Unter diesem Thema stand die achtzehnte Literaturwerkstatt, die seit acht oder sind es schon zehn Jahre in der „Gesellschaft für Literatur“ unter Semier Insaif stattfindet. Ich habe nur eine davon gehört, wo ich Laura Freudenthaler, Elisabeth Klar und Kathrin Primetzhofer kennenlernte.
Nadine Kegele habe ich damals schon vom Volksstimmefest oder von Angelika Reitzers „Textvorstellungen“ gekannt und heute traten die drei Erstgenannten ohne sie auf, die sich vielleicht in Klagenfurt befindet, wo sie ja seit Mai Stadtschreiberin ist.
Wieder junge Leute im Publikum, die ich nicht kante und eine junge Frau, die einer anderen auf ihrem Handy, das Cover eines, ihres bei „Residenz“ erscheinenden Buches zeigte.
Was mich gleich neugierig machte, denn die „Residenz-Herbstvorschau“ ist ja gestern zu mir gekommen. Ich kannte die junge Frau aber nicht, rätselte dann aus dem Programm, das das vielleicht Elisabeth Klar sein könnte, denn deren Debutroman, der am 4. September oder so erscheinen soll „Wie im Wald“ habe ich mir ja schon bestellt.
Dann kam aber die 1986 geborene Autorin mit den anderen, dem Moderator und Manfred Müller aus dem Autorenzimmer und Manfred Müller erwähnte gleich, daß Elisabeth Klar auf dem Cover der Vorschau zu sehen ist und , daß von einigen anderen Autorinnen der jungen Literaturwerkstatt Wien bereits Bücher erschienen sind.
Von Nadine Kegele die „Annalieder“, von Laura Freudenthaler der Erzählband „Der Schädel von Madelaine“, ich habe von der 1984 in Salzburg geborenen Autorin, die auch die „Leondinger Akademie“ besucht hat, Texte in der „Gute-Gründe-Anthologie“ gelesen, die mir ja Luis Stabauer im Herbst so freundlich überlassen hat, von Theodora Bauer „Das Fell der Tante Meri“, das Anna Jeller auf ihrer Facebookseite sehr lobte.
Sehr produktiv also die Literaturwerkstatt und diesmal stand sie auch unter einem besonderen Thema. Beziehungsweise wurde den Autorinnen ein Bild vorgegeben, das in der Gesellschaft projiziert war und sie sollten einen Text dazu schreiben.
Semier Insaif brachte dazu zwei gegenseitige Meinungen, verriet nicht, von wem das Bild war, auch die Autorinnen schienen es nicht zu wissen und befragte die jungen Frauen vorher und nachher etwas zu den Begriffen „Überspringen“ und „Übersetzen“.
Das Bild war eines, das mir Anfangs gar nichts sagte, eine braune Fläche mit ein paar Pinselförmigen Farbkleksen. Die anderen scheinen ein Gesicht darin gesehen zu haben, mir blieb das verborgen und Laura Freudenthaler, die erste Leserin, erzählte, daß sie Weite und Offenheit gesehen hätte und danach an einem längeren Text, an dem sie schon geschrieben hat, weitergearbeitet hat und der war sehr interessant, ging es darum doch um ein Leben auf dem Land und den „Karl Müller Hof“, wo eine Anna einheiratet, die ein armes Kind gewesen ist, die ihren Vater immer weinen sah, weil er seinen Lohn vertrank, während die Mutter schweigend nähte oder stopfte. Dann kam der Wagner Josef holte sie und es gab bald drei Kinder, zwei Buben und das Fannerl, die von einer Magd beaufsichtigt wird, beziehungsweise sich unter dem Tisch versteckt, während die Mutter in der Küche Teig rührt. Da hätte ich noch eine Perspektive zu dem braunen Untergrund gesehen, sonst aber keine Assoziation zu dem Bild gehabt.
Semier Insaif fragte nach Einfällen und die Zuhörer sahen das Gesicht und Vogelpersepektive auf das Dorf, interessant, interessant.
Ich hätte das Bild abstrakt beschrieben und mir das eigentlich auch von der Veranstaltung, ist ja auch Semier Insaif ein eher abstrakter Lyriker, erwartet.
Die zweite Leserin war Katrin Premtshofer, 1980 geboren und Kunsttherapeutin, die viel mit Figurentheater macht.
Sie hat ihren Text „Max und Eva“ genannt und beginnt damit, das Eva die Wohnung nach einem Streit mit Max verläßt, sie hinterläßt ihm einen Brief, den er nie bekommt, da die demente Nachbarin das Essen am Herd stehen läßt, so daß das Haus abbrennt. Max kommt zurück, sucht Eva und kann sie nicht anrufen, da sein Handy in der Wohnung ist und sie sucht ihn dann auch und die Beziehung geht vielleicht weiter oder nicht.
Interessant interessant, die zwei erzählenden Texte und das Feuer hat mich auch irgendwie angesprochen, obwohl die Klekse auf dem Bild höchstens orange waren. Die Zuseher sahen jetzt Treppen und Semier Insaif, der ja auch Coach und Trainer ist, machte darauf aufmerksam, wie die Wahrnehmungen täuschen beziehungsweise wechseln und eine ältere Dame bedauerte, daß das alles so gegenwärtig sei, sie würde den Tod vermissen, der kam dann mit Elisabeth Klar, wo einer im Schützengraben zu liegen scheint. Jedenfalls hört er die Schüße der Russen und Schritte, stellt sich tot, wird am Arm erfaßt, in seinen Mund wird auch gegriffen und schließlich handelt es sich um eine Schädelverletzung. Er liegt im Krankenhaus und wacht allmählich auf. Sehr sehr spannend die wechselnden Perspektiven, was das mit dem Bild zu tun hat, habe ich wieder nicht verstanden, die Zuhörer sahen aber den Schützengraben und einer Dame fiel Remarques „Im Westen nichts Neues“ ein, an das ich auch gedacht habe und an Felix Mitterers „Sibirien“, was ich in der Verfilmung mit Fritz Muliar ja öfter den Pflegehelferinnen bei den diesbezüglichen Umschulungen im ehemaligen Geriatriezentrum Wienerwald zeigte.
Dann kam wieder Semier Insaif und deckte auf, daß es sich um ein 1934 gemaltes Bild eines Russen handelte, das John Cage um fünfundzwanzig Dollar kaufte, der es „Mediation“ nannte und das sehr klein war, weil er an Arthritis leidend, nur mehr mit zwei Händen malen konnte.
Spannend, spannend, was ein so ruhiges Bild alles auslösen kann. Ich hätte wahrscheinlich eine Pinselgeschichte geschrieben oder nur beschrieben, aber die jungen Frauen der jungen Literaturwerkstatt sind sehr erzählend und sehr phantasiereich, was ich, die ich mich ja in den Neunzehnsiebziger- und Achtzigerjahren, als ich zu schreiben begonnen habe, unter den Experimentellen, die damals die Literaturszene beherrschten, sehr eingeschränkt gefühlt habe, sehr erfreulich finde.
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