Was jetzt kommt ist keine Falschschreibung des derzeitigen Kultromans der Bachmannpreisträgerin Katja Petrowskaya, sondern der 1961 bei „Insel“ erschienene Roman der ungarischen Schriftstellerin Magda Szabo, der in einer Neuübersetzung Eszter und Angela heißt.
Von der 1917 geborenen und 2007 verstorbenen Schriftstellerin habe ich schon öfter gehört und auch ein Buch gelesen.
„Die andere Esther“ stammt aus dem offenen Bücherschrank, wurde 2009 vom kirchlichen Bibliothekswerk ausgeschieden und vom Verein „Lok“ dem Schrank gespendet. Ich habe es schon vor längerer Zeit gefunden, erst später auf die Leseliste gesetzt und jetzt auf meinen Ungarnaufenthalt mitgenommen. Durch das gerade erschienene Buch der Bachmannpreisträgerin „Vielleicht Esther“ bekommt es auch eine besondere Aktualität, obwohl es natürlich von etwas ganz anderen handelt.
Es ist eine Litatnei, die die Ich-Erzählerin Esther Encsy da vor hält, beziehungsweise ihrem verlorenen Geliebten erzählt.
Esther Encsy, Kind aus einer adeligen Familie, aber dennoch in bitterer Armut aufgewachsen, weil die Mutter einen lebensuntüchtigen und auch kranken Rechtsanwalt heiratete, sich das Leben durch Klavierspielen verdiente und die Tochter, die im Gymnasium und auch auf der Universität einen Freiplatz hat, weil der Großvater ein bekannter Schulgründer war, muß sich ihr Studium durch Nachhilfestunden verdienen, beziehungsweise die Familie unterstützen, was zu seltsamen Situationen führt, da kein Geld für Kleider und Schuhe da ist, die Großmutter dem Kind aber eine kostbare Kette schenkt, die dann nicht aufs Versatzamt getragen darf. Die Schuhe stammen von Tante Irma, sind Esther aber zu klein, so daß sie Hühneraugen bekommt, die sie ihren Geliebten nicht zeigen will, später schneidet sie die Spitzen ab und rennt noch als Studentin in dem Matrosenkleid herum, das zur Schuluniform gehörte.
In dieser Situation wird man boshaft, ist wohl das was Magda Szabo ihre Heldin sagen läßt, die ihren Freundinnen manchmal falsch einsagt und auf Angela, die brave gute, die ihr dann auch den Geliebten wegschnappen wird, entsetzlich eifersüchtig ist.
Die hat immer die besseren Schulbrote und auch ein Reh, auf das die tierliebende Esther eifersüchtig ist, so daß sie es ihr eines Nachts entführt und in den Wald zurückbringen will, am Morgen wird es überfahren am Bahndamm aufgefunden.
Es kommt bald der Krieg, der Vater ist da schon gestorben und die Mutter kann keine Klavierschüler mehr unterrichten, weil es inzwischen eine Musikschule in dem Städtchen gibt. Esther muß ihr Lehrerinnenexamen, sie hat Ungarisch und Latein studiert, im Bombenhagel machen, wird später Schauspielerin und ist ein Mensch, der nicht mehr an das Gute glaubt, beziehungsweise sich ihr Leben lang verstellt und mit seltsamer Härte von den Tücken des Lebens erzählt. Zu einem politischen Umschwung ist es dann ja auch gekommen, wo Esther ihren Lebenslauf schreiben muß und man ihr, als Kind einer an sich begüterten Familie auch nicht die bittere Armut glaubt.
Ein interessantes Buch, das ich da gelesen habe und das mich in seiner Eindringlichkeit sehr beeindruckt hat.
Die andere Esther
Werbeanzeigen
Werbeanzeigen