Ruth Aspöck, die eigentlich nicht in der Frauen lesen Frauen Gruppe des ersten Wiener Lesetheaters mitmacht, organisierte heute dort im Literaturhaus Elisabeth Freundlichs Erzählung „Im Steingebirg“ und das war eine Aufführung, die mich sehr interessierte.
Faszinieren mich die eher unbekannten Schriftstellerinnen des vorigen Jahrhunderts ja sehr und von Elisabeth Freundlich habe ich wahrscheinlich im Zusammenhang mit Konstantin Kaiser gehört. 2001 ist die 1906 in Wien geborene, jüdische Schriftstellerin gestorben und da gab es eine Veranstaltung im Republikanischen Club, an die ich mich erinnern kann und wahrscheinlich auch Texte oder einen Nachruf in der Zeitschrift „Zwischenwelt“.
Das sie seit 1945 mit den aus Breslau stammenden Philosophen Günther Anders verheiratet war, habe ich ebenfalls gewußt, denn da habe ich ja einmal ein Seminar mit Raimund Kremlika oder Raimund Bahr, wie er sich seit seiner Verheiratung nennt, gemacht.
Im Bücherschrank habe ich den Roman „Der Seelenvogenl“ gefunden, sonst scheint es von der Autorin aktuell nichts zu geben und Ruth Aspöck erwähnte in ihrer Einleitung auch einiges von einer erfolglosen oder nicht so bekannten Schriftstellerin. Sie hat sie jedenfalls in den Achtzigerjahren im Schriftstellerverband oder bei einem Kongreß kennengelernt und einen Artikel über Rudolf Brunngraber hat die Journalistin auch geschrieben. Hilde Schmölzer, die mitgelesen hat, hat sie einmal interviewt, ich kann mich nicht erinnern, die Autorin kennengelernt zu haben.
Es war also eine interessante Veranstaltung und eine Neuentdeckung, denn in Wikipedia findet man nicht sehr viele Werkangaben und über die Erzählung „Im Steingebirg“ ist im Netz auch nicht sehr viel zu finden.
Elisabeth Freundlich wurde jedenfalls als Tochter eines jüdischen Rechtsanwaltes und Arbeiterbankpräsidenten in Wien geboren, studierte Germanistik, Romanistik und Theaterwissenschaften, war nach dem Studium Dramaturgin im neuen Wiener Schauspielhaus. 1938 ging sie über Zürich und Paris nach New York und kehrte 1950 mit Gunther Anders nach Wien zurück, wo ihre Manuskripte nicht gefragt waren. So übersetzte sie und konnte ihre Sachen erst in den Siebziger und Achtzigerjahren herausbringen und „Im Steingebirg“ hat sie, glaube ich, 1944 in Amerika geschrieben. Eine sehr interessante Geschichte die, in dieser Zeit im Salzkammergut spielt.
Da wird ein Dorf beschrieben, das Leben in der Diktatur, auf dem ersten Blick alle gleichgeschaltete Nazis, es gibt nicht sehr viel zu essen, in der Konditorei gibt es nur zwei Stunden Eis und keine Torten, die Männer sind im Krieg, schon die Sechzehn oder Siebzehnjährigen werden eingezogen und man weiß nicht wohin. Statt der Sommerfrischler kommen die Bombenfrischler, eine Frau ist Totenwäscherin und Dienstmann und es beginnt, als ein Mann, ein offenbar überzeugter Nazi nach Hause zu seiner Mutter fährt. Es gibt auch ein Sanatorium, „Hollywood“ genannt, wo sich zwei verwundete Soldaten unterhalten und von einem Hitler-Attentat erzählen und dann werden drei Leute erschoßen. Eine Jüdin mit einem Kind, die offenbar von irgendjemanden versteckt wurde und ein Mann, der sie vielleicht verfolgte. Sehr subtil wird das geschildert, erst nach und nach kommt heraus, was geschehen ist.
Hilde Schmölzer, Andrea Pauli, Judith Gruber-Rizy, Christa Nebenführ und Ruth Aspöck haben sehr gut gelesen. Hilde Langthaler, Elfriede Haslehner, Werner Grüner, Rolf Schwendter, Susanne Schneider und noch einige andere Bekannten war da. Vom Literaturhaus niemand außer Stefan Lotter, der den Büchertisch betreute und Wein ausgab und den habe ich ja am Freitag bei dem „Ausgehoben-Symposium“ gehört, ihn auf seinen Blog besucht und herausbekommen, daß er am Sonntag im CAfe Anno gelesen hat.
Mit ihm habe ich mich ein bißchen unterhalten, mit der Ruth, Richard Langthaler und mit einer Lehrerin, die eine Schulklasse, die auch gekommen war, beobachtete und sich Sorgen machte, ob es ihr gefallen hat?
Mir hat es sehr gut gefallen und freue mich schon sehr auf das Lesen des 1986 in der Buchgemeinschaft erschienenen Romans „Der Seelenvogel“, der den sozialen und ökonomischen Aufstieg einer kleinbürgerlichen Familie schildert, wie ich der Beschreibung entnehme.
Elisabeth Freundlich Aufführung
Werbeanzeigen
Werbeanzeigen