Im letzten „Augustin“, den Alfred am Samstag nach Harland brachte, gibt es einen interessanten Artikel, der ehemaligen Lehrerin und Psychotherapeutin Heidemarie Schwermer, einer Pilgerin aus der Kostnix-Welt, wie als Überschrift steht, die seit vierzehn Jahren aus der Konsumwelt ausgestiegen ist, von dem ich mich sehr angesprochen fühle, versuche ich ja zwar nicht ohne, aber mit möglichst wenig Geld zu leben.
Die nordeutsche Psychotherapeutin, die nach Wien gekommen ist, um den „Augustin“, dessen Kostnix-Bücherladen und den offenen Bücherschrank zu besuchen, hat 1994 einen der ersten Tauschringe in Deutschland gegründet, dann ist sie zuerst für ein Jahr aus der Kaufwelt ausgestiegen, hat ihre Wohnung aufgegeben, ihre Sachen verschenkt und lebt seither vom Hüten fremder Wohnungen und dem, was sie dort in den Eisschränken findet, hat zwei Bücher darüber geschrieben und ist in diversen Talkshows aufgetreten.
Ein Buch heißt „Das Sterntalerexperiment“, das man kaufen kann, das zweite „In Fülle Sein – ohne Geld“, kann man kostenfrei auf ihrer homepage lesen. Das habe ich jetzt ein bißchen getan und es, weil ich sehr sparsam bin, nicht ausgedruckt, sondern quergelesen, deshalb gibts keine richtige Besprechung, sondern ein paar Gedanken, weil ich einiges aus eigener Erfahrung kenne.
Das Buch erscheint mir an einigen Stellen ein bißchen esoterisch und religiös angehaucht, aber die Grundidee, daß die Welt lebendiger wird, wenn sich die Menschen gegenseitig helfen und man dadurch zu den inneren Werten kommen kann, wenn man gibt und nimmt und nicht alles wegwirft, wie das Brot im Supermarkt, kann ich nachvollziehen und finde es faszinierend.
Es gibt Übungen, Beschreibungen und Lebenserfahrungen. Heidemarie Schwermer reist herum, hütet fremde Wohnungen, geht auf den Markt Obst und Gemüse sammeln oder nimmt sich ein schönes gut erhaltenes Buch aus dem offenen Bücherschrank und schreibt von ihren Erfahrungen, wie sie in Panik vor dem leeren Kühlschrank steht, dann Brennessel sammelt und als die gekocht sind, ruft eine Freundin an und bringt eine Schachtel mit Lebensmittel vorbei.
An diesen Punkt wäre ich ein wenig skeptisch, beziehungsweise würde ich fürchten, daß die Freundinnen bei mir nicht kommen, deshalb gebe ich auch meine Wohnung nicht auf, bin aber, um zu meinen persönlichen Erfahrungen zurückzukommen, offenbar bin ich ein paar Jahre jünger, daher keine Kindheitskriegsererlebnisse mit Hunger, aber mit sehr sparsamen Eltern aufgewachsen, so daß der Konsumverzicht, das Notwendige, nicht das Überflüssige für mich immer schon sehr wichtig waren. Ich habe es nicht immer gelebt. Sondern als Studentin viele teure Bücher gekauft und auch später große Reisen, zum Beispiel nach Japan, gemacht und in einigen Luxushotels übernachtet, so daß das Loslassen erst später richtig gekommen ist und mir das mit möglichst wenig Geld leben, inzwischen als brauchbare Lebensform erscheint, die auch gut gelingt.
Ich schreibe auf meinem Blog immer wieder vom Büchertauschen oder, daß ich nicht so gern ins Kaffeehaus und zu Veranstaltungen gehe, wo Eintritt zu zahlen ist, da hat mich einmal eine Leserin gefragt, ob ich so arm bin, daß ich das nicht mache?
„Nicht wirklich!“, hab ich ihr geantwortet, es ist eher eine Lebensform und ein Stück Unabhängigkeit.
So, daß das meiste Geld, das ich ausgebe für meine Steuer und die Sozialversicherung ist. Da unterscheide ich mich von Heidemarie Schwermer und auch, daß ich mit meinen limitierten Kassenverträgen, ziemlich schnell das Grundgehalt habe und damit Zeit zum Schreiben, was mir sehr wichtig ist.
Ich putze mir auch selber und bezahle keine Putzfrau, denke aber, daß die Psychotherapie, etwas ist, das man den anderen geben kann, wenn man sie erlernt hat, das ist ja das Schwermersche Grundprinzip und wie sie Handy und Internet bezahlt, ist mir nicht klargeworden.
Mein Blog ist mein Geschenk an die Menschheit und dazwischen schreibe ich meine Literatur. Gehe viel zu Fuß, nicht unbedingt spazieren, sondern zu Veranstaltungen und Terminen. Das ist gesund und das bewußte Leben, von dem auch Heidemarie Schwermer schreibt.
Ich tausche meine Bücher und bekomme ziemlich viele geschenkt, die ich sammle. Diesbezüglich bin ich nicht unbedingt für Besitzlosigkeit und was vermutlich ein Nachteil ist, ich kaufe eher billige Kleidungsstücke, die vielleicht in nicht so fairen Bedingungen entstanden sind, da ich aber ziemlich genügsam bin, spare ich viel Energie und das Fliegen habe ich mir auch wegen der Sicherheitsbestimmungen abgewöhnt, weil ich durch einen Nacktscanner nicht so gern gehe und reiselustig bin ich im Gegenteil zu Alfred und Heidemarie Schwermer auch nicht sehr.
Da genügt mir die Sommerfrische in Harland und das Radfahren an der Traisen. Die Literaturveranstaltungen, die ich besuche, sind umsonst und ein Leben mit möglichst wenig Geld, macht, glaube ich, unabhängig, deshalb praktiziere ich es auch.
Im Gegensatz zu Heidemarie Schwermer habe ich aber das Gefühl, daß das Tauschprinzip in unserer Gesellschaft nicht so hoch angesehen ist, so bin ich zweimal bei Kolleginnen, als ich mit ihnen Bücher tauschen wollte, ziemlich angeeckt, die das fast als Beleidigung und Mißachtung angesehen haben und ich wundere mich auch manchmal, wenn ich meine selbstgemachten Bücher präsentiere, über das Erstaunen, daß das auslöst, weil ich damit nichts verdiene.
Der Konsumverzicht ist etwas tief in mir Verwurzeltes, ein Wert mit dem ich sehr zufrieden bin, so haben mir der Artikel, die Website und die Bücher Heidemarie Schwermers sehr gefallen und wie erwähnt, früher hätte ich mirs ausgedruckt, jetzt habe ich an das Geld und das Papier gedacht, das ich damit erspare und Platz habe ich auch nicht mehr viel in den Regalen, das ist auch ein Argument gegen das Buch an sich und für das Internet.
Leben ohne Geld
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