Der 1988/89 geschriebene Debutroman „Schnappschuss“ von Güni Noggler ist, wie im Klappentext steht, eine pietätvolle Geschichte, um die Beerdigung eines Eigenbrötlers, nämlich dem namenlosen Jüngsten einer namenlosen Familie, die in der Aufbahrungshalle steht und jeder auf seine Art und Weise Abschied von dem Zweiundvierzigjährigen nimmt, der an seinem Geburtstag, in der Blüte seines Lebens beschließt, dasselbe zu beenden.
Begonnen wird dieser Schnappschuß an Reflektionen vom senil gewordenen Vater, der, einstmal ein strammer Konservativer und arbeitssamer Bauernbub, im Krieg so manches miterleben mußte, daß er immer noch die Toten vor sich sieht und mitten in der Hochzeitsfeier der schwangeren Tochter von Visionen geplagt wird, daß die Granaten einschlagen und die Anwesenden zerfetzt werden. Dann gibt es noch den Älteren, den Mittleren, die zweite Frau, die nach dem Tod der ersten, die Söhne aufgezogen und die Tochter geboren hat. Die Exfrau des Sohnes, die vom Vater nur als Emanze bezeichnet wird und deren Söhne.
Sie haben alle ihre Geschichte über den Jüngsten zu erzählen und ihn auf eine eigene Art und Weise gekannt, die durchaus widersprüchlich ist.
War der jüngste doch zuerst ebenfalls ein strammer Konservativer und Reserveoffizier, bis er ausgestiegen ist und mit vierzig, von dem Tiroler Städtchen in dem die Geschichte spielt, nach Italien in eine Hütte an einem Weinberg zieht und dort philosophierend, schreibend, gärtnernd, das Meer reinigend sein Leben verbringt.
Der letzte Tag desselben wird in alternativen Kapiteln zu den Reflektionen der Familie erzählt. Der Morgen, wo er die Hütte verläßt um ins Meer zu steigen und dessen Abfälle in einen Müllsack sammelt, den Garten, den er pflegt, den Käse, den er selber macht, die Gespräche mit den Freunden, z.B., dem Arzt, der ihn vierzehntägig besucht und ihm die besten Speisen bringt, um sich mit ihm in Don Camillo Manier zu zerstreiten und dann vom Einlauf, den er sich am Abend selber gibt, um das Leben gereinigt und zufrieden zu verlassen.
Vorher hat er noch den genauen Ablauf des Begräbnisses festgelegt, das die Freunde für ihn organisiert haben und die Heimatgemeinde zum Kommen eingeladen, die das auch alle tun. Neugierig, schaulustig, kopfschüttelnd und in den besten Anzügen, wie der mittlere Bruder, der in diesen schnauft und schwitzt und an dem Jüngsten kein gutes Haar läßt, wie auch nicht an dessen ehemaliger Frau, der sogenannten Emanze, die das aber ganz anders sieht, denn sie ist durch den Jüngsten zur Alkoholikerin geworden und haßt den Ex und Wunderwuzzi, der ihr alles abgenommen und alles besser, als sie wußte, so sehr, daß sie beschließt, aus lauter Freunde über seinem Tod, ab nun das Trinken einzustellen. Dann gibt es noch die beiden Söhne, den älteren und den jüngeren, verschieden wie Tag und Nacht, das Vater und das Mutterkind. Der ältere alternativ, wie der Vater und Maler vom Beruf stellt sich vor, wie der Jüngste in seinem Sarg frohlockt, während sich der Jüngere für den Vater, den Bruder und die alternativen Freunde schämt, ist er doch als Bankbeamter aufgestiegen, baut am Eigenheim und auch politisch tätig.
So wird das Bild des ausgestiegenen Jüngsten ein bißchen widersprüchig, aber doch sehr prägnant und genau, von dem 1962 in Schwaz in Tirol geborenen Güni Noggler erzählt, den ich von den Lesungen beim Linken Wort am Volksstimmefest sehr gut kenne.
2008 haben wir zwei Bücher miteinander getauscht.
„Alles Liebe Gute!“, hat er mir hinein und seine Website: www.güni-noggler.com dazu geschrieben, die ich sehr empfehlen kann, da man hier Informationen über den Autor, seine Workshops und seine anderen Bücher bekommen kann. Den Roman „Eigenbrot“ habe ich noch, es gibt aber ein paar andere und eine Lesung am 19. März in Graz, in der das neue Buch „Eine Selbstverständlichkeit“ vorgestellt werden wird.
Schnappschuss
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