Seltsame Frage könnte man denken und den Kopf schütteln, wenn man zu „Wikipedia“ geht oder in einem Lexikon nachliest, daß das ein Begriff aus dem achtzehnten oder neunzehnten Jahrhundet ist, um die adeligen Musiker von den Profi-Musikanten, die um Geld spielten, zu unterscheiden.
Ein Liebhaber, kein Fachmann oder Amateur, was damals nicht abfällig gemeint war, inzwischen aber in der Umgangssprache so gebraucht wird und als Schimpfwort gilt, also nicht das sein kann, was für Blogger gilt, denn das ist ja ein Begriff des einundzwanzigsten Jahrhunderts und wurde durch das Internet hervorgebracht, das ja Demokratie und Meinungsfreiheit für alle bringt.
Sollte man meinen, denn, wenn ich so an meine Bloggerkarriere zurückdenke, gab es da immer wieder Diskussionen, ob die Blogger das denn dürfen? Bücher rezensieren, ihre Meinung sagen und auch die entsprechende Qualität dazu haben
Die erste Diskussion war im Sommer 2010 und wurde durch „Leselustfrust“, eine meiner ersten Lieblingsbloggerinnen ausgelöst, als die Anni Bürkls „Ausgetanzt“ besprach was ihr nicht sehr gefallen hat.
Dann kam die Rezensionsexemplarediskussion in der „Winterfrische“ und ich habe auch immer ein paar Kommentare gehabt, die meinten, daß ich nicht so schlecht schreiben dürfe, weil das den Profi-Schreibern schade, das ist ein Kommentar den ich nicht verlinken kann, weil er in der Spamkiste enthalten war.
Das schlechte Schreiben der Blogger, die wie die Schwammerln aus dem Boden schießen, nicht schreiben können, das aber tun, Leselustfrust hat, glaube ich, auch deshalb mit dem Bloggen aufgehört, weil ihr das mit den Rezensionsexemplaren nicht so gefallen hat und ich habe immer wieder meine Meinung geäußert, daß ich das toll finde, daß so viele Leute schreiben und in den sechs Jahren, die ich meinen Blog nun schon fast betreibe, auch verschiedene Blog-Entwicklungen entdecken können.
Denn da gibt es eine große Vielfalt und Bandbreite, auch einige Moden, die sich ständig ändern, so gab es eine Zeit lang die Awards, die die Blogger unter sich verteilten und auch verschiedene Lesemarathons, Monatsstatistiken und Challenges und durch eine solche bin ich auch zu meiner Leseliste gekommen, die bald wechseln, vielleicht auch, weil sie von den anderen meistens kritisiert werden.
„Ach nicht schon wieder diese Leselisten und Selbstberweihräucherungen!“
Seit ich blogge, hatte ich verschiedene Lieblingsblogs und ich habe auch kein besonderes Problem mit den jungen Frauen, die ihre Chick Lits und Vampirromane lesen und darüber schreiben, Sternchen, Hüte, Bücher, verteilen, Gewinnspiele machen, etc, wenn ich mich auch für anderes interessiere und da derzeit bei Buzzaldrin, die mit ihren Blog viel Anerkennung bekommt, sehr viel kommentiere und bei der bin ich letzten Samstag auch auf eine Diskussion, die in Göttingen stattfand, aufmerksam geworden „Demokratisierung der Literaturkritik – Fluch oder Segen?“, habe „Wow!“ gedacht und „Schade, daß ich da nicht dabei sein kann!“ und mich gewundert, daß Mara Giese, die da ja einiges zu sagen hätte, nicht mitdiskutiert.
Am Podium saßen nur ein mir unbekannter Blogger und ein Medienwissenschafter, den ich schon einmal kennenlernte, weil er einen Artikel über sogenannten V-Logs geschrieben hat und da ein wenig über die jungen Mädchen, die da in kessen Worten ihren „Harry Potter“ präsentieren, herzog.
Mara Giese hat die Veranstaltung am Sonntag besprochen und ich habe wieder etwas über Laienrezensionen gelesen. Da gab es auch einmal ein Interview mit Sigrid Löffler, die sich dagegen aussprach und darüber, daß die Blogger nur die Feuilletons nachahmen würden, was mich ein wenig wunderte, da ich ja bisher immer hörte, daß sie wegen Rezensionsexemplaren bloggen und dann on den Klappentexten abkupfern würden.
Vom Schlechteren des Schlechtten ist etwas gestanden, worauf ich ja ein bißchen traumatisch bin und davon, daß sich der Medienwissenschaftler innovativere Besprechungen wünscht.
Das führte zu einer regen Diskussion, wo ich auch eifrig kommentierte, einige andere Artikel entstanden, denn die Blogger sind inzwischen sehr selbstbewußt, lassen sich nicht mehr alles gefallen und ich fand das meiste sehr qualifiziert und weiß auch, daß die Blogger und ihre Ansprüche sehr verschieden sind.
Da gibt es die jungen Fantasyblogger, wie Studentinnen und auch wahrscheinlich prekär beschäftigte Literaturwissenschaftlerinnen, die sich Visitenkarten drucken lassen und das Sprungbrett in den Literaturbetrieb suchen, Leute die Bücher rezensieren, über den Literaturbetrieb schreiben, Autorinnen, Dozentinnen, wahrscheinlich auch Hausfrauen, Mütter in Karenz und und…
Meistens sind es Frauen, die über das Lesen bloggen, ein paar Männer sind auch dabei und am Abend schaltete sich der 1973 geborene Harun Maye ein, lobte an sich die Blogger, rief sie aber zu einem „Fröhlichen Dilettantismus“ auf und gab einen entsprechenden Link, der beweisen sollte, warum das etwas Schönes sei, was meinen Widerstand erregte und ich auch nicht ganz verstehen kann, wieso Blogger Dilettanten wären, weil es ja einige gibt, die damit Geld verdienen wollen, einige, die studiert haben, wobei es auch kein Berufsbild des Bloggers gibt, daß das aber alle nur zu ihren Hobby und zu ihrer Freude machen, glaube ich auch wieder nicht und vor allem leben wir nicht mehr im neunzehnten Jahrhundert und könnten einen zeitgemäßeren Ausdruck, für diese Beschäftigung finden, die vielleicht in der Freizeit und freiwillig geschieht, wenn wir schon einen solche brauchen.
Ich würde den Lebensstil dem Hobby vorziehen, weil das auch ein wenig abwertend klingt und wenn es sein muß, kann man auch autodidaktisch sagen, obwohl es nicht ganz klar ist, warum man für Menschen die öffentlich ihre Meinung über Sachen, die sie interessieren, äußern, unbedingt einen eigenen Ausdruck braucht, das Wort Bloggen oder Internet-Tagebuch spricht ohnehin für sich, aber natürlich verstehe, daß das Bedrohung und Widerstand erregt und nicht immer, wie es sollte, anerkannt wird, was ich eigentlich sehr schade finde.
Da wird von der angeblich schlechten Qualität gesprochen, statt sich darüber zu freuen, daß es da jetzt so viel Vielfalt gibt und jeder seine Meinung schreiben kann und schade finde ich, daß bei solchen Diskussionen über die Blogger geredet wird und viel zu wenig Betroffene eingeladen werden, selber ihre Meinung sagen. Warum sitzen da eigentlich nur Männer auf dem Podium, die vielleicht nicht wirklich sehr viel Ahnung über das Bloggen haben?
Daß die bloggenden Frauen das können, hat ja die Diskussion bei Buzzaldrin bewiesen, auch wenn ich mich ein wenig wunderte, daß das „Lob des Dilettantentum“ so hingenommen wurde und sich außer mir niemand darüber aufregte und Mara Giese, die sich ja outete, daß sie gerne mit Dennis Scheck „konkurrieren“ würde, sich gleichzeitig, als eine solche bekannte, was eigentlich ein seltsames Mißverhältnis ist.
Es gab schon einmal eine Diskussion, wo jemand schrieb, es würde keine Literaturblogs geben und nur einen Englischsprachigen zitierte, obwohl damals eine große Bloggeraktion lief und ich auf der anderen Seite immer das Stöhnen darüber höre, daß heute schon Krethi und Plethi bloggt!
Schön, denke ich, da kann man sich ja das Passende nach seinem Geschmack aussuchen und vielleicht sollte man auch einen Wettbewerb ausrufen, um ein Ersatzwort für den „Fröhlichen Dilettanten“ zu finden, der meiner Meinung nach nicht stimmt, nicht passend ist und mir nicht gefällt.
Ich habe auch nichts gegen die Professionalität, da ja jeder nur das schreiben wird, worüber er was weiß und ihn interessiert und wenn ich meine Meinung zu einem Buch sage, brauche ich kein Hochschulstudium und Literaturkritik werden die meisten Blogger auch nicht betreiben wollen, sondern ihren Spaß haben, ohne gleich „dilettantisch“ zu sein.
Ich verstehe mich jedenfalls als schreibene Frau und blogge, um mich zu präsentieren, meinen Schreibprozeß darzustellen und so weiter und so fort.
Die Bücher bespreche ich als Erinnerungshilfe, das betrifft auch die Veranstaltungen und ich betrachte mich nicht als Dilettantin, obwohl das bei mir, da ich ja Psychologie und nicht vergleichende Literaturwissenschaft studierte, noch am ehesten zutrifft.
Ich lebe auch nicht davon und will nichts verdienen, aber eine Dilettantin bin ich nicht, weil ich im einundzwanzigsten Jahrhundert lebe und sich das im Internetstil ein wenig moderner ausdrücken lassen müßte und es wundert mich ein wenig, daß es nicht längst schon einen trashigen englischen Ausdruck dafür gibt, wie das auch in anderen Bereichen so passierte und auch, daß ein 1973 geborener Medienexperte, wenn er sich über die Bloggerlandschaft äußern soll, nichts als einen anachronistischen Ausdruck dafür findet, der für komponierende Fürsten des achtzehnten Jahrhunderts erfunden wurde, wenn er sie loben will, was ich schon glaube und nicht an die abwertende Bedeutung denken will, die dieses Wort heute hat. Interessant ist das aber schon und vielleicht bekomme ich auch ein paar Kommentare dazu, denn ich gehöre auch zur Bloggerszene, auch wenn ich manchmal ein bißchen in ihr zu verschwinden scheine.
Sind Blogger Dilettanten?
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