Literaturgefluester

Wien der Fünfzigerjahre

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Heute die Abschlußdiskussion zum literarischen Begleitprogramm der Ausstellung „Kunst und Kunstverständnis in Wien“ des Museums auf Abruf, das zum Kulturamt der Stadt Wien gehört und die Bilder zeigte, die die Stadt Wien in den Fünfzigerjahren als Kulturförderung angekauft hat und noch einmal großkarätig darüber diskutierte, was in Wien in den Fünfzigerjahren losgewesen ist.
Klaus Kastberger hat das Programm gestaltet und das Podiumsgespräch moderiert, zu dem Alexandra Millner, Daniela Strigl, Friedrich Achleitner und Franz Schuh eingeladen wurden und das war schon einmal interessant vom Alter der Teilnehmer und der Teilnehmerinnen.
Friedrich Achleitner, der 1930 geborene, Mitglied der Wiener Gruppe, die es, wie er betonte, eigentlich gar nicht gegeben hat, zumindest nicht als formal eingetragenen Verein, es waren vier Freunde, H.C. Artmann, Gerhard Rühm, Konrad Bayer und Oswald Wiener. Er ist erst viel später dazu gestoßen und dann gab es noch einen größeren Freundeskreis. Elfriede Gerstl war so viel ich weiß, eine der wenigen Frauen dabei. Franz Schuh mit Geburtdatum 1947, als Sandwich zwischendrin und dann die beiden viel jüngeren Literaturwissenschaftlerinnen, 1964 und 1968 geboren.
Alexandra Millner begann mit ihrer Studie über die literarischen Vereine, die sie auch in der alten Schmiede vorgestellt hat, mit den Förderern und den Zeitschriften. Da gab es ja den Hans Weigel und den Hermann Hakel und als Zwischenglied den Rudolf Felmayer, das ist jetzt meine Zusammenfassung und bei den Zeitschriften den „Plan“ von Otto Basil und die „Neuen Wege“, die Zeitschrift des Theaters der Jugend und natürlich Hakels „Lynkeus“.
Friedrich Achleitner erzählte ein bißchen was von dem Freundeskreis, der sich Wiener Gruppe nannte, weil er irgendwo auftreten mußte, wo er einen Namen brauchte und den Regeln, die diese Gruppe nicht hatte, sich aber trotzdem immer gegenseitig irgendwo ausschloß, so wurde Oswald Wiener einmal für eine Nacht hinausgeworfen, weil er einen schlechten Umgang hatte. Erscheint mir irgendwie bekannt.
Das nächste Thema, das Klaus Kastberger gekonnt in die Diskussionsrunde warf, der Brecht Boykott, der Herren Torberg und Weigel, von dem man jetzt mehr wissen sollte, als daß die Herren Hakel und Weigel im Cafe Raimund und woanders die jungen Dichter und Dichterinnen förderten.
Angeblich gab es niemanden, den Weigel übersehen hätte, aber Bachmanns Prosa hat er nicht anerkannt und Hakel hat Hertha Kräftner als Nymphomanin beschimpft. Den Brief, wo Weigel Bachmann verbietet sich politisch zu betätigen, hat mir einmal Lisa Seidl zum Geburtstag mitgebracht. Hans Weigel hätte einen breiten Literaturbegriff gehabt und Torberg nicht so gut wie Berthold Brecht geschrieben, den er als Dichter hoch geschätzt hat, aber große Angst vor dem Kommunismus und dann gab es natürlich noch den Doderer und die Dorothea Zeemann, die, wie Friedrich Achleitner sagte, den alten Meister in die Wiener Gruppe brachte und natürlich noch viele andere.
Den Lernet und den Holenia, nach Hans Weigel, die österreichischen Literatur um 1950, der Monarchist, der aber angeblich wieder sehr fortschrittlich war.
Den Rudolf Henz hat es, glaube ich, auch gegeben und der ist ja indirekt schuld , daß sich 1973 …
Und den Gerhard Fritsch als Außenseiter, den Walter Buchebner, die Marlen Haushofer und und und.
Der Reinhard Federmeier und der Milo Dor wurden, glaube ich, nicht erwähnt. Man sieht, daß die Fünfzigerjahre vielfältig waren und sehr interessant.
Ein klein wenig kenne ich mich ja darin aus, weil ich die Bibliothek meiner Eltern erbte, den Wohnzimmer Bücherkasten und die Seiten aus den Heften der Büchergilde Gutenberg, mein Geheimtip und mich natürlich schon sehr lang dafür interessiere und Ende 1953 mit sehr viel älteren Eltern und einer älteren Schwester geboren wurde. Das prägt auch. Sonst war der Abend ein ziemliches Durcheinander, aber das ist wahrscheinlich auch typisch für die Fünfzigerjahre. Franz Schuh erwähnte noch den Hermann Schürrer als literarischen Außenseiter und Klaus Kastberger warf ein, daß man damals noch ein literarisches Individuum sein konnte, während man heute verloren hat, wenn man es nach fünf Jahren Schreiben nicht auf die Liste des deutschen Buchpreises geschafft hat. Da habe ich den Kopf geschüttelt, denn das weiß ich ein bißchen anders.
Heute gibts ja das Internet, das Book on Demand – Verfahren, die literarischen Blogs, das Nanowrimowriting und die 376 Bewerber für das Hochschulstudium der Sprachkunst von denen sechzehn dann genommen werden, von denen die Professoren der Germanistik vielleicht noch nicht viel wissen. Alexandra Millner hat es gesehen und prompt widersprochen.
Nachher gabs noch Wein, ein bißchen Brot am Gang und ein langes Gespräch zuerst mit Mechthild Podzeit-Lütjen, die mir erzählte, daß sie jetzt auch Germanistik studiert und mit Klaus Kastberger hergekommen ist, und eines mit Alexandra Millner.
Wieder viel gelernt, jetzt warte ich auf den Alfred, der in Madrid das Flugzeug versäumte, daher über London hergeflogen ist und erst morgen sein Gepäck bekommt.

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