Literaturgefluester

Poet Night

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Eva Jancak

Werner J. Grüner

Gestern das literarische Underground- und Kleinkunstereignis, das unter Ausschluß der Öffentlichkeit, seit 2000 oder 2001, würde ich einmal schätzen, jährlich an einem Freitag oder Samstag Nachmittag, um vier Uhr im Kulturcafe Siebenstern, in der Siebensterngasse, beginnt, wo nur von ein paar kurzen Pausen unterbrochen, an die sechzig Autorinnen und Autoren, die alle aus dem Lesetheater kommen, neun Minuten eigene Texte lesen.
Das ist immer eine bunte Mischung und intereressant, denn da ich jedes Mal mehr oder weniger lang dort war und mir seit einigen Jahren zu den Texten und den Autoren Anmerkungen mache, habe ich schon einige Talente entdeckt, die ich später in anderen Rahmen wieder getroffen habe.
Susanne Toth vielleicht, die heuer bei dieser Lex Liszt Gala im Literaturhaus gelesen hat. Dagmar Fischer, auch eine ehemalige Lehrerin von der Anna, Christian Katt, der sich für den 2001 verstorbenen Christian Loidl sehr engagierte und vor einigen Jahren ein paar Gedenkveranstaltungen im Literaturhaus machte, GAV- Mitglied ist und schon einige Bücher hat.
Dann gibt es die stillen poetischen Talente, wie Christoph Vivenz, den ich jährlich bei der Poet Night höre, keine Ahnung, was er sonst noch macht und von seinen eindrucksvollen Texten jedesmal beeindruckt bin.
Und natürlich die Bekannten. Die Arbeitskreis- und Lesefrauen, zum Beispiel, mit denen ich zum Lesetheater gekommen bin. Elfriede Haslehner, Judith Gruber-Rizy, Hilde Langthaler, Hilde Schmölzer, Anita C. Schaub ….
Anitia C. Schaub, die Kärntner Feministin, Psychagogoin und Germanistin, die uns 2002 nach der von Rolf Schwendter organisierten Tag der Freiheit des Wortes angesprochen hat, ob wir nicht eine Frauenuntergruppe des Lesetheaters machen wollen, dann das Buch „FrauenSchreiben“ mit siebzehn Autorinnenportraits, Gerstl, Jelinek, Langthaler, Haslehner, Nebenführ, Mayröcker, Neuwirth, Hammerl, Jancak …, 2004 herausgebracht hat.
Die Frauenlesegruppe im Wiener Lesetheater war heftig umstritten, mußte sich umbenennen und Anita C. Schaub ist bald, was ich sehr schade finde, von dort ausgestiegen, macht aber alleine weiter und liest seit einigen Jahren bei der Poet Night.
Jetzt gibts ein Buch mit dem Namen „Fremdenzimmer“, das bei Arovell erschienen ist und in der Gesellschaft für Literatur vorgestellt werden wird, in dem die Reisen der Protagonistin Andrea von Wien nach Klagenfurt, wo sie ihre Mutter pflegt, beschrieben werden.
Elfriede Haslehner las eine andere utopische Geschichte, in der es um die Krise geht. Hier wacht die Heldin eines Morgens auf, es gibt keinen Strom, keine Heizung und keine Autos auf der Straße und sie zieht sich mit ihrem Freund in eine einsame Hütte zum Überleben und Sterben zurück.
Judith Gruber-Rizy hat wieder ihr neues Buch „Drift“ vorgestellt, in dem die Heldin, wie in allen ihren Büchern Rosa heißt.

Judith Gruber-Rizy

Christa Kern

Dann gabs Erinnerungen an einen runden Geburtstag von Eva Dite, den Aufruf zu einer Benefizveranstaltung für die Hermi in der Kulmgasse, die für alle Künstler in den Siebziger- und Achtzigerjahren eine offene Küche hatte und sich dadurch in Schulden stürzte. Eva Dite zählte die Namen der jetzt Großen auf, die dort ein und ausgegangen sind.
Mechthild Podzeit-Lütjen, auch ein GAV-Mitglied und eine Frauen lesen Frauen Lesefrau, die sehr poetische Texte hat, las von der Eröffnung des Ernst Jandl Parks, welche Kinder jetzt dort spielen und was am Parkeingang geschrieben steht.
Natürlich traten auch Männer auf, bekannte und weniger bekannte. Beppo Beyerl las einen Text vom Wiener Riesenrad und den Tschechen, denen es einst gehörte.
Dann kam Herbert J. Wimmer mit eigenen Texten und einigen Gerstl Gedichten, in Gedenken an die Dichterin, die gemeinsam mit Gert Jonke regelmäßig als Spezialguests aufgetreten ist und sich als einzige das Kleinhonorar nicht auszahlen ließen.
Gert Jonke hatte eine eigene Gedenklesung, vorgetragen von Ingrid Ahrer und es war sehr interessant, einen Jonke Text von einem anderen zu hören.
Sehr poetisch Waltraud Haas, auch ein verborgenes, stilles Talent, die einige Bücher in großen österreichischen Verlagen hat und deren neuer Lyrikband „Zwerchfellgewitter“, demnächst bei Klever erscheint und auch in der Gesellschaft für Literatur vorgestellt wird.
Es gibt bei der Poet Night aber auch sehr viel Humoristisches, viel Satire und Kabarett.
Besteht die Hälfte der Mitglieder aus Schauspielern, die Ausschnitte aus ihren Soloprogrammen zum Besten geben. Manfred Loydolt, Helga Leitner, Gerda Kamna wären dazu Beispiele.
Dann gibts natürlich Richard Weis mit seinen Wilden Worten, der meistens ein *Best of* seiner Wunschgedichte bot, diesmal aber zu Ehren Rolf Schwendters, der sich das alles bis zwei Uhr früh anhören muß, eine Katzengeschichte las. Eine Geschichte von der Katze Schnurli hatte auch Horst G. Tischer und da hatte ich den Eindruck, daß das eine Stehgreiferzählung war, die live und als Weltuhraufführung geboten wurde.
Es hat auch Werner J. Grüner, der wie ich nonstop geblieben ist, zum ersten Mal eigene Texte gelesen. Politische Splitter und Aphorismen, zum Beispiel eine Betrachtung über das Grüßen in Österreich, Grüß Gott oder Heil Hitler?
Andere haben überhaupt anderes gelesen. Peter Waugh auf Englisch, der Psychoanalytikersohn Georg Becker Gedichte von Dagmar Fischer und Erich Fried.
Dann war noch Axel Karner da, wieder ein Vollblutautor, von dem ich mir vor zwei Jahren die Idee zum „Novembernebel“ auf einer Poet Night geholt habe. Jetzt habe ich die Kurz-Kriminalgeschichten „Vom ersten Durchblick des Gewebes am zehnten November und danach“ mit ihm getauscht. Auf Seite 14 kann man in „Ab und zu raschelt noch das rote Kraut“ den Satz nachlesen, der zum „Novembernebel“ geführt hat.
Ingrid Jantzen, die immer sehr spät las, weil sie vorher Vorstellung hatte, hatte offenbar Krebs und hat einen sehr berührenden Text darüber gelesen.
Ich springe herum im Programm des äußerst intensiven Abends, bei dem ich wieder non stop geblieben bin, obwohl ich sehr müde war. Ich habe eifrig mitgeschrieben, um für später Erinnerungspunkte zu haben, das hat Helga G. Schweiger, die neben mir gesessen ist, neugierig gemacht, sie wollte wissen, was ich über sie geschrieben habe.
Ich schreibe ein paar Sätze des Gehörten mit, manchmal auch eine Bemerkung, die nicht dazu gehört, so ist es peinlich ein Rohkonzept aus der Hand zu geben, sie wollte es aber lesen, es entspann sich eine Diskussion, die Eva Dite beim Lesen störte …
Ilse Kilic und Fritz Widhalm vom fröhlichen Wohnzimmer und dem Glücksschweinmuseum hätte ich jetzt fast vergessen, sie waren aber auch sehr spät daran, ich bin eigentlich nur wegen ihnen geblieben und wegen Susanne Schneider, die auf der Rotenturmstraße spazierenging und dabei von China träumte.
Am Schluß las Rolf Schwendter sein „Wir retten das System“ – Volksstimmefestpoem noch einmal.
Viele, viele habe ich jetzt nicht erwähnt. Der Text hat aber schon über tausend Worte, also im nächsten Jahr selber hingehen, denn da wird österreichische Literatur geboten, die man sonst vielleicht übersieht.

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