Der 1947 in Rio de Janeiro geborene Autor Paulo Coelho ist für seine esoterisch spirituellen Geschichten bekannt, „Meister der Sehnsuchtsfabeln“, steht am Buchrücken, andere mögen es kitschig und für nicht sehr literarisch halten, Coelho ist jedenfalls ein Bestsellerautor und einer, der schon vor Jahren, seine Werke zur freien Entnahme auf seine Website stellte, wie ich hörte, in den Bücherschränken ist er auch sehr oft zu finden, so habe ich „Elf Minuten“ gelesen, „Veronika beschließt zu sterben“, den „Jakobsweg“, anderes, darunter auch ein Buch über bzw. Gespräche mit dem Meister stehen noch auf meiner Leseliste und „Der Dämon und Fräulein Prym“, ist Teil der 2000 erschienenen Diogenes-Jubiläumsausgabe, eine Fabel über das Gute und das Böse und die Kämpfe der Engel mit den Dämonen oder umgekehrt.
Ferdinand Raimund hatte ja auch einmal so ein Thema und Friedrich Dürenmatt bei seiner „Alten Dame“. Die wird von Coelho auch zitiert, als er seinen Fremden, schön vom Dämon begleitet, das kleine Dörfchen Bescos, das nicht viel mehr als eine Kirche und ein Hotel hat, betritt.
Die alte Witwe Berthe sitzt vor ihrem Haus und sieht ihn das Dorf betreten, er nimmt im Hotel Quartier, macht falsche Angaben über seine Person und dann seinen Rucksack in dem elf Goldbarren stecken und sich mit ihnen auf den Weg in den Wald, um sie zu begraben, dann geht er zu Fräulein Prym, der Kellnerin, die auch manchmal mit den Gästen ins Zimmer geht, zeigt ihr das Gold und sagt, sie bekommt einen Barren, wenn sie dem Dorf ausrichtet, sie bekämen die anderen, wenn sie dafür einen Mord begehen.
„Kennen Sie Dürenmatt?“
„Ja!“, lügt Chantal und kennt ihn nicht. Sie läßt sich für ihre Botschaft auch drei Tage Zeit, versucht inzwischen mit ihrem Barren das Dorf zu verlassen, was nicht gelingt, denn dieses wird von verschiedenen Fabeln, wie dem verfluchten Wolf, den Heiligen und Athab dem Räuber, der von ihm bekehrt wurde, beherrscht, so erzählt sie dem Dorf am dritten oder vierten Tag doch die Geschichte, das Ganze soll innerhalb einer Woche passieren und die Dorfhonoratoren, der Bürgermeister, seine Frau, der Pfarrer, die Wirtin und noch zwei andere werden aktiv, beginnen von der Opferung zu sprechen, wählen die alte Berthe aus, der Pfarrer entpuppt sich, wie zu erwarten als scheinheiliger Widerling und Chantal marschiert noch einmal zum Barren, um das Dorf zu verlassen, was wieder nicht gelingt, denn die Engeln und die Teufeln streiten in ihrer Seele. Berthe wird indessen zuerst von ihrem toten Mann und Chantals ebenfalls verstorbener Großmutter heimgesucht, dann von der Wirtin und der Bürgermeisterin, schließlich wird sie vom Pfarrer betäubt und zum Richtplatz getragen, die Männer zücken die Gewehre, da kommt Chantal angelaufen, ruft „Halt!“, erzählt den Männern wieder eine Fabel, läßt sich vom Fremden schließlich das Gold überschreiben und verläßt das Dorf.
In einem Nachwort erzählt Coelho noch, wie er auf die Idee zu dieser Geschichte gekommen ist und ich, die ich nicht besonders esoterisch bin, habe ein paar Gedanken mitgenommen, denn natürlich weiß man bei solchen Geschichten, das Böse wird siegen, bei Dürenmatt ist es, glaube ich, so, bei Coelho dem esoterischen Geschichtenerzähler natürlich nicht, aber wenn einer kommt und die Leute auf eine solche Probe stellt, werden sie schwach, in der Fabel, in der Literatur, im wahren Leben, wo es ja unbestritten auch sehr viel Böses gibt, scheint das aber nicht zu funktionieren, zumindest ist da noch niemand auf die Idee gekommen, also sieht man wieder die Macht der Literatur und der Überhöhung, aber ich bin nicht religiös und obendrein auch sehr pessimistisch veranlagt, so daß ich nicht an das Gute im Menschen glaube.
Der Dämon und Fräulein Prym
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