Literaturgefluester

2010-11-26

50 Jahre Manuskripte

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:01

Die österreichische Literaturzeitschrift ist fünzig Jahre alt und das wird nicht nur in Graz groß gefeiert, sondern auch in der Alten Schmiede in Wien und das ist ja, wie Kurt Neumann in seiner Einleitung erwähnte, der ästhetische Freiraum für die (österreichische) Literatur und Platz für nahezu jede Publikationsmöglichkeit in allen ihren Formen.
Ich würde sagen, das war und ist die Literaturzeitschrift nach den „Neuen Wegen“, den „Protokollen“ und vor dem „Wespennest“. So war es jedenfalls als ich, in den Siebzigerjahren in den Literaturbetrieb hineinströmte, bzw. zaghaft mein Eckchen darin suchte. Und als ich das begriffen habe, habe ich meine Texte hingeschickt und wieder zurückbekommen, bzw. die lapidare Karte mit der Zuschrift „leider nicht“, so daß ich sie für eine experimentelle Zeitschrift zu halten begonnen habe und das „Wespennest“ für die realistische, bzw. die für die brauchbaren Texte und da ist ja auch, als ich in die GAV aufgenommen wurde, ein Text von mir erschienen. Heute stimmt das alles nicht mehr und die „Manuskripte“ sind wahrscheinlich realistischer als die neue Form des „Wespennests“. Ich habe dem Herausgeber Alfred Kolleritsch, aber in meiner Euphorie geschrieben „Wenn ich es bis ins „Wespennest“ geschafft habe, schaffe ich es auch in die „Manuskripte“ und wohl daran geglaubt. Damals habe ich meine Kurzgeschichten und die Auszüge aus den längeren Arbeiten ziemlich regelmäßig an alle Zeitschriften herumgeschickt. Das tue ich längst nicht mehr. Nur Gerhard Jaschke habe ich für das „Freibord“ meine „Erinnerung an Helmut Eisendle“ übergeben und ungeduldig darauf gewartet, daß die Doppelnummer erscheint. Dafür habe ich das Literaturgeflüster, in dem ich meine Romane und Erzählungen präsentiere. Kurzgeschichten schreibe ich kaum mehr, weil ich auch nicht mehr an Wettbewerben teilnehme und die „Manuskripte“, bekomme ich seit einigen Jahren zugeschickt, seit mir Hans Jörg Waldner einmal flüsterte, daß die Stadt Wien Zeitschriftenabos hat, die sie an Autoren verschickt.
So weiß ich auch, wer heute in den „Manuskripten“ publiziert.
Andrea Stift macht das Sekretariat und Alfred Kolleritsch hat die Manuskripte 1960 gegründet, dann gibt es noch das Forum Stadtpark und seit 1973 die Grazer Autorenversammlung. Da war ich auch nicht dabei, sondern habe gerade die Knödelakademie hinter mir gelassen oder vielleicht nicht noch einmal. Hatte große literarische bzw. psychologische Pläne und im Sommer sehr euphorisch im Gartenhaus am Almweg meine erste Erzählung auf der Schreibmaschine getippt. Jahre später habe ich wahrscheinlich das erste Mal etwas von den „Manuskripten“ und Alfred Kolleritsch gehört, aber der hat im alten Residenz Verlag publiziert. Das waren noch Zeiten mit den schönen Residenzbüchern und die haben ihr fünfzig Jahresjubiläum auch schon vorbei.
Also in Wien eine Veranstaltung mit Alfred Kolleritsch, Michael Donhauser, Friederike Mayröcker, Urs Widmer, Franz Weinzettl, Olga Martynova, Gerhild Steinbuch und ich dachte, wenn die Mayröcker liest, muß ich früh im Keller sein und stand um halb sieben vor dem Tor, aber da war es noch verschlossen. Es füllte sich bald, ich sah Andrea Stift, die die Zeitschriften in den Keller schleppte, das Jubiläumsheft ist aber noch nicht erschienen. Marie Therese Kerschbaumer kam, Herbert J. Wimmer, Gustav Ernst, Andreas Unterweger ect, eine interessante Mischung zwischen älteren und jüngeren Autoren und so waren auch die Lesenden ausgewählt. Nach dem Erscheinungsjahr in den „Manuskripten“.
Alfred Kolleritsch, der Gründer, war schon in der ersten Nummer. 1965 ist Friederike Mayröcker hinzugekommen, 1969 Urs Widmer, 1975 Franz Weinzettl, 1985 Michael Donhauser, 1999 Olga Martynova und 2005 Gerhild Steinbuch, erklärte Kurt Neumann, dann stellte Michael Donhauser Alfred Kolleritsch vor, der einige seiner Gedichte las.
Neben mir saß eine alte Dame mit einem Kolleritsch Lyrikband und der von Jochen Jung herausgegebenen „Kleinen Fibel des Alltags“, der Buchgabe des HVB von 2002 zum Tag des Buches, die genau mitschrieb und mir eifrig flüsterte, wenn ein besonders schönes Gedicht gelesen wurde. Alfred Kolleritsch schien auch sehr gerührt und wollte bald aufhören. Stellte dann aber auf eine sehr persönliche Art und Weise, die anderen Lesenden vor und das hat mir gut gefallen. Friederike Mayröcker, die als einzige aus den original Manuskriptheften las, war die nächste. Alfred Kolleritsch lobte ihre Entwicklung von der Lyrik zur Prosa, erwähnte Ernst Jandl. Und Urs Widmer hat ihn das erste Mal nach Frankfurt gebracht. Dorthin ist er nämlich mit dem Wolfi Bauer geflogen und Urs Widmer war auch in der Jury als Alfred Kolleritsch den Petrarca Preis bekommen hat. Der Schweizer Urs Widmer las drei Autorenportraits, nämlich das von Wolfgang Bauer, Gert Jonke und Alfred Kolleritsch, die ich nach diesen Miniaturen nicht erkannt hätte, dann kam mit Franz Weinzettl ein jüngerer Autor an die Reihe, den ich vom Namen kannte, aber noch nie gesehen habe. Da erzählte Alfred Kolleritsch launig, daß er ihn als jungen Mann kennengelernt hatte und Franz Weinzettl ergänzte aus seiner Sicht. Mit sechzehn wurden die ersten Manuskripte im Schülerbus verteilt und es gab die ersten Dichterlesungen in der Schule, dann hat Franz Weinzettl zu schreiben begonnen und Kollertisch gefragt, ob er etwas schicken darf. Gelesen hat er einen Text von einem alten Mann der am Grazer Akademieplatz steht.
Michael Donhauser kenne ich schon lang und ich habe seinen Namen m Zusammenhang mit Peter Waterhouse eingeprägt, interessant, daß Alfred Kolleritsch in seiner Einleitung das auch erwähnte. Dann kam die 1962 geborene und in Leningrad aufgewachsene Olga Martynova, die mit ihrem Droschl Roman „Sogar Papageien überleben uns“ auf der Longlist zum deutschen Buchpreis stand. Ein Kapitel davon ist in den „Manuskripten“ erschienen, erzählte sie. Droschl hat sie daraufhin eingeladen, das Manuskript zu schicken und zum Schluß kam die jüngste, nämlich, die 1983 geborene Gerhild Steinbuch, die schon um den Bachmannpreis gelesen und 2005 den Priessnitzpreis bekommen hat. Eine Dramatikerin und hochtalentierte junge Frau, so hat sie Peter Handke offenbar Alfred Kolleritsch empfohlen.
„Paß auf sie auf!“
Alfred Kolleritsch erwähnte auch die Haube, die Gerhild Steinbuch trug. Von der Priessnitzpreisverleihung habe ich noch die fingerlosen Handschuhe in Erinnerung und dachte, die jungen Leute ziehen sich so an. Alfred Kolleritsch interpretierte die Hauben, als Wunsch sich zu verstecken und trotzdem gesehen zu werden und Gerhild Steinbuch sagte, daß sie gerne nach Graz ins Manuskriptebüro käme, weil sie sich dort nicht schützen muß.
Der Text „Schnee“ von dem Herr N., der zum Sterben auf einen hohen Berg hinaufsteigt und dann offenbar in einer psychiatrischen Klinik erwacht, hat mir auch gut gefallen. Die Manuskripte haben sich offenbar verändert, haben, wie der Droschl Verlag nicht nur mehr Experimentelles anzubieten und eine traurige Meldung habe ich von Herwig Bitsche, der sich mit seinem Newsletter verabschiedet hat, weil er Residenz verläßt, vorhin bekommen.
Adelheid Dahimene ist am Sonntag gestorben und die habe ich 1996 kennengelernt, als sie in Klagenfurt gelesen hat und beim „Tag der Freiheit des Wortes“ das letzte Mal gesehen. Daß sie Krebs hatte wußte ich nicht.

1 Kommentar »

  1. […] Woche in der Alten Schmiede stattgefunden hat (und die Eva Jancak in ihrem Literaturgeflüster so […]

    Pingback von manuskripte 189/190 « Andreas Unterweger — 2010-12-02 @ 20:18 | Antworten


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