„Rätsel raten“,“Brainstorming“ oder“ Wie schreibt man einen Roman?“, habe ich gedacht, könnte dieser Blogeintrag heißen, denn ich sitze wieder in Harland, habe die vier Szenen meines neuen Romanprojekts, das „Ein Glas zuviel“ als Arbeitstitel hat, die ich vor und nach meinem Pfingstlesemarathon begonnen habe, überarbeitet, bin derzeit bei dreizehneinhalb Seiten bzw. 7311 Worten und überlege, was ich machen kann, daß es wirklich ein Roman wird und ich nicht wieder bei fünfzig oder sechzig Rohseiten hängen bleibe, in keine Krise, wie bei den letzten beiden Mal hineingerate oder frage mich überhaupt, was meinen Texten noch fehlen könnte, damit sie zu dem werden, was man Verlagstauglich nennt, obwohl ich in Zeiten der E-Book-Euphorie und des Selbstverlegens gar nicht so sicher bin, ob ich das will. Aber dennoch ist die Frage angebracht, was unterscheidet mich von denen, die einen Verlag finden und was fehlt meinen Sachen, weil ich bisher keinen gefunden habe?
Etwas, was nicht ganz stimmt, weil ich für meine beiden Sach- und Fachbücher ja gefunden habe. Beim ersten, dem „Laß dir Zeit“ könnte man ja sagen, daß ich eine Ghostwriterin hatte. Die Fälle waren von mir, Edith Thabet hat es aufgeschrieben. Die „Verhaltenstherape bei erwachsenen Stotterern“ habe aber nur ich geschrieben und die „Hierarchien“ haben auch einen Kleinverlag gefunden, hatten aber schlechte Kritiken und dann habe ich noch eine Zeit herumgeschickt und keinen Verlag gefunden, bis ich, zehn zwölf Jahre früher als der Trend zum Selfpublishing gekommen bin. Was ich ja an sich gut finde. Die Frage, warum bin ich aber nicht „Publikumsverlagstauglich“ und warum wollten mich auch die Kleinen, wie die, die meine Freundinnen finden, nicht?, ist schon interessant und sollte beantwortet werden.
Denn ich schreibe ja schon lange und habe auch schon sehr viel geschrieben. Wahrscheinlich mehr als manche andere, die in großen Verlagen publizieren und Preise gewinnen. Und warum geht es bei manchen Zwanzigjährigen und bei mir geht es nicht?
Das sind schon Fragen, die mich beschäftigen. Die Hemmung und die Schüchternheit würde ich als eine Antwort geben. Dann ist es sicher auch mein realistischer Stil. Aber andere schreiben den auch und die Leser wollen ja auch nicht wirklich das experimentelle Schreiben und haben wahrscheinlich auch ihre Schwierigkeiten mit Richard Obermayr und Andrea Winkler, obwohl die ja von der Fachwelt sehr anerkannt werden. Die Kriminalromae aber boomen und das wollen die Leser und die werden realistisch geschrieben. Da habe ich wieder Schwierigkeiten mit der Aggression, denn ich will nicht wirklich Morde beschreiben und so sind meine Kriminalromanversuche immer gescheitert, daß es keine wirklichen Morde waren, die passierten und dann ist es auch kein wirklicher Kriminalroman.
Ich denke aber schon, daß man realistisch schreiben kann. Vielleicht liegt es auch ein bißchen an der Sprache. Meine ist vielleicht zu wenig abgehoben, ein bißchen mehr entfremden, ein bißchen weiter weg vom selbst Erlebten, das habe ich schon kapiert, daß das vielleicht wichtig ist. Da hatte ich ja das Erlebnis in der Augustin Schreibwerkstatt, wo einer der Zuhörer den Realismus nicht ausgehalten hat, weil das ist ja das, was man kennt und Literatur muß ein wenig abgehoben sein.
„Die Realität so sagen, als ob sie trotzdem nicht wär“, heißt das neue Josef Winkler-Buch und das ist nun kein Erzähler, der etwas von Plot und Handlung hält, sondern mit Bildern arbeitet und das ist nicht das, was ich eigentlich will, ein bißchen aber könnte ich mir davon schon „abschauen“ und etwassorgfältiger mit der Sprache umgehen.
Ein Problem, das ich immer noch habe, ist das, was ich den „Zensor im Kopf“ nenne, den fortwährenden Gedanken „Es ist schon wieder nichts!“ und das ist nicht gut fürs Schreiben und damit versuche ich jetzt lockerer umzugehen. Ein weiterer Hemmschuh ist sicher meine Schnelligkeit und das, was ich „Mich an die Wand schreiben“, nenne. Ich denke, das kommt daher, daß ich wahrscheinlich soviel Angst vor dem Schreiben und dem nicht gut genug zu sein, habe, daß ich es schnell hinter mich zu bringen versuche. So fange ich an, schreib mein Pensum hinunter und „Wusch, schon wieder nichts!“
Das soll besser werden und ist es auch schon geworden, als ich mir, bin ich ja Verhaltenstherapeutin, eine Struktur verordnete. Beim Wiener Stadtroman, war das der Tag, zerlegt in viertel Stunden, bei der „Radiosonate“ das Jahr und die ist ja sehr lang geworden.
Bei der „Paula Nebel“ bin ich wahrscheinlich „gescheitert“, weil ich nicht wirklich wußte, worüber ich schreiben wollte und immer dachte, über das Altern, Demenz, Depression und eine Großmutter- Enkeltochter-Beziehung habe ich doch schon geschrieben.
Diesmal habe ich ein „neues Thema“, eine Frau auf Entzug, das ist von mir noch nicht so abgelutscht und ich habe mir gedacht, ich nehme mir als Struktur den Vorsatz, es sollten mindestens hundert Rohseiten werden. Weiß bis jetzt aber auch noch nicht viel mehr, als daß ich einerseits das Alltagsleben in schönen Geschichten beschreiben will, mein Versuch mit meiner Sprache weiterzukommen und zweitens die Kerstin Wieland vom Alkohol und ihrer Beziehung loskommen lassen will. Bis jetzt habe ich vier Szenen geschrieben. Es beginnt mit einem Streit, Kerstin schmeißt ihren Franz hinaus, er will nicht mehr zurück, sie trinkt eine Flasche aus und fährt nach Kalksburg. Dort trifft sie einen Patienten, der ihr rät es langsam anzugehen und sich einen Halt zu suchen, am Sonntag in die Kirche und sich am Nachmittag mit ihm im Gasthaus auf ein Achterl treffen. Dazwischen könnte sie ihr Leben erzählen, eine Handlung erleben und ich könnte zu meinem Roman kommen, mit möglichst viel Geduld und dem Ziel vor Augen über meine Schwächen hinwegzukommen, damit ich, wenn es etwas wird, das Ganze versuchsweise, vielleicht unter einem Pseudonym und mit einem Expose doch an einen Verlag schicken könnte. Denn es wurmt ja schon ein bißchen, daß es ausgerechnet bei mir nicht zu gehen scheint.
„So blöd bin ich ja nicht!“, lasse ich meine Heldinnen immer sagen. Gerade vorhin hat das, die Kerstin Wieland zu Hans Richter gesagt, „wenn der Franz den Entzug schafft, dann geht das bei mir auch!“ und ich habe ja schon mehr als manche andere geschrieben und an meiner Rechtschreibung kann es auch nicht wirklich liegen.
Nun habe ich auch schon einiges geschafft. Kann ich mich ja an die Valerie erinnern, die vor Jahren einmal sagte „Mir fallen die Ideen immer zu!“
„Wow!“, habe ich gedacht.
„Mir nicht!“
Inzwischen sind sie mir sehr lange zugefallen und die Angst, daß ich zu kurz für einen Roman sein könnte, habe ich seit dem Nanowrimo auch nicht mehr, denn ich kann ja immer nachschauen, wieviele Worte sind es jetzt schon und meine selbstgemachten Bücher sind gar nicht so kurz.
Das, was ich als mein Manko bezeichnen würde, ist wahrscheinlich schon, daß ich mich, um die Konflikte herumdrücke, vieles anreiße, aber nicht wirklich hineinkomme, da daran bleiben, ist wahrscheinlich gut und was die Sprache betrifft, habe ich bei der Text und Kritik-Werkstatt, 2005 war die, glaube ich, in Vorarlberg sehr viel gelernt. Da habe ich gerade an den „Fluchtbewegungen“ geschrieben und den Kritikern war es sprachlich zu einfach. Dann bin ich nach Hause gekommen und habe überarbeitet. Bei den letzten Texten, wo ich mich schon ein bißchen ausgeschrieben fühlte, hatte ich manchmal das Gefühl, ich bin ein bißchen flach. Aber das hatte ich auch bei der „Sophie Hungers“ und die ist von den Kritikern eigentlich gut aufgenommen worden und bei der „Frau auf der Bank“ und da habe ich jetzt gleich einen Erfolg zu vermelden. Einer meiner Schreibwünsche für die nächsten zehn Jahre hat sich schon erfüllt. Ich werde die „Frau auf der Bank“ bei den Textvorstellungen in der Alten Schmiede vorstellen können.
Ja, die anderen sehen manches anders, als man selbst. Deshalb sind Testleser gut und ich denke meine Schreibreflexionen haben dieselbe Wirkung.
Ich bin aber sicher ein bißchen stur und eigensinnig und hätte es mir auch leichter machen können, wenn ich auf meine selbstgemachten Bücher Eva- oder Schmetterlingsverlag, wie das auch die anderen machen, geschrieben und mir eine ISBN-Nummer gekauft hätte. So habe ich mich selber ein bißchen ins Abseits begeben. Habe auch sicher meine Schwächen und arbeite daran besser zu werden.
Wie lange ich für den neuen Text brauche, weiß ich nicht. Man soll ja auch nicht über seinen Schatten springen. Es kann auch kurz werden und es kann schnell gehen, wenn ich etwas gelernt habe, was ich vorher nicht konnte, ist das Ziel erreicht.
Mal sehen, ob es gelingt oder ob ich wieder in eine Krise komme, meine Leser werden es sicher merken und über Feedback und Rückmeldungen freue ich mich natürlich auch.
Rätsel raten
Werbeanzeigen
Werbeanzeigen