Literaturgefluester

Erzählungen von Bruno Schulz

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Den Namen Bruno Schulz kenne ich seit 2008. Da wurden die „Zimtläden“ im Literaturhaus vorgestellt und bei der Literatur im Herbst, die der Ukraine gewidmet war, habe ich Daureen Daume, die Übersetzerin kennengelernt, danach auf Bruno Schulz vergessen, aber als ich im Februar einmal in die Alte Schmiede gegangen bin, in der übergebliebenen Buchhandlung auf der Wiedner Hauptstraße die „Zimtläden“ in der Abverkaufskiste gefunden und um zwei Euro gekauft. Das war in der Zeit als ich gerade meine Leseliste machte, also habe ich das Buch auf die damals letzte Stelle, auf Platz 72 gesetzt. Im Herbst werde ich es dann wahrscheinlich lesen.
Inzwischen hat die 1957 geborene Daureen Daume ein zweites Buch von Bruno Schulze aus dem Polnischen übersetzt „Das Sanatorium der Sanduhr“. Im Ex Libris hörte ich vor ein paar Wochen davon, jetzt wurde es in der Gesellschaft für Literatur vorgestellt. Daureen Daume hat daraus gelesen und mit der Literaturkritikerin Daniela Strigl darüber gesprochen. Ganz zufällig passen Buch und Autor thematisch gut zu der gestrigen Lesung von Aharon Appelfeld und Louis Begleys „Lügen in Zeiten des Krieges“, dem Buch das ich gerade lese.
Bruno Schulz wurde 1892 im galizischen Drohobycz als Sohn eines Tuchhändlers geboren, er studierte Architektur, war auch Zeichner und Maler und wurde 1942 von der Gestapo erschossen. Es gibt einige Erzählbände. Vor Daureen Daume wurden sie schon von Josef Hahn ins deutsche Übersetzt. Bei ihm heißt „Das Sanatorium zur Sanduhr“ „Das Sanatorium zur Todesanzeige.
Daureen Daume hat, wie sie erzählte sehr lang und sehr sorgfältig Bruno Schulz Werke übersetzt und schwärmte von den Stimmungen und Bildern, die sie fasziniert haben und die sie sich sehr gut vorstellen konnte. Sie las drei Ausschnitte aus drei Geschichten. In der ersten geht ein alter Mann wieder zur Schule und fliegt am Ende der Geschichte davon, der Lehrer sieht ihm nach, wie er im Himmel verschwindet und stellt lapidar fest „Wir werden ihn aus der Liste streichen müßen.“
Die zweite Geschichte „Das Sanatorium zur Sanduhr“ ist ähnlich kafkaesk, wenn auch, wie Daureen Daume betonte, in einer ganz anderen Stimmung geschrieben, ein Sohn fährt in einem leeren Zug in ein Sanatorium um seinen Vater zu besuchen, der eigentlich schon gestorben ist, aber in dem Sanatorium dreht man offenbar die Zeit zurück und gibt so den Patienten eine reale Chance zum Weiterleben, so erklärt es jedenfalls der Herr Doktor in dem Sanatorium in dem alle ständig schlafen, dem Sohn, zu dem ihm das Stubenmädchen führt, vorher befand er sich in einem leeren Restaurant, in dem das Buffet mit Torten und Pasteten gefüllt war, auf den Tischen aber nur Speisereste und Trinkgeld herumlagen. Also sehr skurril, phantastisch und unwirklich. Es gab noch eine dritte Geschichtenkostprobe von einer Erzählung, die „Das Buch“ heißt, da liegt ein Buch herum, aus dem das Dienstmädchen Seiten zum Einwickeln von Fleisch etc reißt, es enthält aber eine Fülle von Geschichten, durch die sich der Erzähler blättert, zum Beispiele eine von einer Frau mit spärlichen Haarwuchs, die durch ihr Gebet einen so fülligen Haarwuchs bekommt, daß ihre Haare bis zum Boden reichen und die Bärte der Männer ihrer Familie sind ebenfalls so lang, daß sie diesen damit aufwischen können. Da haben dann alle gelacht und Daniela Strigl erklärte im Gespräch, daß die Männer in Schulz Geschichten alle sehr poetisch veranlagt, während die Frauen viel praktischer sind. So verwandeln sich die Väter in verschiedene Gestalten und kauern auf Vogelstangen, die praktischen Dienstmädchen kommen dann und werfen sie aus dem Fenster oder reißen die Seiten aus den Büchern hinaus.
Sehr spannend also und sicher interessant zu lesen, autobiografisch, mythologisch, expressionistisch, surrealistisch, wie man heute vielleicht nicht mehr schreibt und gleich an Kafka denkt, der Vergleich fiel auch in dem Gespräch und Bruno Schulz Verlobte hat auch Kafkas „Prozess“ übersetzt und er hat seinen Namen dafür hergegeben.
Die Gesellschaft für Literatur war nicht so gut besucht, wie es gestern die Hauptbücherei gewesen ist. Ein paar Bekannte habe ich trotzdem getroffen, so bin ich neben der Übersetzerin Utta Roy-Seifert gesessen, die mir erzählte, daß sie in Rauris war, Christel Fallenstein hat mich begrüßt, Andrea Grill, der am Montag der Otto Stoessl Preis verliehen wird, war glaube ich, auch da und Dine Petrik, die ich ja zu den „Mittleren VI“ einladen will.

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