Milena Mosers „Möchtegern“ ist ein Buch, das zu mir und meinem Blog passt, ein Buch über eine sogenannte literarische Castingshow, dem Schreiben, dem Literaturbetrieb ect.
Ich habe das Buch im Literaturgeflüster, nachdem ich die Ankündigung und die Schreibübungen dazu, bei http://www.literaturcafe.de gefunden habe, schon ein paar Mal erwähnt. Lillyberry und leselustfrust haben es auf ihren Seiten besprochen, so daß ich es mir wünschte, als mir Alfred sagte, daß ich mir von dem Amazon Gutschein, den er für ein Marketinginterview bekommen hat, etwas aussuchen kann.
Ein Buch über den Literaturbetrieb ist für mich ja sehr faszinierend und es beginnt auch gleich auf diese Weise:
„Sie wollten alle dasselbe!“, nämlich schreiben, die Möchtegerns oder „wannabes“, wie es im Buch geschrieben wird und so wird auf den ersten Seiten, auch die Szene geschildert, wo sich einige der Möchtegernautoren mit ihren Laptops, Notizbüchern, Schreibratgebern ect. in eine Starbucks-Filiale setzen und die zufällig vorübergehende Frau, wird in vierzig Geschichten vorkommen, so daß der Fernsehsender auf die Idee kommt, in einer SchreibFabrik, den neuen Schreibstar zu suchen und die gerade ins Klimatkterium gekommene Autorin Mimosa Mein, die mit achtzehn durch einen skandalösen Bestseller berühmt geworden ist, aber schon jahrelang kein Buch mehr veröffentlicht hat, für die Jury zu verpflichten.
Da Milena Moser eine Welt beschreibt, wo jede Hausfrau, Putzfrau, Schwiegermutter ect. einen eigenen Roman in der Nachttischlade liegen hat, melden sich Tausende, um berühmt zu werden. Hundert Manuskripte bekommen die Jurymitglieder aus denen zuerst zwanzig, dann zehn für die Show ausgewählt werden. Fünf gute und fünf schlechte Schreiber, damit das Publikum auch was zu Lachen hat. Jury und Teilnehmer müssen Knebelverträge unterschreiben, die Jury hat, wie es scheint, bei der Allmacht des Fernsehsenders gar nicht soviel mitzureden, denn die Gewinnerin steht schon von vornherein fest und der Umgangston zwischen den Jurymitgliedern ist öd und rauh. Trotzdem sagt Mimosa Mein, die in einem kleinen Dorf mit ihrer Freundin und Agentin lebt, von ihr und der Putzfrau Czerny gehörig herumkommandiert wird und jahrelang nicht das Haus verlassen hat, sondern sich die Post von der Putzfrau und das Essen vom Döner King bringen läßt, zu und gerät ab da in eine turbulente Liebe und andere Turbulenzen.
Einen breiten Raum nimmt die Beschreibung der „wannabes“ ein, drei werden zum Beispiel von der Therapeutin Dr. Caprez zu dem Wettbewerb geschickt und fliegen als erstes wieder hinaus. Anita Hubli-Giezendanner, die Hausfrau, deren Mann sie schon lang mit seiner Sekretärin betrügt und deren Tochter Caroline, Mamis Auftritt beim Fernsehen peinlich findet, soll zuerst gar nicht aufgenommen werden und verdankt ihre Aufnahme Mimosas Kompromißbereitschaft, die die Teilnehmer, obwohl es ihr verboten ist, mit „Meine Lieben!“, anspricht und selbst an den schlechtesten Texten noch etwas Gutes findet. Mimosa wird auch in dem Buch mit dem ihre Putzfrau, eine unterwartete Karriere macht, als die „Frau, die nichts taugt“, bezeichnet, obwohl sie mit ihrem Briefträger lange Gespräche führt und von diesen, als der sich nach seiner Pensionierung eine Frau aus Asien holt, zur Trauzeugin auserkoren und gibt der Castingshow durch ihre Intuition auch ein jehe Wende, aber das ist nicht nur ihr Verdienst, sondern wurde von Iris Hasenfratz so inszeniert, die eigentlich als Schreibstar auserkoren war.
Aber vorerst bekommt Mimosa seltsame anonyme Manuskripte, in denen sie die Sprache ihrer Jugendliebe, des Aufdeckungsungsjournalisten HaGe Krieg erkennt, der allerdings vor Jahren Selbstmord begangen hat, die sie in die Geschichte eines Lügners einführt und das Schreibcamp beginnt.
Zehn Kanditaten ziehen in die Schlafsäle, fünf Männer und fünf Frauen, werden ununderbrochen gefilmt und bekommen Schreibaufgaben, nach denen immer zwei hinausgeschmissen werden und dann Karriere machen.
Das Buch ist flott dahingeschrieben, die Biografie Mimosa Meins überladen und klingt nach einem Frauenroman und, als besondere Ironie des Schicksals, heißt der Sexroman mit dem sie mit achtzehn berühmt geworden ist, auch noch „Roadkill“ und erzählt ironisch und dann auch wieder liebevoll viel aus der Welt der Schreiberlinge. Im Gegensatz zu Leselustfrust, die das Buch am Anfang spannend, dann eher langwierig findet, erging es mir umgekehrt.
Mit Beginn des Schreibecamps fand ich es faszinierend, die Rahmenhandlung, Mimosas Biografie, ihre Liebhaber und auch die konstruierte Krimihandlung mit dem Schlagersänger Nico und Ha Ge Krieg, haben mich nicht so vom Sessel gerissen, eher die sozialkritischen Episoden, die Stellen mit der Psychotherapeutin, die ihre Klienten zu dem Camp schickt natürlich, die Person des Briefträgers Müller, Frau Czerny und auch die Stelle im Frisiersalon, wo die Damen und die Schwiegermütter ihre Romane aus den Taschen ziehen, weil alle dasselbe wollen und das stimmt ja auch, zumindestens für die Klienten einer Schreibwerkstatt und das Buch endet damit, daß Mimosa eine Schreibwerkstatt gründet und ist auch Milena Mosers Schreibgruppe gewidmet.
Für einen Teil der Menschen, ist das Schreiben sicher wichtig, wenn man wirklich einen solchen Wettbewerb ausschreiben würde, würden sich wahrscheinlich auch tausend „wannabes“ melden, die dann auf einen oder zwei zu reduzieren, finde ich sehr problematisch, wie alle wissen, die meinen Blog regelmäßig lesen, da vertrete ich die Position von Mimosa Mein, die am liebsten alle gewinnen lassen will.
Im Buch gibt es immer wieder leere Seiten, wo man seine eigenen Schreibübungen machen und wenn man so will, den Roman um oder weiterschreiben kann. Bestimmt ein interessantes Buch, das die, die nur das eine wollen, verschlingen werden.
Daß es bei uns keine solche SchreibFabrik gibt, finde ich gut, eine solche Sendung würde wohl auch kein Quotenhit werden. Es gibt aber etwas Ähnliches, wenn auch auf einem etwas anderen Niveau und das rückt bald näher. Ende Mai werden ja die Namen der vierzehn Glücklichen bekanntgegeben, die um den heurigen Bachmannpreis lesen dürfen und das Klagenfurter Wettlesen kommt in dem Buch auch an einer Stelle vor.
Und ich hab nach einigen eher mühsamen Diskussionen der letzten Woche, auch etwas Erfreuliches zu berichten. Mein für den Osterspaziergang geschriebener Blogbeitrag „Erinnerung an Helmut Eisendle“ soll im nächsten „Freibord“ erscheinen und das „Ecetera Viertel Heft“, in dem das Interview mit mir enthalten sein soll, wird am 19. Mai in St. Pölten vorgestellt.
2010-05-02
Möchtegern
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