„Faule Kredite“, Ein Fall für Kostas Charitos, ist ein Finanzkrimi zur Situation Griechenlands, im Sommer 2010 geschrieben, von Petros Markaris und er beginnt sehr bedächtig. Mit der Hochzeit von Kommissar Charitos Tochter Katerina mit dem Arzt Fanis und die bessere Hälfte Adriani hat alles arrangiert, wie man das macht, so mußte sich der Vater auch ein neues Auto kaufen, daß er seine Tochter nicht in dem schäbigen alten zur Kirche fährt, aber die Geschichte spielt ja zur Zeit der Finanzkrise, wo die Zulagen und die vierzehnten Gehälter gestrichen wurden und die Leute auch nicht, wie bisher mit fünfundvierzig oder so in Pension gehen können.
In dieses Szenario hinein wird die Leiche eines Bankers mit abgeschlagenen Kopf gefunden, abgeschlagen von einem Schwert und das können, erfahren wir sogleich die Schwarzafrikaner am besten und der pensionierte Banker Sissimopoulos, der jetzt nur noch für die Gartenarbeit lebt, hatte auch einen schwarzen Butler und war ansonsten ein äußerst unsympathischer Mensch und Kommissar Charitos hat auch einen unsympathischen Kollegen, den Chef der Terrorabteilung und der nimmt gleich die Aufklärung an sich und weil Griechenland ja unter EU-Kuratel steht, werden zwei Briten von Scotland Yard zur Mithilfe gebeten und die lassen gleich den Butler Bill verhaften, was die Söhne des Toten zur Weißglut bringt.
Es geht aber weiter mit dem Morden, jetzt kommt jemand dran, der sich mit Hedgesfonds beschäftigt und noch ein unsypathischer Holländer von einer Rating-Agentur, der im Fernsehen erklärt, daß es keine Gesellschaft sondern nur Gruppen gibt. Außerdem tauchen Posters und Stickers auf, auf denen die Bevölkerung aufgefordert wird, ihre Kredite nicht zurückzuzahlen und der Kommissar hat den Verdacht, daß das kein Terrorakt, sondern die Tat eines gefeuerten Bankbeamten oder jemandes, der seinen Kredit nicht mehr zurückzahlen konnte,ist. Die sympathische Assistentin Koula erstellt auch gleich eine Liste möglicher Verdächtiger und der Kommissar sucht sie alle auf, sie waren es aber nicht.
Dazwischen wird das Alltagleben in der Krise eingeflochten, der Kommissar hat einen Banktermin, kommt aber nicht hin, weil die Innenstadt wegen Demonstrationen gesperrt ist und die Polizisten sagen ihm, sie können ihn nicht im Streifenwagen dorthin fahren, weil wenn der domoliert wird bekommen sie keinen Ersatz und als er mit der U-Bahn fahren, die die Rentner, die zur Demo wollen, ihre Emporung. Seine Ehefrau erleidet einen Schock, als sie zusehen muß, wie aus dem gegenüberliegenden Fenster jemand springt, weil er seine Kreditraten nicht mehr zahlen kann, weil sie aber eine resolute Mama ist, kauft sie nur mehr Sonderangebote und kann sogar die Tochter mitversorgen, die ja im Probejahr als Juristin nichts verdient und sogar Schülern Nachhilfestunden geben muß, aber dem Spitalsarzt Fanis nicht recht sein kann, wenn der seine Frau nicht mehr allein versorgen kann. Fanis, den der Kommissar kennenlernte, als er, in wahrscheinlich einem früheren Krimi, einen Herzinfarkt erlitt, hat aber einen Nobelpatienten, der seinen Körper als Dopingsportler ruinierte, trotzdem zu Geld gekommen ist und seinen Arzt, als Dank für die Behandlung in seiner Hotelkette umsonst Urlaub machen läßt und dieser Patient, der auch bei der Hochzeit war, hat Zutrauen zu dem Kommissar, so versorgt er ihm mit ein paar Tips und der Fall kann eine unerwartete Wendung nehmen, als herausgefunden wird, daß das D, das neben den geköpften Leichen lag „Doping“ und nicht „Debit“ etc bedeutete und wir haben, wenn der Fall gelöst ist, eine Menge über das Leben in der Krise gelernt.
Ich habe mich ohnehin die ganze Zeit gefragt, wie lebt es sich in Athen und, wie kann der Spagat aufgehen, wenn eine Regierung Hausaufgaben erfüllen muß, die nur aus Streichen von Gehältern etc besteht. Petrus Markaris führt uns das auf sehr spannende und vergnügliche Art vor, so makaber die Situation auch ist, die Wirtschaftskrise mit einem afrikanischen Schwertkämpfer zu erklären und der Zusammenhang mit dem Doping ist vielleicht auch eine etwas konstruierte Wendung, aber spannend ist die Geschichte sehr und leicht zu lesen, wenn vielleicht nicht die griechischen Namen wären, die sich schwer merken lassen.
Deshalb bin ich höchstwahrscheinlich auch über den anderen Petros Markaris Krimi gestolpert, den ich schon gelesen habe „Der Großaktionär“, den ich als eher etwas mühsam in Erinnerung habe, mich aber auch an die Tochter Katerina, die damals wahrscheinlich noch studierte und den kommunistischen Freund Sissis erinnern kann. Ich glaube, ich habe das Buch auch für „Thalia“ besprochen und bekommen habe ich es bei einer Buchmesse in Leipzig, da war ich beim Diogenes-Stand und habe gesehen, wie gerade Bücher an Buchhändler verteilt wurden und gefragt, ob ich auch eines haben kann?
Ausnahmsweise hat es geklappt und so habe ich den Namen Petros Markaris kennengelernt, den ich dann auch einmal bei der Kriminacht bei einer der „Rund um die Burg“ – Veranstaltungen sah und als Griechenland, das Thema der Literatur im Herbst war, habe ich ihn getroffen und da auch seine Übersetzerin Michaela Prinzinger gesehen.
Petros Markaris, der 1937 in Instanbul geboren wurde, kann sehr gut Deutsch, weil er in Stuttgart und in Wien studierte, was wohl auch der Grund sein wird, daß er heuer bei der Buch-Wien als Eröffnungsredner eingeladen war. Da habe ich schon einiges über den Wirtschaftskrimi gehört, ich war ja auch bei einem Gespräch am 3SAT-Stand und habe einen Teil des Filmes über ihn gesehen, den 3Sat ausstrahlte.
Als mich dann der Alfred fragte, weilche Bücher ich mir zu Weihnachten wünsche, ist mir dann das eingefallen und ich kann es wirklich sehr empfehlen, wenn man auf amüsante Weise etwas über ein gar nicht lustiges Thema erfahren will, daß uns alle wahrscheinlich treffen wird und Marlene Streeruwitz Weihnachtsgeschichte im „Standard“ greift auch dieses Thema auf und erzählt uns sehr gekonnt, wie es uns später vielleicht einmal gehen wird.
Manche Bücherblogger lesen jetzt Wirtschaftsbücher übers Geld, um darüber etwas zu erfahren, man kann es aber auch mit einem Krimi tun. Ob ich jetzt mehr von Hedgefonds und wie es zu der Wirtschaftskrise gekommen ist, die mir sehr bedenklich erscheint und mich an die Zeit vor 1938 denken läßt, weiß ich nicht, ein bißchen von dem griechischen Lebensgefühl, das bei uns ja auch nicht viel anders ist, höchstens, daß man den Kopf schüttelt, wenn man liest, das sich jemand ärgert, weil man nicht mehr mit fünfundfünzig in Pension gehen kann, habe ich schon erfahren und kann darüber nachdenken, obwohl das Leben ja kein Krimi ist.
2011-12-27
Faule Kredite
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