Nchdem ich ab Mittwoch durch das Seminar für jüdische Geschichte vom Schreiben abgelenkt wurde, ich weiß, ich hätte nicht hingehen müßen, erstens war es aber interessant, zweitens bin ich eine konsequente Person, die sich gern an Strukturen hält und neugierig bin ich auch, bin ich erst am Wochenende mit dem Schreiben weitergekommen.
Ich habe mir auch vorgenommen, diesmal langsam zu schreiben, damit ich nicht schon wieder mit dem Jahrhundertroman in einem Monat fertig bin und dann denke, das ist nicht gut genug, weil zu schnell.
Mittwoch früh ist der Alfred weggefahren, heute um halb neun hat er mich aufgeweckt und mir mitgeteilt, daß er an einem Hafen von St. Nokolai oder so sitzt und auf ein Schiff wartet und der Wiener Sommerfilm am Karlsplatz hat es auch in sich. Zwar ist das Badewannenlesen dadurch ein bißchen eingeschränkt, aber wenn ich um halb acht hingehe, bleibt mir eine halbe Stunde Zeit für den Sommerkrimi und dann kommen die Filme, die in Wien spielen, mit einem Vorprogramm, wo junge Musiker spielen oder schon ältere Personen, über die Wien-Filme, die man dann sehen wird, erzählen. Wahrscheinlich damit die ausländischen Touristen auch was davon haben, sind sehr viele auf Englisch. So gab es am Montag „Bevore sunrise“, wo sich zwei junge Leute, eine Französin und ein Amerikaner im Zug treffen und dann eine Nacht lang durch Wien spazieren und sich ineinander verlieben. Am Freitag präsentierte Christoph Fuchs sein neues Buch „come & shoot in Austria“ und erzählte was zu dem 1963 gedrehten Film „Das Rätsel der roten Quaste“ mit Dietmar Schönherr und Vivi Bach, der einzige Film bis jetzt, der nicht in Wien spielt, sondern irgendwo am Meer, ein Spionagefilm aus dem kalten Krieg und den gabs dann auch gestern, nämlich „Scorpio“ aus dem Jahr 1973. Vorher erzählte der Direktor des Wien Museums was vom Karlsplatz bzw. vom U-Bahnbau in den Siebzigerjahren, denn der Film spielt zum Teil in den Baugruben und da rennen Burt Lancester und Alain Delon durch die Höfe des sechsten Bezirks und versuchen sich zu erschießen.
Ein paar Bekannte treffe ich meistens dort und die Atmosphäre ist sehr angenehm. Am Freitag hatte ich Manfred Hagels „Die eigene literarische Stimme finden“ mit, werde das Buch aber nicht extra besprechen und die Übungen, wie ich, wie James Joyce oder Franz Kafka schreibe, werde ich auch nicht machen, denn ich schreibe realistisch, dabei bleibts und das geht eigentlich sehr gut.
Denn ich bin, auch wenn mans mir nicht glaubt, eine konsequente Person und so habe ich gestern früh dort weitergeschrieben, wo ich Dienstagabend aufgehört habe, nämlich mit der Szene drei, wo ein weißhaariger alter Mann zum offenen Bücherschrank geht und dort einen Zettel mit einer Warnung an einen weißhaarigen alten Mann findet, nicht so gierig zu sein und sich so unverschämt zu bedienen. Man sieht, woher ich das Material nehme, aber der Bernhard Listringer ist eine eigenständige Figur, obwohl ich schon viel von weißhaarigen alten Männern, ihrer Bücherliebe und ihren Demenzen geschrieben habe.
Danach ging es mit den Roman „Das Haus im Grünen“ mit dem ersten Kapitel weiter, wo der kleine Benno geboren wird und seine Mutter Jennifer beschließt, mit ihm zu Patrick zu ziehen und nicht mehr in das Haus der Mutter, Groß- Ur- und Ururgroßmutter zurückzukehren. Für Interessierte, das Haus befindet sich in der Sanatoriumstraße Nummer achtzehn und die Ururgroßmutter, die mit zwanzig mit dem Töchterkriegen angefangen hat, war damals Medizinstudentin und ist jetzt pensionierte Ärztin. Dann gehts weiter mit Szene vier, das ich heute Vormittag geschrieben habe, das geht wieder zu Fritzi Jelinek zurück, die liest das Kapitel durch und bekommt ein Mail von Jan, den sie vor zwei Jahren in Warschau im Zuge eines Erasmusstipendiums kennenlente, damals ist sie vor ihm davongelaufen, jetzt schickt er ihr ein Mail mit der Mitteilung, daß er geheiratet hat und nach Wien zur Hochzeitsreise kommen will. So weit bin ich bis jetzt. Für Interessierte, es sind vierundzwanzig Seiten und dreizehntausendsiebenhundertdreiundachtzig Worte, vier Szenen und das Kapitel eins. Ein paar weitere Szenen habe ich im schon in meinem schwarzen Moleskine aufnotiert. Die nächste wird in Warschau spielen und von Olga Warszinska erzählt werden. Dann beginnt Bernd Jelinek mit den Worten „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können!“, diesen Satz zu widerlegen und im zweiten Romankapitel wird Dora Prohaska für Johannas Schwester gehalten. Die Vorschau für Szene sieben habe ich auch schon, da geht sich Fritzi Jelinek bei der Caritas vorstellen und organisiert für Jan die Wohnung ihrer Freundin Barbara, die im Sommer leerstehen wird.
So weit so gut, eine Schneeflockenmethodenarbeiterin und Vorausplotterin, wo schon jede Szene feststeht, bevor ich zu schreiben beginne, bin ich nicht. Das will ich, glaube ich, auch nicht werden, will ich mich in meinem diesjährigen Sommerschreiben ja bewußt auf die Figurentwicklung einlassen und Spaß beim Schreiben haben und bin damit auch zufrieden. Egal, wie füchterlich meine Satzmelodie und meine Rechtschreibung wird und ich knüpfe natürlich auf die vorhandenen fünfundzwanzig Bücher und mein bisheriges Schreiben an.
Neu ist aber, daß ich Spaß daran habe und denke, das ist gut, auch wenn ich wieder keinen Verlag finden werde, aber den suche ich, glaube ich, auch nicht mehr sehr. Auch wenn ich schon überlegt habe, ob ich das Buch für den Rückseitentext nicht einen bekannten Schriftsteller geben soll, aber die lehnen das ja meistens ab und haben keine Zeit. Ich habs schon versucht. Die Idee fürs Titelbild habe ich auch schon im Kopf. Wolken könnten das sein, wird der Roman ja „Absturzgefahr“ heißen. Alfred fotografiert in der hohen Tatra immer die Wolkenformationen am Himmel und dort fahren wir im August wieder hin.
Wochenendschreiben
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