Literaturgefluester

2014-01-19

Ein Kind

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:02

Das zweite Buch aus der Abverkaufskiste der Buchhandlung Reichmann ist ein sehr berühmtes, nämlich Thomas Bernhards Autobiografie, die einem der Freunde der Anna sehr gefallen hat.
Mir auch, denn der berühmte Dichter hat ja eine sehr klare Sprache und das was er da von seiner Kindheit berichtet, ist auch sehr beeindruckend, wenn ich auch anläßlich eines Bernhardjahrs einmal einen Germanisten sagen hörte, daß er da in Holland nicht wirklich in einer Hängematte am Meer gelegen hätte. Die typischen Bernhardschen Sprachwenungen, „das Fürchterlichste vom Fürchsterlichsten“ kommen auch gelegentlich vor, sind aber in der Dichtheit der Erzählung als nicht so schlimm zu lesen.
Wieder einmal eine Autobiografie. die mir gefällt, die vom MRR hat es ja auch getan. Ich bin, wie schon beschrieben, kein unbedingter Bernhard-Fan, auch wenn ich vor zwanzig dreißig Jahren seine Romane, wie „Holzfällen“ oder „Alte Meister“ sehr begierig gelesen habe.
Die Erzählung beginnt, als der Achtjährige mit dem Waffenrad seines Vormundes, der sich in dieser Zeit in Kriegseinsatz befindet, Bernhard wurde ja 1931 in den Niederlanden geboren wurde, von Traunstein zu seiner Tante nach Salzburg fahren will.
Er ist von der Schule ausbüchst, denn er ist ein schlechter Schüler, das wird später noch beschrieben, kann nicht radfahren, verletzt sich auch am Bein, schafft es aber bis fast ans Ziel. Nur hat er keine Ahnung von der Adresse der Tante, so geht er in ein Gasthaus, wird dort versorgt und von zwei Buben wieder zurückgebracht. Traut sich in der Nacht aber nicht in das Haus der Mutter, so geht er nach Ettendorf, wo der gebliebte Großvater Johannes Freumbichler in einem Bauernhof wohnt und der bringt ihn dann zurück.
Denn er ist der Liebling des Großvaters und der ist ein Anarchist, hält das Schulschwänzen für nicht so schlimm und alle Lehrer für Idioten.
Thomas Bernhard war ein unehliches Kind, die Mutter, die damit nicht fertig wurde und den kleinen Thomas auch oft schlug, hat ihn in Holland zur Welt gebracht, dort ein Jahr als Hausgehilfin gearbeitet und das Kind auf ein Schiff in Pflege gegeben, dann ging es nach Wien zu den Großeltern, die in der Wernhardtstraße, nahe dem Wilhelminenspitals, wo auch meine Großmutter wohnte, lebte und dann nach Seekirchen am Wallersee.
Das Leben am Land, die katholische Kirche, die Gewalt, die Kinder werden in der Schule und auch zu Hause mit dem Ochsenziemer geschlagen, wird sehr eindrücklich geschildert. Auch die Freunde des kleinen Thomas, aus denen später nichts „Richtiges“ geworden ist, der Gedanke an Selbstmord, werden thematisiert.
In der Schule war er in der ersten Klasse der Liebling der Lehrerin, bei dem späteren Lehrer war das nicht mehr so. In der dritten Klasse ging die Familie der Arbeit wegen nach Traunstein, dort war er der „Esterreicher“, aber das gab es dann ja nicht mehr lang.
So kam der kleine Thomas mit einer Schnürrlsamthose zum „Jungvolk“ und mußte dort singend in den Wald marschieren. Er war auch ein Bettnäßer und die Erziehungsmehtoden waren damals, das naße Leintuch deutlich sichtbar aus dem Fenster zu hängen, so daß es alle wußten.
Eine Frau Dr.Popp schickt ihn dann in ein Erholungsheim, das eigentlich ein Lager für Schwererziehbare ist, die Familie glaubt, es ist im nahen Saalfelden und gibt ihm keinen Proviant mit. Es ist aber in Seefeld in Thüringen und später wird der Dichter nochmals hinkommen, dann ist es ein DDR Erziehungsheim für Schwererziebare, sonst hat sich nichts daran geändert.
Als der kleine Thomas zurückkommt, hat die Mutter die inzwischen verheiratet ist, ein Brüderchen geboren und der Bericht endet, als der Großvater, der auch einen Maler oder Musiker aus dem Enkel machen will, ihn in einer Handelsschule in Passau angemeldet. Er wird dort auch aufgenommen, geht aber nie hin, denn Passau ist das „Fürchterlichste vom Fürchterlichste“n und der Großvater hat sich inzwischen für Salzburg entschieden.
Ein starkes Buch, das mir viel erklärt, obwohl vielleicht nicht alles eins zu eins umzusetzen ist, denn Thomas Bernhard habe ich einmal gehört, hat nicht alles so ernst gemeint, was er geschrieben hat, trotzdem sehr beeindruckend und zu empfehlen, wenn man es noch nicht gelesen hat und sich für den großen österreichischen Dichter, der ja noch bis heute sehr beeindruckt und viele Nachahmer, die in seinem Stil schreiben, findet, interessiert.
Und hier mein „Bernhard-Archiv“ 12345

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