So heißt das neue Buch meiner Freundin Ruth Aspöck, bei Löcker erschienen, das sie nach ihrem Tagebuchprojekt begonnen hat und deshalb zum Teil mit Robert Eglhofer auf den Spuren Franz Grillparzers durch halb Europa reiste.
Eine sehr interessante Vorstellung seine Pension zu genießen und auch eine tolle Idee, einem vor zweihundert Jahren lebenden Hofdichters und K. und K. Beamten nachzureisen, den ich wahrscheinlich durch die Klischees meiner Schulbildung, als sehr verknöchert, grantig und verbittert, im Gedächtnis habe und mich auch erinnern kann, als ich während meiner Hauptschulzeit, was ich ja nur sehr kurz machte, die städtische Büchereifiliale am Kalvarienbergplatz aufsuchte, daß mir die meiner Erinnerung nach ebenfalls sehr verknöcherte Bibliothekarin erklärte, daß man einer Zwölf- oder Dreizehnjährigen nur einen Krimi pro Woche gestatten würde, so landete eine etwas verstaubte Grillparzer Werkausgabe bei mir, die ich ein wenig angelesen habe und wahrscheinlich ebenso verstaubt wieder retournierte und als mich Ruth Aspöck 2002 zu ihrem „Poesie und Brotberuf“-Projekt eingeladen hat, habe ich den Direktor des K-u.K Hofkammerarchivs als Beispiel dafür angegeben, wie sich beides verbinden läßt und dann gibt es noch das Klischee vom ewigen Junggesellen, der Kathi Fröhlich, den vielen faden Dramen und dem Josef Meinrad, der die Ballade an Österreich aus dem „König Ottokar“ aufsagt.
Viel mehr, ich gebe es zu und die Grillparzer Experten mögen es mir verzeihen, weiß ich zu dem österreichichen Hof- und Staatsdichter nicht, gehe ich ja eher selten in Theater und bin das auch als Studentin nicht oder doch, jetzt fällts mir ein „Weh dem der lügt“, bzw. die Rolle des Küchenjungen Leon, das wir in der Straßergasse bei der Frau Professor Friedl, die ja meine Liebe zur Literatur nicht weckte, wohl aber verstärkte, gelesen haben, hat mich fasziniert und das spielte es damals im Burgtheater und ich hatte auch ein Theater der Jugend Abo, aber nur Karten für „Egmont“, was ich sehr bedauerte.
Reisen mit Franz Grillparzer also, von dem ich vor Ruth Aspöck keine Ahnung hatte, daß er viel herumreiste, was im neunzehnten Jahrhundert ja viel beschwerlicher war, als heute, wo es noch die Postkutsche gab, aber auch viel elitärer, denn das war der Oberschicht vorbehalten und die adeligen und anderen Familien reichten sich offenbar auch weiter und sprachen Empfehlungen aus.
Wie Ruth Aspöck auf den Grillparzer gekommen ist, weiß ich nicht und könnte sie es fragen, sie hat aber Theaterwissenschaft studiert und ist 2007 mit ihrem Verlag „Die Donau hinunter“ in Pension gegangen, was sie mit einer Dichterradkarawane die Donau hinauf von Wien nach Bamberg feierte, wo es jeden Tag an einem anderen Ort eine Lesung eines ihrer Verlagsautoren gab und wir ein Stück mitgefahren sind. Man sieht die Ruth hat immer originelle Ideen, damals arbeitete sie gerade an ihrem Tagebuchprojekt und dann ist sie mit Brigitte Schramm in die andere Richtung auf eine Schiffsreise gegangen und da schon dem Herrn K und K Hofdichter nachgefahren, weil der im Alter, ich glaube, da war er fünfzig, das ebenso machte. Es gibt ja ein Stück von Erwin Riess „Herr Grillparzer fasst sich ein Herz und fährt mit einem Donaudampfer ans schwarze Meer“, auf das ich sie, als sie mir von ihrem Projekt erzählte, aufmerksam machte, damals wußte ich noch nicht, wie umfangreich das war und wieviel der Herr Grillparzer durch die Welt gefahren ist. Später habe ich dann mitbekommen, daß die Ruth über Silvester in Instanbul war, einmal sagte sie mir in der Alten Schmiede, sie käme gerade aus Stuttgart und da waren ja gerade diese Bahnhofsproteste und bei ihrer Lesung in Krems vor einem Jahr waren auch schon einige ihrer Grillparzertexte zu hören.
Jetzt ist das Buch also erschienen und ich kann es allen nur empfehlen, denn es ist wirklich eine spannende Idee durch Europa zu fahren, zu erzählen, was da los ist, was frau gegessen hat und zwischendurch immer wieder die Tagebücher und die Autobiografie des Meisters zu erwähnen und ihm auch bei seinen geistigen Höhenflügen und kleinen Schwindeleien vielleicht auf die Schliche zu kommen.
Chronologisch, liebe Eva, sonst kennt man sich nicht aus. Es beginnt also die Donau hinunter von Wien ans schwarze Meer und geht dann nach Italien, da war Grillparzer, als er diese Reise machte, viel jünger, ein lebenslustiger junger Dichter, der weil er offenbar nicht soviel Geld hatte, sich einigen Aristokraten anschloß und bei ihnen Sekretär und sogar Krankenpflegerdienste übernahm.
Ruth Aspöck hat bei ihren Reisen meist in österreichischen Kulturinstituten übernachtet oder wie beispielsweise in Paliano in der dortigen österreichischen Schriftstellerwohnung ein einmonatiges Stipendium gehabt, das war im Juli 2010, im August war Cornelia Travnicek dort.
Grillparzer ist aber auch nach Rom gefahren, nach Neapel und Venedig, in Venedig schreibt er von Theaterbesuchen und erwähnt den Namen eines solchen und die Detektivin Ruth weist ihm nach, daß er gar nicht dort gewesen sein kann, weil es dieses Theater nicht mehr gab.
Grillparzer hat auch den Vesuv besichtigt und Robert Eglhofer, Ruths Begleiter, der dem Buch zwei Kapitel beigesteuert hat, schreibt in einem, von einer engagierten Autorin, die ihn als Reisemarschall mißbrauchte und ihn auf den Vesuv schleppte.
Dann gehts nach Istanbul, Ruth und Robert, glaube ich, waren um den Jahreswechsel dort. Istanbul war gerade Kulturhauptstadt und Grillparzer schreibt, die Ruth war gar nicht der erste Österreicher, der Konstantinopel bereiste, Hammer Purgstall war schon früher dort und unser Dichter ist wiedermal zu spät gekommen.
In dem Buch sind auch einige Grillparzer Gedichte und einige Zitate eingefügt und nach Istanbul gings nach Weimar, auch eine Kulturhauptstadt und dort gibts ein Goethe Haus, das heute ein Museum ist, der österreichische Dichterfürst hat natürlich den deutschen besucht und im Hotel Elephant gewohnt, das gibt es noch, schreibt Ruth Aspöck, ist aber trotzdem ein anderes, den Adolf Hiltler hat das alte abreißen und sich ein neues Protzigeres bauen lassen, was ein Grund war, wie sie schreibt, dort nicht Mittag zu essen, was aber ohnehin nicht gegangen wäre, weil zu teuer und das Restaurant nur den Hotelgästen vorbehalten.
Dann fuhr Grillparzer nach London, der vorher in Paris war, wo er, der nicht gut Englisch sprach, sich ein bißchen auf die Sprache vorbereitete und zu Metternichs Zeiten mußte man offenbar auch überall aufpassen, nicht irgendwelchen Spitzeln in die Hände zu fallen und von ihnen ausgehorcht zu werden. Die Ruth hatte in London wieder ihren Reisemarschall und pensionierten Englischlehrer mit, der die Stadt wie seine Westentasche kennt und sie daher Grillparzer nachführen konnte und interessant war auch, daß man, wenn man den Damen in den Kulturinstituten den Namen Grillparzer nannte, oftmals „Grill wer?“ zur Antwort bekam.
Grillparzer muß aber ein sehr politisch interessierter Mensch gewesen sein, hat er doch fast überall Parlamentssitzungen besucht und er ist auch viel ins Theater gegangen und hat sich mit den deutschsprachigen Intellektuellen und Dichtern, die dort lebten, getroffen. In Paris war das Heinrich Heine, in Stuttgart, wo es auch hinging Ludwig Uhland.
Grillparzer der ja damals K und K Beamter war, mußte, wie Ruth weiterschreibt, um seine Reisen zu ermöglichen, um Urlaub betteln, was oft schwer genug war. Die Ruth hat ihre Reisen in der Pension gemacht und auch eine besondere Beziehung zu Stuttgart, weil dort ihre Schwester lebt.
Am Schluß gibts noch ein besonderes Kapitel, nämlich Grillparzer und das Essen, was hat der auf seinen Reisen zu sich genommen? Kurt Palm hat das ja einmal bei Mozart versucht und in den Grillparzerschen Tagebüchern scheint es die diesbezüglichen Hinweise gegeben zu haben, also „Kalbsbraten in Ferrara, der mit Rosmarien gespickt war und in Rovigo zum Frühstück eine in Öl gebackenene Frittata,“, was dem Dichter offenbar beides nicht schmeckte.
In Konstantinopel wird viel Kaffee serviert, der grantige Hofbeamte schwärmt aber von seinem Wiener Kaffee und das Fleisch im Orient taugte offenbar ebenfalls nichts.
Interessant, interessant und so sind wir mit Grillparzer und Ruth Aspöck durch Europa und mir ist der alte Herr ein bißchen näher gekommen, daß ich jetzt gleich ins Burgtheater gehe, glaube ich nicht und wahrscheinlich gäbe es ihn dort auch nicht zu sehen, aber, als ich unlängst bei den Bücherkästen war, ist mir eine Grillparzerbiografie „Sein Leben ein Traum“ von Friedrich Schreyvogel in die Hände gefallen, eine alte und, daß Friedrich Schreyvogel ein „Nazidichter“ war, habe ich auch ergooglet, höre die Ruth also aufschreien, daß man immer solche alten Schinken in den Kästen findet, weiß auch gar nicht, ob und wann ich sie lesen werde, meine Bücherliste ist ja schon sehr voll, aber in Paris hat die Ruth aufgejubelt, als ihr die Beamtin dort erzählte, Grillparzers Reiseagebuch gäbe es auf Französisch, es wurde im Jahr 1942 von einem Literaturwissenschaftler namens Paul Bastier herausgegeben.
So weit also Ruth Aspöcks neues Buch, eines ihrer ersten, habe ich ja vor kurzem erst gelesen und das, was sie jetzt schreibt, hat sie mir noch nicht verraten.
Tagebuchtag war übrigens vor kurzem auch.
2012-11-12
Reisen mit Franz Grillparzer
2 Kommentare »
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Austria was very different from what we expected, especially the cuisine. No cangooroo or crocodile steak just pork in all variations. What should I say — cannibals
http://WienIstAnders.weebly.com
Kommentar von Crocodile Dundee — 2012-11-21 @ 22:34 |
Weils so lustig ist und auch ein bißchen Einblick gibt, was so alles täglich an Kommentaren kommt, freigegeben und nicht in die Spam Kiste abgeworfen, ja die österreischische Küche ist berühmt und deftig, Schweinebraten mit Kraut und Knödel in allen Variationen und das Wiener Schnitzel, aber das schmeckt eigentlich sehr gut, auch mir, nicht nur dem Franz Grillparzer
Kommentar von jancak — 2012-11-21 @ 23:53 |