Literaturgefluester

Pixel oder Papier?

Werbeanzeigen

Ich gehe nicht mehr sehr oft zu den Wiener Vorlesungen, dieser sehr prominenten Veranstaltungsreihe, die Hubert Christian Ehalt, im Wiener Rathaus und auch an einigen anderen Veranstaltungsorten zu den verschiedensten kulturpolitischen Themen veranstaltet, nur wenn es ins literarische Programm passt und man es flüstern kann, könnte man so sagen, habe ich ja mit der „Alten Schmiede“, dem Literaturhaus, der „Gesellschaft für Literatur“ etc, genug zu tun.
Aber diesmal war so ein Abend, ging es doch um die Frage, ob das E-Book das gedruckte Buch ersetzen kann und wird?
Eine Frage die ich oder die mich schon seit einigen Jahren verfolgt und wo ich schon die unterschiedlichsten Diskussionen hörte und sich inzwischen zwischenzeitlich sicherlich auch sehr viel verändert hat.
Die letzte Diskussion, wenn man einmal von Wolfgang Tischers Buchmessenpodcast, der ja ein unbestreitbarer Vorreiter für das E-Book und das Selfpublishing ist, absieht, war bei „Rund um die Burg“ mit Petra Hartlieb und einigen anderen.Ich habe deshalb auch die ersten beiden Runden der Lyrikbim versäumt und das später sehr bereut, denn außer Petra Hartlieb fulminanten Kampf gegen den bösen „Amazon“ war nicht sehr viel Neues zu hören.
Diese Diskussion dafür sorgte schon Professor Ehalt, der ja ein wirklicher Intellektueller ist und sehr gut formulieren kann, war sicherlich viel anspruchsvoller und das Podium mit drei Damen, die das literarische oder bibliophile Lebens Wien, wie der Professor formulierte, besetzt.
Petra Hartlieb, die Buchhändlerin und Krimiautorin, die jetzt auch ein Buch über ihre Buchhandlung herausgegeben hat, Julia Danielczyk vom Kulturamt der Stadt Wien, die glaube ich, vorher in der Wien-Bibliothek tätig war, zuständig für die literarischen Förderungsansuchen, Erfinderin der „Literatur im Musa“ und, wie ich glaube, literarisch sehr engagiert, sehe ich sie doch öfter bei literarischen Veranstaltungen, wenn die Eröffnungsreden schon vorbei sind und sie eigentlich nicht mehr dort sein müßte und Martina Schmidt, die Leiterin des Deuticke Verlags.
Ein prominentes Podium für wahr und die Reihen in dem schönen Festsaal im alten Rathaus gar nicht einmal zu besetzt.
Margot Koller habe ich gleich beim Eingang getroffen, ist sie doch schon wegen der GAV-Sitzungen am Freitag und am Samstag nach Wien gekommen und Hubert Christian Ehalt leitete auch ohne die obligatorische „Amazon“ Beschimpfung ein, sondern stellte zuerst die Frage nach der Lesebiografie und meinte dazu, daß seine Studenten keine mehr hätten oder sie ihm nicht preisgäben. Aber vielleicht haben sie nicht Foucault oder Proust gelesen sondern Karl May und das darf man vielleicht nicht sagen.
Martina Schmidt und Julia Danielczyk haben aber zuerst Enid Blyton und später Proust gelesen. Petra Hartlieb kam nicht aus so einem leseaffinen Haushalt und ich eigentlich auch nicht oder schon, hat mich der Bücherschrank, der zuerst im Wohnzimmer und später im Schlafzimmer meiner Eltern stand, als meine Schwester in das Wohnzimmer übersiedelte, sehr geprägt und meine Leserbiografie sicher auch durch die Schulbibliothek.
Die städtischen Büchereien haben mich nicht sehr begeistern können, erinnere ich mich da eher an verknöcherte älteren Damen, die sagten „Du darfst pro Woche nur einen Krimi lesen!“
Aber „Onkel Toms Hütte“ hat mich sehr geprägt, später dann der „Don Carlos“, man kann das vielleicht auch psychologisch deuten und dann habe ich lange und sehr intensiv Hedwig Courths Mahler gelesen und behaupte, daß man dabei ein Berlin Bild der Zwischenkriegszeit bekommt, was man sonst nicht so leicht findet.
Nach der Matura habe ich viel Thomas Mann gelesen und Doderer, Thomas Bernhard folgte, den ich jetzt nicht mehr so gut aushalte und inzwischen lese ich mich ja sehr intensiv durch den literarischen Krautgarten der Gegenwartsliteratur, kenne hier eigentlich keine Berührungsängste.
Der Proust ist bisher an mir vorbei gegangen, an den Kafka nähere ich mich sehr vorsichtig an und ich lese, da ich ja eine Sammlerin bin und die Bücherschränke sehr eifrig frequentiere, vorwiegend analog, obwohl ich nicht rieche taste schmecke und diese Vergleiche eigentlich recht blödsinnig finde, glaube ich schon, daß ein PDF kein Buch ist, obwohl ich sie schon gelesen habe und man sie auch lesen kann.
Ich habe im Vorjahr einen E-Bookreader zu Weihnachten bekommen und den inzwischen ziemlich verstauben habe lassen, im Dezember staube ich ihn aber ab und lese daraus, wenn er noch funktioniert, Charles Dickens „Weihnachtsmärchen“, weil das dort enthalten ist.
Hubert Christian Ehalt stellte viele sehr gewichtige Fragen und wies auch auf ein Symposium hin, zu dem die Vorlesung sozusagen den Auftakt bildete.
„Zurück in die Zukunft- digitale Medien und historische Buchforschung“ kann man sich morgen und übermorgen in der Wienbibliothek geben. Leider bin ich da schon ziemlich ausgebucht, aber ich bin ja eine, die sich ohnehin sehr viel und oft im Internet aufhält, über das E-Book und die Selfpublishingtendenzen eigentlich Bescheid weiß und auch weiß, daß der „Hanser Verlag“ inzwischen die „Hanser Box“ gestartet hat, eine E- Bookreihe mit kleinen feinen Texten, die jeden Mittwoch nur im Netz erscheinen.
Martina Schmied hat dagegen ihren Kindle bereitwillig ihrer Kollegin überlassen und macht E-Books nur, weil sie es muß, ähnlich wie Petra Hartlib, deren neues Buch auch als e-Book und auch bei „Amazon“ erscheint und ich stelle es mir sehr interessant vor, ihr mit dem „Amazon -Päckchen“ am Postamt zu begegnen, sie mich fragt, „Was haben Sie denn da Böses!“ und ich „Ihr Buch!“, antworte.
Eine Frage, die natürlich Utopie ist, denn ich kaufe nicht beim „Amazon“, ziehe die „Wunderbare Buchhandlung“ höchstens aus dem Bücherschrank, aber dann würde ich sie natürlich sehr gerne lesen.
Julia Danielcyk ist dem E-Book aufgeschlossener, als die beiden anderen Damen. Sie scheint es zu verwenden, aber auch einige Gefahren darin zu sehen und die Diskussion war auch sehr interessant, weil sich sehr viel Fachpublikum, das sehr differenziert fragte oder erzählte, im Saal befand.
Ein Herr rief wieder zum lokalen Kaufen auf und eine PEN-Autorin erzählte über ihr Schreiben. Ein Buchforscher war da, dem das Symposium gewidmet ist und ich denke, daß wir alle noch nicht wirklich wissen können, wie die Veränderung im Buchmarkt verläuft.
Ein Problem ist auch das Lesen, wenn wir zwanzig oder dreißig Prozent funktionale Analphabeten erzeugen und die noch durch Handies, SMS und anderes abgelenkt sind, werden sie vielleicht nicht mehr freiwillig zu so etwas Altmodischen wie einem Buch greifen.
Es gibt aber auch Internetromane mit neuen spannenden Möglichkeiten und da schieden sich auch die Ansichten am Podium, aber spannend, daß einige Leute im Publikum sagten, daß das für sie keine Frage des „entweder oder“ sondern des „und“ wäre, im Urlaub die Flaterate mit den sechshundertausend Büchern im Kastel, da denke ich auch, daß man die in zwei Wochen gar nicht braucht und zu Hause das gute schöne Buch, Margot Koller, mit der ich mich manchmal dazwischen unterhielt und vielleicht dadurch die Nachbarn störte, bemerkte eine Renaissance von bibliophilen Ausgaben und Petra Hartlib erzählte von einem Zugerlebnis, wo sie mit einem Krim im Abteil saß und ein älterer Herr im Kindle zwischen zwanzig Büchern zappte.
Aber eine Anleserin bin ich auch nicht, ich lese das Meiste fertig und ein wenig wurde auch davor gewarnt, daß die Autoren bei der Flatrate nur ihr Honorar bekommen, wenn die Leser mehr als zwanzig Seiten lesen, da folgte dann wieder die Warnung vor dem gläseren Menschen, die auch Julya Danielcyck ernst nahm und bei Wolfgang Tischer habe ich vorige Woche ja von Autoren gehört, die den Kontakt mit ihren Lesern auf ihren Websites und Leserunden suchen und sie über den Ausgang und Fortführung ihrer Romane mitbestimmen lassen.

Werbeanzeigen

Werbeanzeigen