Literaturgefluester

2014-08-21

Amazon-Bashing

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:34

Da habe ich während ich im Elsaß Rad fuhr, Wein verkostete, etc, offenbar etwas versäumt, nämlich die Empörung der Schriftsteller, Verlage, etc gegen „Amazon“, den bösen Monopolisten, der zwar, was ich eigentlich sehr toll finde, den Selbstpublishern Tore und Türen geöffnet hat, aber offenbar auch die Verlage verdrängen oder abschaffen will, schlechte Arbeitsbedingungen hat, etc.
Denn da gab es einige Briefe von deutschsprachigen und auch amerikanischen Autoren, die sich gegen den Monopolisten und seine Praktiken empörte und auch eine Umfrage an Autoren, ob sie bei „Amazon“ kaufen und ihre Bücher dort vertreiben lassen?
Und die ist sehr interessant, zeigt sie nämlich wieder einmal sehr deutlich das menschliche Wesen, daß zuerst fast alle, mit Ausnahme von Kathrin Passig, die da offenbar sehr fortschrittlich ist „Nein!“, schreien.
„Da kaufen wir natürlich nicht oder höchstens mal ein englisches Buch, das wir sonst nicht bekommen würden!“
Aber wenn es um die Frage geht, ob sie ihr eigenes Geschäft mit dem Riesen machen wollen, ist es wieder differenzierter und die Antwort heißt „Na ja, das können wir nicht entscheiden, beeinflußen, im Prinzip nicht aber, etc!“
Daß sich die Buchhandlungen schon lange gegen den Versandhandel des Riesens zur Wehr setzen, ist bekannt, fürchten sie ja um ihr Geschäft, beziehungsweise, um ihre Buchhandlungen, die eingehen könnte, wenn keiner mehr in die schöne liebe kleine Buchhandlung gehen würde, weil der Riese viel schneller versendet und sagen dann „Wir können das auch, wir bezahlen das Porto, kommt doch zu uns, wir beraten euch!, etc!“
Das das dann ein wenig schwierig ist, wenn man beispielsweise in eine Wiener Buchhandlung geht und nach den Leseproben des deutschen Buchpreises fragt, habe ich vor fünf Jahren erfahren, heuer aber in Ansbach wieder eine viel positivere Erfahrung gemacht und ich kaufe eigentlich nicht bei „Amazon“ nur einmal habe ich einen Buchgutschein dafür gewonnen und ihn eingelöst, was wie ich mich erinnern kann, auch etwas schwierig war, weil das gewünschte Buch nicht lieferbar, nicht vorhanden, etc.
Die anderen tun das aber, glaube ich, schon sehr gerne, so nehme ich um Weihnachten öfter die „Amazon Päckchen“ meiner Nachbarn entgegen, der Alfred tut es auch und sagt ebenfalls, daß die englischen Bücher sonst nicht zu bekommen sind.
Ich kaufe, wenn ich kaufe, in den Buchhandlungen, da aber fast ausschließlich aus den Abverkaufskisten, die ein bis zwei Euro Bücher. Da kann man jetzt einiges dagegen einwenden, ich weiß, ich tue es aber trotzdem, würde mich also als eine Buchhändler-Kundin bezeichnen und am „Welttag des Buches“ war ich auch bei der Anna Jeller, um mir dort ihr „Blind Date“, eines ihrer verpackten hundert Leseexemplare abzuholen und sie war auch nicht so besonders freundlich zu mir, konnte aber auch nicht wissen, daß ich eine ihrer indirekten Kundinnen bin, denn der Alfred kauft bei ihr, was ich mir zu Weihnachten und zum Geburtstag wünsche.
Die engagierte Buchhändlerin und Krimiautorin Petra Hartlieb ist ja eine besondere Amazon-Bekämpferin, denn sie rühmt sich damit, die Leute, die sie mit „Amazon-Päckchen“ auf der Straße oder am Postamt sieht, darauf anzusprechen und zu fragen „Entschuldigen Sie, ist da ein Buch darin und warum kaufen Sie das nicht in der kleinen lieben Buchhandlung!“
Das, denke ich mir, geht zu weit und auch, Sibyille Lewitscharoffs Eröffnungsrede zur „Buch Wien“, wo sie dem Internetriesen alles Böse wünschte, hat mir nicht gefallen.
Damals hat sie, glaube ich, von den Buchhändlerin großes Lob bekommen, seit der „Dresdner Rede“, wo sie Retortenkinder als Halbwesen bezeichnete, ist das aus und wird jetzt selbst als „alberne schwäbische Hausfrau“ bezeichnet und ich denke, man sollte das Ganze, differenzierter sehen, obwohl ich natürlich den Kampf des Davids gegen den Goliath verstehen kann und eigentlich gar nichts dagegen sagen sollte, denn ich kaufe keine Bücher zum Normalpreis, bin eine große Freundin der offenen Bücherschränke, freue mich, daß es sie gibt und die werden ja, glaube ich, sogar vom Hauptverband des Buchhandels unterstützt und der unterstützt auch mich und läßt mich jedes Jahr gratis auf die „Buch-Wien“, denn ich bin eine Leserin und denke auch immer, daß das das Wichtigste ist, obwohl ich die Kämpfe gegen die Giganten, die alles andere vom Markt wischen wollen, verstehen kann.
In meinen Fall ist das aber wieder anders, denn ich habe ja sehr darunter gelitten, daß die Leute meine Bücher nicht ansehen und „Pfui, Eigenverlag wollen wir nicht!“, sagen und das hat sich, glaube ich, durch „Amazon“ sehr geändert. Denn da kann ja jetzt jeder, sehr leicht und einfach, wie ich immer höre, seine Bücher selbermachen und bekommt noch siebzig Prozent dafür und einige Autoren, wie Martina Gercke, Bela Bolten etc sind ja auch sehr erfolgreich dabei.
Ich selber habe mich noch nicht dazu durchgerungen das zu tun und auch die „Brüderschaft“, die vor zwei Tagen erschienen ist, gibt es nicht auf „Amazon“ sondern nur über mich zu bestellen und als gedrucktes Buch, weil mich da vielleicht schon ein bißchen die kapitalistischen Strukturen abschrecken, vielleicht ist es auch mein Masochismus oder der Gedanke, daß, das wahrscheinlich ohnehin nichts bringt und man die Bücher auch bei mir bestellen kann und wenn es auf meiner Website nicht geht, warum soll es dann ausgerechnet bei „Amazon“ passieren?
So rufe ich also wieder zur mehr Toleranz und natürlich zu mehr Lesen auf und denke, es ist ganz egal, wo man seine Bücher bestellt. Man kann sie sich auch aus den Bücherschränken ziehen oder aus den Bibbliotheken ausborgen und muß auch nicht immer nur das Gewinnerbuch des dBps lesen, sondern kann das auch mit einem aus der Hotlist oder einem Selbstgemachten tun. Wahrscheinlich sollte man auch da mischen und es wird auch unfreundliche Buchhändler geben, die nicht wissen, was der deutsche Buchpreis ist und mit ihren Lehrlingen ausbeuterisch umgeben.
Das Lesen ist wichtig und das Schreiben, aber natürlich auch das gut und solidarisch miteinander handeln und wenn man am Land lebt und keine Buchhandlung in seiner Nähe hat, sollte man sich nicht heimlich auf das Postamt schleichen müssen und „O je, da kommt die Frau Hartlieb, schnell weg!“, sagen müssen und natürlich sollte man schlechte Arbeitsbedingungen und ausbeuterische Methoden kritisieren und zu verändern versuchen.
Die Frau Hartlieb hat übrigens auch ein Buch über ihre Buchhandlung geschrieben, das demnächst erscheinen wird oder schon erschienen ist und über das ich mich sehr freuen würde, wenn ich es in einem der offenen Bücherschränke finden sollte.

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