„Friedhof für Verrückte“, von Ray Bradbury, verbindet, wie die New York Times schreibt, „Elemente der Detektivgeschichte, des Hollywoodromans und der Monsterfabel auf eine Weise, die nahezu einmalig ist.“
Vor allem ist die zu Halloween 1954 zwischen der berühmten Filmstadt und einem Friedhof spielende vierhundertfünfzig Seiten Geschichte eigentlich sehr banal, obwohl sie so fantastisch klingt.
Held ist ein junger Drehbuchschreiber, der mit seinem Freund Roy einem Experten für Spezialeffekte in den Studios eine Monstergeschichte schreiben soll. Da bekommt er plötzlich einen Brief, der ihn in der Nacht auf den Friedhof bestellt, dort sieht er auf einer Leiter die Leiche des Filmmagnaten Charles Arbuthnot, der vor zwanzig Jahren einen tötlichen Autounfall hatte.
Es ist eine Puppe und die beiden Freunde werden am Abend in ein Restaurant bestellt, wo sie einem Monster begegnen, das hinter einer Wand mit einer schönen Blinden diniert. Roy ist begeistert, hat er doch endlich das Vorbild für sein Monster und baut es im Studio nach.
Darauf wird sein Studio zerstört, Roys Leiche scheint an einem Galgen zu baumeln, der Ich-Erzähler vermutet jedoch, daß er sich im Maximus Filmstudio versteckt, wendet sich an seinen Freund Crumley, einen Privatdetektiv, mit ihm besucht er den Friedhof und Arbuthnots Grab. Sie finden mit Hilfe eines Blinden heraus, daß es dort nie eine Leiche gab, aber einen unterirdischen Gang, der direkt in die Studios und in das Büro des jetztigen Bosses Manny Leiber führt. Inzwischen begegnet der Held dem Monster im nachgebauten Notre Dame und einen Christusdarsteller. Er bekommt auch heraus, daß das Monster nächtlich in der Friedhofskirche beichtet.
Ein paar Leichen gibt es auch noch und ein von Roy Holdstroms gespieltes Doppelmonster, bis am Schluß herauskommt, was der Leser längst schon ahnt, daß Arbuthnot nie gestorben ist, sondern durch den Unfall verunstaltet im Geheimen die Studios weiterregierte und Roy von einem Erpresser auf den Friedhof geführt wurde.
Das alles wird in den vierhundertfünfzig Seiten in einer fantastischen Schnelligkeit erzählt und ist eine Liebeserklärung auf das Hollywood der Fünzigerjahre mit allen seinen seltsamen Typen, in dem ja nachgebaut von Maskenbildern und Action-Spezialisten die unglaubliche Dinge passieren.
Da ist der Maskenbildner Lenins, der versoffenen Christusdarsteller J.C, aus dessen Händen das Kunstblut tropft und dessen Unglück es ist, daß ein Jesus Christus keine Frauengeschichten haben darf und die Autogrammjänger, die mit ihren Mappen vor den Studios und den Restaurants stehen und dann ihre Schätze an Agenturen verkaufen oder in ihren Wohnungen horten. Monster entstehen und ein Geistereuropa auf dem Studiogelände und der 1929 geborene und in Los Angeles lebende Ray Bradbury, der viele Filmdrehbücher, aber auch „Fahrenheit 451“, dessen Verfilmung mit Oskar Werner mich in den Siebzigerjahren im Gartenhaus meiner Eltern sehr begeisterte, geschrieben hat, erzählt auf eine sehr humorvoll phantastische Art und Weise vielleicht einen Teil seiner Lebensgeschichte, einer kunstvoll verrückten Welt, die Europa regierte und die Schauspieler, Komparsen, Drehbuchautoren feuern, aber auch berühmt machen konnte und man erfährt sehr viel von der Filmwelt, ihren Leiden und Spezialeffekten, ist der junge Drehbuchautor ja ein Filmexperte, hat diese mit der Muttermilch aufgezogen, er haßt auch Alkohol und Drogen, was in dieser Filmwelt wahrscheinlich nicht immer lebbar ist und zieht auf eine sehr amüsant rasante Weise, die Filmwelt durch den Kakao.
Was zweifach passt, den 1990 erschienenen, im Bücherschrank gefundenen, Roman, gerade jetzt zu lesen, wurde doch vor ein paar Tagen die Viennale eröffnet und Halloween ist demnächst auch.
Friedhof für Verrückte
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