Nach der Theorie kommt gleich die Praxis, nämlich Bernhard Aichners dritter Krimi „Leichenspiele“, bei Haymon erschienen und mit zwei Videos angekündigt, in denen der 1972 in Innsbruck geborene und dort lebende Autor sich selbst vorstellt, mit Faxen und Grimassen tut er das und beantwortet dabei fünfzehn Fragen über das Schreiben, die er an sich selber stellt, dabei einige ausläßt und sich auch selber filmt, denn eigentlich ist er Fotograf, das ist sein Brotberuf, daneben ist er verheiratet und hat drei Kinder und das Schreiben ist das Zweitwichtigste für ihn nach der Liebe. Drei Max Broll Krimis nach einigen anderen Büchern hat er schon geschrieben und er will das Unmögliche zusammenbringen, nämlich E mit U vereinen, daß heißt im selben Jahr den Glauser, als auch den Bachmannpreis gewinnen und wenn man seine Max Broll Krimis verfilmt, will er auch der Hauptdarsteller sein, denn eigentlich sieht der Totengräber, Studienabbrecher, Trinker und Lebenskünstler, genau wie er selber aus, obwohl es in seinen Romanen keine Personenbeschreibungen gibt, damit sich jeder Leser selber seine Vorstellungen machen kann.
Klingt eigentlich sehr originell und ungewöhnlich und das ist sein Schreibstil, mit dem er schon ein Staatsstipendium gewonnen hat, auch, sehr ungewöhnlich, weil einmal sehr viele Dialoge, das erklärt der Autor so, daß er die Handlung in einem durch wie einen Film ablaufen lassen will, um so für die nötige Spannung zu sorgen und dann hat er einen vielleicht nur scheinbar naiven Stil, der in seiner Ungewöhnlichkeit fast an Wolf Haas erinnert, obwohl der Plot der Handlung gar nicht so ungewöhnlich und manchmal ziemlich haarsträubend und absurd ist.
Noch etwas ist ungewöhnlich, die Handlung von Krimi drei, schließt an die beiden vorangehenden an, so tut man sich ein wenig schwer, wenn man die nicht kennt und so, wie ich noch nie etwas von Bernhard Aichner gehört hat.
Sie spielt jedenfalls in einem Tiroler Dorf, vielleicht dem ähnlich, wo der Autor aufgewachsen ist, erfährt man im Video, aber eigentlich beginnt der Roman in Thailand, denn da hat sich Max zurückgezogen, nachdem seine Freundin Hanni, die in dem Dorf einen Würstelstand betrieben haben dürfte, gestorben ist und das dürfte in Buch eins oder zwei geschehen sein.
Max hat auch noch eine Stiefmutter namens Tilda und die ist Hauptkommissarin, gibt es eine solche in einem Tiroler Dorf? Außerdem ist sie müde und ausgebrannt und will eigentlich in Frühpension gehen, weil sie in Krimi eins oder zwei offenbar lebendig begraben, von Max aber noch rechtzeitig gerettet worden ist. Der Innenminister läßt sie aber nicht und so muß sie weiter Fälle aufklären. Zuerst kommt aber Max Freund Baroni nach Thailand, wo der vier Monate gesessen ist, nichts trank und nur aufs Meer hinausschaute, um ihm mitzuteilen, daß er sein ganzes Geld verspielt hat und Max ihm also helfen muß.
So kommt er zurück, bietet ihm Hannis Würstelstand an, beginnt wieder zu trinken und die Geschichte beginnt.
Denn Baroni bekommt vor seine leere Wohnung zuerst zwanzigtausend Euro hingelegt und dann eine Schachtel mit dem Auftrag, daß die Max vergraben muß, weil ihm sonst die Hoden abgerissen würden.
In der Schachtel ist natürlich eine Leiche, allerdings mit ausgeweideten Organen und als sich die Geschichte ein paar Wochen später mit zwei Leichen und vierzigtausend Euro wiederholt, betrinken sich die Freunde und deponieren die Leichen in einem Supermarkt, den es in dem Dorf ebenfalls gibt.
Dann lernt Max im Leichenschauhaus die schöne Obduktionsassistentin Leftera, eine Griechin, kennen, die später auch als „Bumsmaus“, sehr frauenfreundlich, bezeichnet wird.
Außerdem fahren sie nach Deutschland und bekommen heraus, wo die Pakete aufgegeben wurden. Das führt sie in ein Schönheitssanatorium und weil sie noch in einem Lastwagen einen eingeschmuggelten Moldavier entdecken, bekommen sie den Verdacht, daß in der Nobelklinik, die Flüchtlinge ausgenommen und deren Organe den reichen Russen wieder eingesetzt werden.
Da beginnt das Ganze ein bißchen an Eva Roßmanns letzten Krimi zu erinnern, die übrigens ein euphorisches Lob für Krimi zwei geschrieben hat.
Manchmal hat das Ganze ziemlich unglaubliche Szenen, so die z.B., wo die beiden Freunde von einer Kuh die auf der Straße steht, angeschissen werden. Sie saufen und vögeln auch ziemlich viel und manchmal erinnert die Geschichte an eine Parodie. Ist aber wahrscheinlich so gewollt, um bei Verlag und Leser zu punkten und mit der vordergründig naiven Art ziemlich flott und selbstbewußt geschrieben.
Einerseits irgendwie neu und ungewöhnlich also, obwohl man den Plot sicher schon von einigen anderen Krimis kennt.
Am Schluß taucht noch der Innenminister auf, hat Dreck am Stecken und wird erpreßt, die müde Hauptkommissarin kann endlich in Pension gehen und lebt in dieser auch gleich auf und die Freunde entdecken in der Wohnung der schönen Mörderin einen Haufen Geld, das sie ungeniert mitnehmen und im Casino, wo das ja nicht aufällt, weißwaschen werden.
Bernhard Aichner hat, wie er sagt, seinen Spaß am Schreiben gehabt, es liest sich leicht und flüßig. Manchmal ärgerte ich mich, die ich den Klamauk ja nicht so mag und dachte, das darf doch nicht sein! Dann fand ichs wieder originell geschrieben und ich bin gespannt, ob und wann er den Glauser- und den Bachmannpreis bekommen wird und natürlich sollten wir uns die Frage stellen, warum wir so gerne Krimis lesen und die dann so absurd und blutrünstig sein müssen, damit sie uns gefallen.
Da bin ich aber auch selbst betroffen, denn die Szene, wo sich die beiden Helden selbst ihr Grab schaufeln sollen, fand ich ähnlich beeindruckend, wie die bei Claudia Rossbacher, wo die nackte Heldein am Fleischerhaken hängt, der Held seinen Arm verloren hat und noch schnell die Polizei anruft.
2012-08-25
Leichenspiele
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