Literaturgefluester

Marie Ebner von Eschenbacht entstaubt

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Marie Ebner von Eschenbach, eine der adeligen Frauen des vorvorigen Jahrhunderts, die als Schriftstellerinnen in die Öffentlichkeit traten, in den Schulbüchern zu finden waren und auf den Geldscheinen und die jetzt Anfang des einundzwanzigstes, wo viel mehr Frauen schreiben und es den Adel nicht mehr wirklich gibt, in Vergessenheit geraten, beziehungsweise dank den Damen des „Residenz-Verlags“ jetzt in einer vierbändigen Leseausgabe wieder aufgelegt werden.
In der Straßergasse haben wir mit der Frau Professor Friedl, die Geschichte mit dem Muff gelesen, die sehr beeindruckend war.
Ist das „Krambambulli“ oder nicht, das weiß ich eigentlich gar nicht wirklich? In der Schreibwerkstatt der Eveline Haas, die ich ja ab 2000 einige Zeit besuchte, haben wir einen Text von ihr als Vorlage zu einer eigenen Arbeit genommen, es könnte das „Gemeindekind“ gewesen sein, auch das weiß ich nicht mehr so genau und als ich für die Ruth Aspöck den Text zu „Poesie und Brotberuf“ geschrieben habe, habe ich mich auch auf sie bezogen.
Bei der Betty Paoli-Veranstaltung wurde sie, glaube ich, erwähnt und in den Schränken habe ich vor einiger Zeit das „Gemeindekind“ gefunden und auf meine Leseliste gesetzt.
Aber ansonsten ist das neunzehnte Jahrhundert schon lange her und der Adel sowieso von mir sehr weit entfernt.
Dann habe ich wahrscheinlich in der „Residenz“ Vorschau von dem Buchprojekt gelesen, die 1830 geborene Dame, die wir eigentlich nur als alte Frau, bzw, als Matrone kennen, ist ja 1916 gestorben und feiert bald ihr Jubeläumsjahr beziehungsweise ihren hundertersten Todestag. Dann habe wir die Bertha von Suttner, die wir ja heuer feierten, wahrscheinlich wieder vergessen, der „Residenz-Verlag“ wandte sich aber an die „Wien-Bibliothek“, die 1930 um zehntausend Schilling den Eschenbach Nachlaß von ihrem Neffen aufkaufte und an Daniele Striegl, Eveline Polt Heinzl und Ulrike Tanzer, um bis dahin eine vierbändige Leseausbgabe herauszugeben.
Zwei Bände sind inzwischen schon erschienen und wurden heute in der „Wien-Bibliothek“ vorgestellt. Die Idee war Marie von Ebner von Eschenbach und ihr sozialkritisches Werk, das sich mit der Frauenfrage und der sozialen Ungleichheit beschäftigte, zu entstauben und auch von einem eventuellen Kitschverdacht zu befreien und da es im Handel offenbar nur mehr die „Reclam-Ausgaben“ für die Schulen gibt, in den drei Bänden, der vierte ist, glaube ich, eine Biografie, die Daniela Strigl schreiben wird, ein bekanntes einem unbekannten Werk gegenüberzustellen.
So gibt es in Band eins „Aus Franzenbad“ und „Das Gemeindekind“. In Band zwei ist „Lotti, die Uhrmacherin“ und „Unsündbar“ erschienen.
Alfred Pfoser eröffnete, dann kam Claudia Romeder vom Verlag und danach stellten die drei Germanistinnen, die zwei Bände vor und erzählten etwas aus dem Leben der Baronin Ebner von Eschenbach, die als Dramatikerin begonnen hat, mit achtzehn einen um siebzehn Jahre älteren Mann geheiratet hat oder heiraten mußte und sehr bedauerte, daß sie nicht, wie ihre Brüder Latein und Griechisch lernen durfte, sondern wahrscheinlich Französisch und Klavierspielen und dann kam als erstes die Brieferzählung „Aus Franzensbad“, wo sich sich über die Gesellschaft lustig machte und die Frauen, die so lange Kleider trugen, daß man ihre Füße nicht mehr sieht.
Ihrem Mann dürfte das nicht so gefallen haben und einige Freundinnen haben sich von ihr, wie sie in ihrem Tagebuch schrieb, deshalb abgewandt, mit dem „Gemeindekind“ konnte sie ihren Moritz dann wieder aussöhnen. Er hat das Buch in zwei Tagen ausgelesen. In der Wien-Bibliothek las die Schauspielerin Gerti Drassl, die Textbeispiele. Da sind zwei Kinder, die der Gemeinde zu Last fallen, weil ihre Eltern ins Gefängnis kommen, das Mädchen kommt zur Schloßherrin in Pflege, der ältere Bruder zu einem Trinker und kann sich offenbar trotzdem emanzipieren bzw. behaupten.
In „Lotti, die Uhrmacherin“ wird dann 1880, eine weibliche Meisterin und unverheiratete Frau geschildert, was wahrscheinlich auch sehr ungewöhnlich war und in „Unversöhnbar“ geht es um den Ehebruch.
Arthur Schnitzer hat ständig zeitgleich darüber geschrieben, einer adeligen Dame nahmen die Kritiker das offenbar nicht so ab, die Ebner Eschenbach wurde offenbar auch sehr kritisiert und ist als sozialkriitsche Autorin in die Literaturgeschichte eingegangen. War um Neunzehnhundert sehr berühmt und ist inzwischen offenbar nur mehr in den Schulbüchern zugängig.
Der „Residenz-Verlag“ und die drei Germanistinnen finden sie aber sehr frisch und zeitgemäß und so haben sie sie entstaubt und ich fand es sehr interessant, mich nach der Bertha von Suttner jetzt vielleicht auch mit der Ebner von Eschenbach zu beschäftigten.
Peter Henisch war im Publikum, Eva Geber, Julia Danielczyk und dann die, die sich bei Wein und Brot mit mir unterhalten und mit mir reden. Es gab auch einen Büchertisch, aber ich habe ja das „Gemeindekind“ auf meiner Liste und vielleicht werden auch die anderen Bücher zu mir kommen. Vor allem die Biografie wäre ja sehr interessant.

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