Ein Groschenheftchen im Fischer TB Verlag in drei Bänden im roten, blauen, grünen Umschlag mit einem schönen Mädchenkopf und einem Edelweiß, Fotos gibt es zwischendurch immer wieder auch und Zeitungsausschnitte, die eigentlich nicht zum Groschenromanklischee gehören. Marlene Streeruwitz machts möglich und der 1997 erschienene Dreiteiler kostet auch ÖS 131,– DM 17.90, ab 1.1.2002 Euro 8.90 und ist ein Fund aus dem Wortschatz, in dem ich vor einem Jahr ja einige ältere Bücher von österreichischen Spitzenautoren fand, die ich nach und nach auflesen werde.
Von Marlene Streeruwitrz war noch „Majakowskiring“ dabei, das demnächst folgen wird, „Jessica, 30“, wird noch etwas dauern und das Buch ist für mich auch keine wirkliche Neuentdeckung, hat ja, wenn ich mich nicht irre, einmal eine Schauspielerin im Literaturhaus eine Aufführung daraus gebracht und, daß sich die Spitzenautoren bzw. Verlage an die Groschenromane heran und sich über sie lustig machen bzw. sie zur Literatur erheben, ist auch nichts Neues, so kann ich mich erinnern, daß ich mir in den Siebzigerjahren einmal eines dieser orangen Jugend und Volk Literaturproduzentenftchen gekauft habe, wo so etwas drinnen war und damit nach Baden gefahren bin und es dort gelesen habe, Detail am Rande, Marlene Streeruwitz wurde in Baden bei Wien geboren und der Holzbaum-Verlag hat mir vor einem Jahr auch ein solches Heftchen geschickt.
Der Groschenroman, das, was die Frauen ja so gerne lesen und verschämt für die Tante oder die kranke Nachbarin beim Trafikanten kaufen, weil man das ja nicht öffentlich lesen darf, aber die Sehnsucht der Herzen weckt, ich habe sie als junges Mädchen sehr viel und sehr gerne gelesen und „Lisas Liebe“ hat natürlich trotz der betonten Bastei-Nachahmung nichts mit dem Klischee zu tun, hat es ja kein Happy-End, denn Lisa geht am Ende von Teil drei mit zwei Nachthemden und ein paar Strümpfen, die sie sich in New York kaufte, wahrscheinlich in die Niagara-Fälle und das ist, wie ich glaube, obwohl ich das Lehrbuch,“Wie schreibt man einen Groschenroman?“, das leselustfrust vor ein paar Jahren auf die Wanderschaft schickte, nicht gelesen habe, eine Regel, wie das Heftchen nicht sein darf.
Ansonsten ist es drinnen auch anders, wie das Original, denn die Texte sehr kurz und immer wieder von Bilder unterbrochen, also der Foto- und der Groschenroman in einem und die ersten zwei Teile handeln von den Ferien am Land.
Lisa Liebich ist neundunddreißig, Lehrerin und streckt am Beginn des Buches und der Schulferien Herrn Dr. Adrian, einem Arzt natürlich, ein Briefchen auf der Fischerstiege entgegen, in dem sie ihm ihre Liebe gesteht und auf Antwort in ihrem Ferienort in der Toffen Alm in Gosau wartet.
Dann sieht man immer wieder Bildchen von dem Häuschen in den Bergen wo handschriftlich darunter steht „Der 19. Juli. Der Briefträger taucht hinter den Büschen auf. Er fährt aber vorbei“ und so weiter uns so fort. Mal bringt er Werbeschriften oder eine Karte des Kollegen oder es ist Sonntag, da kommt er nicht und am Ende sind die Ferien vorbei und Dr. Adrian hat nicht geschrieben, dazwischen erfährt man von Lisas Leben und das einer Art und Weise, wie es mir eigentlich gefällt und offenbar auch mein Stil sein dürfte. Die lineare Direktheit, die auch die Passivität der Lisa zeigen soll, die als Kind von ihrer Mutter einer Boutiquenbesitzerin in zeitlose Damenmode gesteckt wurde, um Werbung zu machen und sich dadurch lächerlich machte. Der Bruder begeht Selbstmord, Lisa geht als Lehrerin nach M und wird dort die Geliebte von zwei verheirateteten Männern, dem Vizebürgermeister und dem Internisten, bei beiden muß sie es heimlich im Auto oder auf einer Reise machen, am Ende wird Lisa von der Polizei verhört, weil der Bürgermeister in einen Korruptionsskandal verwickelt wurde und wird nach G. strafversetzt, dort frißt sie sich ein Kummerspeckchen an und traut sich nicht aus der Pension, dann hungert sie es sich wieder hinunter, ißt jeden Tag im Eiscafe einen Schinken-Käse-Toast, hat psychosomatische Beschwerden, lernt einen Kollegen näher kennen, den der ihr dann auch die Karte schreibt und wird Schriftführerin in einem „Naturvereins“ eines älteren Schulinspektors, da heißt es dann „Lisa war dann immer dünner geworden, Lisa war dann doch zum Arzt gegangen, Lisa hatte helfen wollen, Lisa hatte dann wieder zu Schmarantzer fahren müssen“ und so weiter, so viel zu der Passivität, der Frau, die von den Männern genommen wird und kein eigenes Entscheidungsrecht hat, wie wir es auch beispielsweise bei der Jelinek sehr viel finden. Dabei lernt Lisa Spanisch und Italienisch, fährt nach Italien und im Sommer in Gosau auf Sommerfrische und in einen Schreibkurs, der Fernlehrkurs der Schule des Schreibens, scheint hier Vorbild gestanden zu sein, trägt sie sich auch ein und so gibt es auch immer Textproben ihrer Schriftstücke und dazwischen Ausschnitte von Zeitungsartikeln, die nichts mit dem Ganzen zu tun haben scheinen, die aber Lisa vielleicht genauso sammelt, wie das, wie ich gelesen habe, auch Marlene Streeruwitz tut.
In Teil drei haben wir Weihnachten und Lisa fährt in den Ferien nach New York, dazu erkundigt sie sich beim Bankbeamten, wie sie ihr ganzes Geld dorthin transferieren kann, denn sie will sich neue Kleider kaufen, weil man ja in New York viel sparen kann, sie zerschneidet vor der Abreise ihre ganzen Sachen und spendet sie der Caritas. Dann ist sie dort, jetzt gibt es immer Bilder von den Wolkenkratzern und den Straßenschildern zu sehen und eine Zeitungsseite einer John Irving Werbung „I think that I have become a writer because of my grandmothers good manners and – more specifically- because of a retarded garbage collector to whom my grandmother war always polite an kind“ steht da geschrieben. Ein paar Schweinchen sind dabei abgebildet und darunter steht mit Handschrift wieder „Klingt doch ganz einfach Oder?“
Lisa kauft ein bißchen ein, beobachtet die Penner, fährt mit einem Kind U-Bahn, das ihr den Stadtplan wegnimmt, geht zu einer Lesung bei Barnes und Nobles und entschwindet am Ende mit den zwei Nachthemden in Richtung Niagarafälle.
„Fortsetzung folgt“ steht noch geschrieben und es gibt ein paar Ankündigungen zu „Lisas Glück, Folge 1-3 immer mit Streeruwitzbildchen im Cover. Dann wird für „Majakowskiring“- „dem Buch für die Frau auf der Suche“ und „Nachwelt“- „der Lektüre für die moderne Frau“, Werbung gemacht und es gibt noch ein paar Kinderbildchen von der kleinen und auch größeren Marlene, die Kritikerin Ursula Merz von der Frankfurter Rundschau hat auch noch etwas geschrieben, wie Marlene Streeruwitz den Groschenroman aufzumöbeln wußte und es folgt der Lebenslauf, den habe ich, glaube ich, auch schon geschrieben, gab es im letzten Jahr ja „Verführungen“ aus dem Schrank beim Pfingstlesemarathon und die „Schmerzmacherin“ zu lesen, die ich bei der literarischen Soiree gewonnen habe und als in Wien einmal Wahl war, gab es im Internet ein ähnliches Romanprojekt zu finden, das ich eifrig gelesen habe, womit sich Marlene Streeruwitz als sehr vielfältige Autorin, die sich auch sehr mit den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, was mir ja sehr sympathisch ist, beschäftigt, beweist und zum Frauentag, ganz zufällig vordatiert, passt das Buch natürlich auch sehr gut.
2013-03-08
Lisas Liebe
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