drohen, sondern ihnen sagen:
„Macht euch eure Bücher selbst, wir interessieren uns dafür, schauen sie an und sagen euch auch, wie man es besser machen kann!“
Wieder ganz schön naiv, ich weiß und weil ich vielleicht auch so eine bemühte fleißige Dilettantin bin, die mit der Häme überbleibt, mich aber für den deutschen Buchpreis interessiere, wage ich mich an einen Geheimtip und gebe meine Prognose ab, wer in Frankfurt auf der Messe den Preis gewinnen, bzw. vorher auf der Shortlist stehen wird.
Ich tippe auf Herta Müller für den deutschen Buchpreis und auf Sibylle Berg, Wolf Haas, Ernst-Wilhelm Händler, Anna-Katharina Hahn und Terezia Mora für die kurze Liste. Da fehlt noch Brigitte Kronauer, ich weiß, auf die habe ich bei meiner Schätzung vergessen. Ich habe aber ohnehin in einer Rezension gelesen, daß „Der Mann schläft“ von Sibylle Berg eine Enttäuschung sein soll.
Mal sehen, wie falsch oder richtig ich mit meiner Schätzung liege, wenn das jetzt ein Gewinnspiel wäre, würde ich pro richtigen Tipp das Buch bekommen, so bleibt mir nur darauf hinzuweisen, daß unter den zwanzig Auserwählten sehr viele ehemalige Bachmannpreisgewinner bzw. Teilnehmer sind, was wieder ein Tipp für Cornelia Travnicek wäre, zu versuchen, dorthin zu kommen, ihre Bücher würden aber dann wahrscheinlich auch nicht in den Buchhandlungen liegen …
Ich schließe mit der Mitteilung, daß man schon weiß, wer die neue Erich Fried Preisträgerin, sein wird, denn da hat sich der einzige Juror Josef Winkler für die in Berlin lebende Esther Dischereit entschieden, von der ich, da muß jetzt ich eine Bildungslücke eingestehen, noch nie etwas gehört habe.

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