Die Leipziger Buchmesse findet diesmal vom 14. bis 17. März statt und weil der Alfred wegen der WU-Übersiedlung von Wien nicht wegkann, sind wir diesmal nicht dabei.
Was, wie ich mir vor ein paar Tagen überlegte, nichts macht, denn erstens kann ich ja wie auch in Frankfurt surfen und zweitens bin ich im Vorjahr ja eigentlich sehr frustriert dort herumgelaufen, denn in den Literaturbetrieb, das hört man ja auch immer, kommt man in Leipzig nicht herein und der Typ mit seinen selbstgemachten Büchern selbstbewußt von Stand zu herumzulaufen und „Hallo, da bin ich, die neue Autorin!“, war ich nie und werde das auch höchstwahrscheinlich nicht mehr werden.
Also wäre Leipzig ohnehin nur als literaturinteressierte Leserin für mich interessant, um mir meine Buchempfehlungen zu holen, die habe ich, wenn ich so auf meine Leseliste schaue, ohnehin schon und der Falter-Bücher-Frühling liegt auch auf meinen Tisch.
Aber, um Mißverständnisse zu vermeiden, ist Leipzig natürlich interessant und wenn es passt, fahre ich auch gerne wieder hin, um die Hundertmarks zu besuchen und diesmal ist es ganz besonders interessant, denn Anna Weidenholzers „Der Winter tut den Fischen gut“, ist ja für den Leipziger Buchpreis, der am Donnerstag um vier vergeben wird, nominiert, sowie Alexander Nizbergs Bulgakovs Neuübersetzung.
Anna Weidenholzer hat außerdem noch das Publikum Voting gewonnen, was ich sehr spannend finde, daß die 1984 geborene in Deutschland so bekannt ist, dann gibt es erstmals noch einen Indie Preis, der für mich, ich scheine wirklich überall zwischen allen Stühlen zu fallen, nicht in Frage kommt, weil meine Indies ja nicht als E-Books erscheinen und den Verständigungspreis für europäische Literatur, der Mittwoch Abend bei der Eröffnung im Gewandhaus, während ich im „21-Haus“ bei der Lyrik im März war, vergeben wurde, hat es auch gegeben.
So richte ich mich diese vier Tage in meinem Wohnzimmer ein, beziehungsweise mache ich ganz normal meine Praxis weiter, denn das blaue Sofa kann ich auch als Konserve sehen, bezüglich des Buchpreises gibt es einen Livestream, aber auch den Klinischen Mittag über Eßstörungen, so daß ich versuche möglichst pünktlich zurück zu sein, um fünf, wenn der Gewinner auf dem Sofa sitzt, habe ich aber eine Stunde, thats live und macht ja nichts und daß Cornelia Travnicek aus ihrem Hotelzimmer Leipzig gut sehen kann, hat sie schon getwittert, dann muß sie sich die Stiefel anziehen, um das Kranichsteiner Jugendliteraturstipendium, abzuholen, liegt ja Schnee in Leipzig und am Messegelände und Daniela Strigl die ja in der Jury des Buchpreises sitzt und dadurch wahrscheinlich so unermüdlich die österreichische Literatur nach Deutschland bringt, bekommt auch einen Preis.
So weit die Vorinformationen, das blaue Sofa beginnt, glaube ich um elf, die Messe hat um zehn aufgemacht und so habe ich mir die Fahrt in der überfüllten Straßenbahn zum Messegelände erspart und da wir ja so an die zehn Mal schon in Leipzig waren, kann ich mir auch alles gut vorstellen und am 3-Sat Stand gab es schon um halb elf einen Kindercomic „Ferdinand der Reporterhund“, denn die Comics sind genau, wie die Indies inzwischen Salonfähig geworden und Wolfgang Tischer ist mit seinem Literaturcafe natürlich auch in Leipzig und bietet einen Podcast an, so daß ich nicht so viel versäumen werde und es kein Trostprogramm für die Zuhausegebliebene wird, wie es Anni Bürkl im Vorjahr angeboten hat, aber da war ich ja vor Ort.
In ein 3 Sat Bücherzeit habe ich mich inzwischen auch hineingehört, da gab es ein Gespräch mit Regina Ziegler in einem Leipziger Kino, die unter anderen das neu übersetzte Buch von Peter Buwalda „Bonita Avenue“ empfahl und Amos OZ stellte dann um zwölf auf den blauen Sofa seinen neuen Kibbutz-Roman „Unter Freunden“ vor, über den ich, glaube ich, schon einmal in Ex Libris hörte.
Dann kam Peter Estherhazy, aber den habe ich ja auch schon gehört, so ging es zu den Eßstörungen, die ich zwar auch schon mal hörte, aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse ändern sich ja rasch und zum Glück war es nur kurz, so daß ich pünktlich zum Leipziger Buchpreis-Livestream zurecht kam und des Juryvorsitzungen Hubert Winkels leicht zynische Eröffnungsreden hören konnte, in der den Vorgang begründete, wie man aus über vierhundertfünfzig Bücher fünfzehn vorschlagen kann, aus denen dann drei ausgesucht werden? Das möchte ich zwar auch gern wissen, nehme es aber ebenfalls gelassen und in Leipzig höre ich, sind Warntafeln „Achtung Buch!“, aufgestellt.
Dann wurden die fünfzehn Nominierten vorgestellt und die Preise der Reihe nach vergeben. Die krankheitshalber verhinderte Ezra Pound Übersetzerin Eva Hesse bekam den Übersetzerpreis, Helmut Böttigers „Gruppe 47“-Buch, das mich sehr interessieren würde, den Sachbuchpreis und David Wagners „Leben“, wo es um eine Lebertransplantation geht, offenbar ein Stück Selbsterfahrung, wie der Autor in seiner Dankesrede anklingen ließ, den Belletristikpreis und ich gratuliere natürlich herzlich.
Dann hätte ich, wenn ich in Leipzig gewesen wäre, ins Österreichcafe gehen und mit dem Hauptverband ein Glas Wein trinken können, das habe ich allein getan, mir das Preisträgervideo vom blauen Sofa angeschauen und in der Badewanne, den Orhan Pamuk ausgelesen und am Freitagmorgen noch Marlene Streeruwitz „Majakowskiring“, um um zehn zurecht aufs Sofa und zu „Staufenbergs Gefährten“ zu kommen, da waren wir ja schon vor zwei Jahren auf der Wolfsschanze, bei den Talibans war ich noch nie und auch Linus Reichlin, der einen Roman darüber geschrieben hat „Das Leuchten in der Ferne“, war das nicht.
Klaus Michael Bogdal hat den Preis der europäischen Verständigung für das Buch „Europa erfindet die Zigeuner“, bekommen und war um elf auf dem blauen Sofa.
Am 3-Sat-Stand hätte es um halb elf ein Gespräch mit den Kranichsteiner Stipendiaten gegeben, das ich leider versäumte, jetzt muß ich schauen, das Video davon zu finden und am blauen Sofa kam zuerst ein Malaie und dann zwei sehr lustige junge Männer, die Krimi Autoren Volker Klüpfl und Michael Kobr mit ihren Allgäuer Krimis, die ich vor ein paar Jahren bei Leselustfrust kennenlernte und deren Buch „Michgeld“ ich auf meiner Liste habe.
Dann sollte der Stargast Michael Gorbatschow folgen, der natürlich absagte, so daß dann Frank Sieren über den „chinesischen Gorbatschow“ sprach.
Dann kam Robert Schindel mit seinem neuen Buch „Der Kalte“, das ich ja sehr gerne lesen würde, in dem es um das Bedenkjahr 1988, das Burgtheater, den Bundespräsidenten, das Burgtheater mit dem Direktor Peymann und das Hrdlicka-Denkmal geht und der eine fast showhafte Vorstellung über die österreichische Seele gab, Knacker mit Spinat und Spezies im Hawlka oder so steht im Glossar, das es natürlich für die deutschen Leser gibt.
Aris Fioretos habe ich auch schon in der Alten Schmiede gehört, der gut Deutsch sprechende Schwede mit österreichischer Mutter, der ein Buch über seinen Vater schrieb.
Auf der ARD-Bühne stellte Dennis Scheck die zehn meist verkauftesten Bücher vor, stöhnte über „Shades of grey“, empfahl einen richtig guten Porno und schwärmte sehr vom neuen Buch von Reinhard Jirgl, das er leider noch nicht ganz verstanden hat. Am blauen Sofa hätte um 17.30 der Preis der Literaturhäuser vorgestellt an Hanns Zischler werden sollen, hat aber nicht geklappt und so ging der zweite Messetag zu Ende und während es in Leipzig zu den Lesefesten geht, sind wir nach Harland gefahren.
Es hätte aber auch ein interessantes Event im Writers Studio gegeben, Judith Wolfsberger hat wirklich tolle Einfälle, nämlich „Die lange Nacht der ungeschriebenen Texte“, wo man mit seinen Projekten hinkommen und die ganze Nacht bis am Morgen um sechs an seinen Texten schreiben kann, es gibt Textcoaching, Buchstabensupp und einen Spaziergang am Donaukanal mit Mondanheulen und ein inspierendes Pausenprogram mit Tee und Kraftfutter.
Eine Idee, die mich durchaus reizen könnte, obwohl ich nicht wirklich weiß, ob ich die ganze Nacht lang durchschreiben will und aufgeschobene Texte habe ich eigentlich auch nicht, ich hätte nur mit meinen Laptop hingehen und am Literaturgeflüstertextebuch korrigieren und darüber bloggen können, so ging ich in Harland schlafen, um mich am Wochenende wieder nach Leipzig zu begeben, bzw. nach St. Pölten zu fahren, um dort mein Fahrrad, bei dem mir vor zwei Wochen der Schlauch platzte, von der Werkstätte abzuholen.
Danach habe ich mich wieder vor das blaue Sofa gesetzt, bei dem ich die letzte Bachmannpreisträgerin Olga Martynova mit „Mörikes Schlüsselbein“, gerade versäumte und habe meine Leselisten 2016 und 2017 mit den Büchern aufgefüllt, die in Harland ungelesen stehen und bin mit Erstaunen draufgekommen, das wir Franz Kafka haben, der Dreiteiler Witiko, den ich mir in meinen Studententagen kaufte, ist nicht ganz daraufgekommen, es gab aber Alois Brandtsetters „Zur Lasten der Briefträger“, das der Alfred, glaube ich, einmal für seinen Vater kaufte, Gustav Freytags „Soll und Haben“, das ich schon einmal zu Lesen angefangen habe, Pavel Kohouts „Die Henkerin“, Friedrich Heer und und…
Jetzt ist das Programm der nächsten viereinhalb Jahre zur Hälfte festgesetzt und ich kann mich wieder den neuen Bücherbergen widmen und schauen, was sich so in Leipzig finden läßt, wo ich gleich auf Ferdiun Zaimoglu, den Bachmann und Literaturpreisträger vom Vorjahr stieß, der sein neues Buch „Der Mietmaler!“, in dem es um Maler und Frauenbilder geht, mit seiner leisten bedächtigen Stimme, vorstellte.
Dann kam Eva Menasses neues Buch „Quasikristalle“, in dem es, wie bei meinen neuen Projektplänen, um dreizehn Kapitel geht, die vom Leben einer Frau erzählen, die von verschiedenen Figuren aus unterschiedlichen Sichten geschildert wird. Was dazwischen kam, habe ich mehr oder weniger verschlafen, der große Martin Walser mit seinem dritten Messner-Buch „Messners Momente“ folgte, in dem es keine Handlung gibt, sondern Walser seine Figur Messner in schönen, melancholischen oder auch positive Sätze das Leben betrachten läßt, folgte.
„Ist das hell, ist das dunkel?“, wechselte er sich mit der Moderatorin ab, ich glaube Martin Walser siegte, der meinte, daß es auf die Betrachtungen ankäme, wie man die Weisheiten interpretiert, die er in sein Notizbuch geschrieben hat.
Ich habe bei einem der Osterspaziergänge, das erste oder zweite Messner Gedankenbuch gefunden und noch ein paar andere Walser-Bücher auf der Leseliste. Auch den „Tod eines Kritikers“, in dem er sich angeblich mit Marcel Reich-Ranicky auseinandersetzt, kenne ich.
Dann kam Astrid Rosenfeld auf das Sofa, die mit Adams Erde auf die dBp Longlist 2011 gekommen ist und jetzt „Elsa ungeheuer“ geschrieben hat.
Beim Zappen stößt man auf die vielen Bücher, die geschrieben werden und erschienen sind, Heiner Link, Joy Flemming etc, präsentieren ihre Bio- oder Autobiografien mit oder ohne Ghostwriter geschrieben, Töchter, Geliebte, etc von Terroristen oder Erschossenen haben ihre Bücher, wie zum Beispiel Ulrike Edschmid „Das Verschwinden des Philip S.“, junge Männer und Frauen aus Kuba, Mayaisia, etc traten auf, so daß man neidig werden könnte oder natürlich weiter machen.
Am Wochenende traten auch die Cosplayer auf und, wie man von den blauen Sofa-Aufnahmen sehen konnte, war das Wetter in Leipzig sonnig und schön.
Mit Videos über Irina Liebmann, der Leipziger Büchernacht, u.u.u. klang der Samstag aus und im Wochenendstandard, das ist auch noch zu erwähnen, gab es einen Artikel von Jochen Jung zum Thema „Was gibts neues in der Literatur“, wo er einen Kurzabriß der österreichischen Gegenwartsliteratur ab der Gruppe 47 gab und zehn Covers von Bücher junger frecher Frauen, wie Cornelia Travnicek, Angelika Reitzer, Andrea Grill, Andrea Winkler, Anna Weidenholzer, Andrea Stift, Cordula Simon, Andräa Präauer, Vea Kaiser zeigte, Valerie Fritsch, deren Buch ich kürzlich erst gefunden habe, wurde auch dabei erwähnt, Milena Michiko Flasar seltsamerweise nicht.
Nach eineinhalb Stunden Diskussion von der Leipziger Buchnacht mit Martina Rosenberg, Sabine Ebert, Christoph Hein, Cordula Stratmann,Sabine Rennefanz, Dirk Kurbjuweit und Rolf Schneider habe ich dann am Sonntag die 3 Sat-Standgespräche nachgehört, wo ich auf von Dennis Scheck hochgelobtes Buch „Der Komet“ von dem deutschen, in Amerika aufgewachsenen und jetzt Amerikaner gewordenen Kulturjournalisten Hannes Stein, gestoßen bin, der aus Heimatsehnsucht ein Buch geschrieben hat, wo der erste Weltkrieg nicht stattgefunden hat und wir immer noch, in der von Hannes Stein hochgelobten „besten Demokratieform“ Monarchie leben.
Das blaue Sofa begann mit Friedrich Schorlemmer, dem DDR-Pfarrer und Bürgerrechtler, der Sätze prägte, wie „Seit meinem vierzehnten Lebensjahr war ich nicht nur vom lieben Gott, sondern auch von der Staatssicherheit begleitet, ach nein, seit 1989 nicht mehr“ oder „Friedrich steh auf, die Russen sind in Prag einmarschiert. Dann kam der 1980 in den USA geborene Joey Goebel mit „Ich gegen Osborne“, von dem ich weder „Freaks“, „Vincent“, noch „Heartland“, kenne, obwohl er, wie ich hörte, im deutschen Raum ein Kultautor ist und sein neues Buch auch zuerst auf Deutsch erschien. Dann kam noch Hans Christoph Buch, der einmal das jüngste Miglieder der legendären Gruppe 47 war und sich jetzt in seinem neuen Buch „Baron Samstag oder das Leben nach dem Tod“ mit Haiti, Voodoo und noch einigen anderen, wie er betonte „Verrücktheiten“ beschäftigte.
So das wars jetzt von Leipzig 2013, aus den Wohnzimmern, wo ich vom Tranzyt-Schwerpunkt außer einem Interview mit György Konrad und auch von den Indies nichts, dafür aber sehr viel von den 3-Sat und ARD-Veranstaltungen mitbekommen habe und es ist wieder ein sehr langer, sprunghafter Bericht geworden.
Anders geht bei vier Tagen mit tausenden Büchern wahrscheinlich nicht und weil meine kritischen Leser von mir eine persönliche Stellungnahme wünschen könnten. Ich finde Buchmessen interessant, lese immer noch sehr gern und auch das Alte auf.Das Schreiben ist mir nach wie vor das Wichtigste und bin für die allgemeine Kreativität, wo jeder schreibt, so gut er es kann und nicht nur die eine Chance für Leipzig bekommen, die einen bekannten Namen haben, aber das habe ich schon öfter geschrieben.
Ein paar neue Buchempfehlungen, mit denen ich mich vielleicht noch beschäftigen werde, habe ich natürlich auch bekommen und so müde und erschöpft, als wenn ich die vollgestopften Tüten durch die Hallen getragen hätte, bin ich nicht, dafür bin ich beim obligatorischen Ausflug auf die Rudolfshöhe mit dem Rad ausgerutscht und habe ein aufgeschlagenes Knie und ein paar Prellungen, die auch nicht angenehm sind. Bärlauch gibt es wetterbedingt übrigens noch nicht.
Und wer die live-Berichte bevorzugt, der kann auf die Buchmesseseite gehen oder bei der Klappentexterin nachschauen, was sie in Leipzig erlebte.
2013-03-17
Leipzig im Zimmer
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