Literaturgefluester

Erstes Allgemeines Nicht-Reise-Buch

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Ich bin ja im Gegensatz zum Alfred eher ein Reisemuffel und so hat mir der einmal vor längerer Zeit, das „Erste Allgemeine Nicht-Reise-Buch“ zu Weihnachten geschenkt und ich habs lange nicht gelesen, weil ich Geschichtenansammlungen nicht so mag, aber jetzt wo die Zeit kommt, wo wir überlicherweise auf unsere Urlaubsreisen gegangen wären, habe ich es herausgepackt und zu den Sommerbüchern getan.
Es ist ein dtv Taschenbuch von 1990. Am Titelbild liegt einer auf deinem Bett mit einem Globusüberzug und liest ein Buch und ein Vorwort über den Reisezwang, das allgemeine Muß, wo die Intellektuellen in die Toskna, die anderen ans Meer reisen und darüber schreiben oder schimpfen, wenn sie im Stau stecken oder die Strände verschmutzt sind, gibt es auch. Die erste Geschichte, die sich darüber lustig macht, des 1804 in Heilbronn geborenen Wilhelm Waiblinger „Picknick in der Peterskuppel“ führt dann nach Rom, dorthin bricht nämlich eine englische Gesellschaft mit Lord, Lady, Kapitän und Mädchen mit rosigen Bäckchen auf. Will in der Kuppel oben natürlich englischen Tee trinken, scheitert an den vielen Kustoden, die allen einen Skudo oder mehr verlangen und mit denen man handeln muß. Der Tee wird dann vergessen, das Wasser gibt es nicht und ein Gewitter zieht auch noch auf.
Theodor Fontane, 1819-1898, plaudert über das „Moderne Reisen“ „Zu den Eigentümlickeiten unserer Zeit gehört das Massenreisen. Sonst reisten bevorzugt Individuen, jetzt reist jeder und jede.“ von Kyffäusern bis Reinhardsbrunn beispielsweise.
Und Ludwig Thoma hat einen Dialog „O Natur“, da stehen zwei im Wald, wo die Christbäume wachsen und sind überwältigen, sie würden ja noch gerne länger bleiben, können aber nicht, denn Morgen muß sie ja zur Schneiderin und Abends in den Rosenkavalier“ und der Holzknecht, den sie fragen, ob er für immer hier lebt, antwortet mürrisch, ja „Am…..“, ja so sind sie Proleten!
Kurt Tucholsky 1890 bis 1935 mokiert sich über „Die Kunst, falsch zu reisen“ und gibt Ratschläge dafür „Verlange alles, vorn die Ostsee und hinten die Leipziger Straße. Ist das nicht vorhanden, dann schimpfe.“ und der „Kleine Prinz“, will vom Weichensteller wissen, was er so mache, während Heinrich Böll von einem erzählt, dessen Aufgabe es wohl ist „Hier ist Tibten! Reisende, die das Grab des Tiburtius besuchen wollen, müssen hier aussteigen…“ im Zug zu sagen.
Dann gehts mit Doris Lessing beziehungsweise einem älteren englischen Ehepaar nach Südfrankreich, denn dort waren sie schon auf Hochzeitsreise und auch sonst ein paar Mal und jetzt, nachdem die Tochter groß ist will es Mary noch einmal versuchen. Es wird ein Flop, der gewohnte Hotelportier nicht mehr im Dienst, die Zimmer zu teuer und einen Sonnenbrand holen sie sich auch, dann geht der Ehemann tauchen, sie lernen ein jüngeres englisches Ehepaar kennen und zerstreiten sich mit ihm beim Abendessen.
Karl Magnus Enzensbergers „Theorie des Tourismus“ klingt sehr kompliziert und Umberto Ecco stellt eine Theorie über das Disneyland auf, bevor und Erich Loest etwas über die Reise, die sein Landsmann Karl May mit Achtundfünfzig 1900/1901 in den Orient unternahm und Andre Heller erinnert alle Reise un-oder auch lustigen, daß die wahren Abenteuer selbstverständlich nur im Kopf stattfinden würden und sonst nirgendswo.
Emma Bombeck „Nur der Pudding hört mein Seufzen“, gibt köstliche Ratschläge, was man machen muß, wenn man eigentlich nach New York, der beste aller Ehemänner aber Campingurlaub machen will und es ständig regnet „Lassen Sie (die Kinder) Spiele spielen, beispielsweise „Papi suchen oder Motorrad begraben (am besten das Motorrad, das die ganze Nach auf dem Campingplatz im Kreis herumfährt.)
Und Hermann Peter Piwitt war in „San Teodoro“, Sizilien auf Urlaub und gibt genauso köstliche Einblicke in die sizilianischen Touristenfallen, währed Hermann Kant, der Ex-Präsident des Ex-DDR- Schriftstellerverbandes, das Buch ist 1990 erschienen, wieder einmal mit seinen Zynismus aufwartet und Einblicke in die schreckliche Nacht eines Messevertreters aus der Freiberger Mulde, der an der Rhone etwas zu vertreten hatte, gibt, der in seinem billig Hotelbett liegt und in der Nacht nicht schlafen kann, weil aus dem Kleiderschrank die Bums-Geräusche des Zimmers drüben dringen.
Jost Krippendorf gibt einen soziologischen Essay „Über die Ferienmenschen“, während Fay Weldon in gewohnt teuflicher Manier eine Gattin von einer Reise mit Mister Pears erzählt, die dann für sie im Rollstuhl endet.
Joseph von Westphalen verrät uns „Warum ich nicht nach Amerika fahre“ und trotzdem über die Schlaglöcher und die Frühstückseier dort Bescheid weiß und in Peter Schmidts Geschichte fährt ein Manager von „Globeair“ mit einem Billigflieger zu einer Billigcharterreise seiner Firma und erfährt auf dieser alles, was er vorher noch nicht wußte. Tama Janowitz lästert in „Sonnenstich“ ähnlich über die Pauschal und Billigreisen, wo man keinen Hummer bekommt und die Oberkellner nicht Französisch verstehen, während die Hütten in den Haiter-Hotelanlagen, alle wie ein Schweizer Chalet a la Heidi aussehen. Karl Heinz Seidl sinniert über den „Urlaub“ und fragt sich warum wir reisen. Könnte man doch „beispielsweise banz bequem zu Hause bleiben, Bücher lesen, Freunde treffen, in schattigen Biergärten Brotzeit machen, spazieren oder in sich gehen-“
Ich denke, daß man es doch der Bildung wegen macht, um hinauszukommen, etwas anderes zu sehen und, daß es auch nicht stimmt, wie Nestroy seinen übersättigten Herrrn von Lips sagen läßt, daß alles überall gleich aussieht, auch wenn natürlich nicht jeder der „als Goethe nach Italien fährtmals Klassiker wieder zurückkommt…“
Auch Sybil Gräfin Schönfeldt meint „Reisen muß verboten werden“ und sehnt sich nach der Sommerfrische, dazu denke ich, daß man, wie ich es tat, beispielsweise in Amerika, Japan, Italien und wo auch immer gewesen sein sollte, um den Wert des eigenen Balkons zu erkennen und, daß ich die Sommerfrische bevorzugt, um zu schreiben nütze, was auch nicht jeder will oder kann, während der 1944 in Dresden geborene Ingomar von Kiseritzky wieder litarischer wird wenn er von den „Unnahmlichkeiten der Reise mit Brant“ erzählt.
Einen Text über die Staus vor dem Gotthardtunnel gibt es auch Paula Almquist gibt eine Auzählung über die Typen, die das Reisen so unvergeßlich machen, während Elfriede Hammerl in „Ein Mann für Manhattan“ vom Kosmopoliten Peter erzählt, der in Rosenheimj, wo er lebt eigentlich stinklangweilig ist, in Manhatan aber, wo er neulich wieder war, offenbar unwiderstehlich und ein Draufgänger erster Sorte.
Andre Heller hält dann noch eine „Rede auf einem Forum für Touristen, während Rober Jungk zum Schluß des Buches den sanften Tourismus will.
Eine Fülle von unterschiedlichen Essays, Texten, Gedichten für und wider das Reisen, die einer, die diesen wunderschönen Sommer fünf Tage auf der Harlander Terrasse, mit dem Fahrrad an der Traisen, schreibend und mit ihren Sommerbüchern verbringt, einen Einblick auf das wie es einmal war und was man wahrscheinlich nicht versäumt gibt.
Der wohlverdiente Urlaub sei jeden gegönnt, eine Sommerreise durch ein Reisebüro gebucht, die einen dann in einen Ferienclub all inclusive bringt, wo draußen die Wächter stehen und die Einheimischen abhält einen anzubetteln oder eine Reise wo man nichts als den Tourismus sieht und pro Nach hundert oder mehr Euro für sein Zimmer zahlen muß, ist aber auch nicht nach meinem Geschmack. Sommerbücher, die auch Reisen schildern aber schon, deshalb habe ich noch einen kleinen Link.

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