Literaturgefluester

2015-01-03

Adam und Evelyn

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:05

Das erste Buch im neue Jahr von der Harlander Bücherliste passt gut zu fünfundzwanzig Jahre Mauerfall, der ja im letzten Jahr gefeiert wurde.

Ingo Schulzes „Adam und Evelyn“, der 2008 auf der Shortlist des dBp stand und wahrscheinlich etwas leichter zu lesen ist, als das damalige Gewinnerbuch, „Der Turm“, ein Buch von der „Thalia- 3.99 Kiste“, wo mir der Alfred, 2012, glaube ich, einen Stoß kaufte, den ich dann ganz langsam abgelesen habe.

2015 ist die letzte Tranche daran und den 1962 in Dresden geborenen Ingo Schulze habe ich wahrscheinlich nach der Wende in der „Alten Schmiede“ kennengelernt, wahrscheinlich hat der da seine „Simplen Stories“ vorgestellt, wo mich der Werbeträger in Fisch- oder anderem Kostüm sehr beeindruckt hat.

„Neue Leben“ habe ich 2008 auf die hohe Tatra mitgenommen und ein paar Bücher habe ich von ihm, glaube ich auch, gelesen, aber offenbar noch nicht gebloggt, so ist dieser Wenderoman, auf den ich jetzt lange gewartet habe, der erste und er beginnt im August 1989, in der Zeit, wo wir das erste Mal in Amerika waren, sich in Ungarn die Grenzen öffneten und die tschechoslowakische und andere Botschaften voll mit Ausreisewilligen waren, die aus der DDR in das Paradies hinein wollten.

Adam und Eva haben aber das Paradies verlassen oder wurden aus diesen hinausgeworfen, weil sie sich nicht mehr den Gesetzen anpassen wollten und das ergibt eine herrliche Idee für einen Roman, die Ingo Schulze aufgegriffen und umgedreht hat.

Der Adam in dem Buch, der eigentlich Lutz Frenzel heißt, ist ein begnadeter Damenschneider und fängt mit allen seinen Kundinnen, die er zuerst einkleidet und später fotografiert, ein Verhältnis an, so erwischt ihn  seine Freundin Evelyn, die kellnert, weil sie nicht studieren darf, inflagranti, vorher wollte das Paar schon nach Ungarn reisen, das Visum, das gar nicht so heißt, ist schon da, Adam will aber nicht recht, Evelyn kommt aber früher nach Hause, weil sie in ihrer Firma gekündigt hat, erwischt Adam und reist mit ihrer Kollegin Simona und deren Westcousin zum Balaton.

Adam mit seinem alten Wartburg und der Schildkröte Elfriede ihr nach und so beginnt die Farce, die sich auf über dreihundert Seiten ausweitet.

Sie reisen über die Tschechoslowakei, dann verlieren sich die Spuren, Adam lernt Katja kennen, die unbedingt in den Westen will und schmuggelt sie im Kofferraum über die ungarische Grenze.

Bei den Angyals trifft Adam wieder auf Evelyn, Michael und Simone, hier soll Adam für eine Freundin der Wirtsleute, Evelyn ist mit der Tochter Pepi befreundet, etwas schneidern. Simone, die eigentlich den Westcousin Michael heiraten will, um hinauszukommen, verschwindet.

Michael wird der Paß gestohlen, so müssen er, Adam und Evelyn nach Budapest reisen, dann öffnen sich die Grenzen und Adam, der eigentlich nur zu Evelyn und gar nicht in den Westen will, wird mit ihr hinübergeschwemmt, denn in der in der Buchbeschreibung steht etwas von „menschlicher Verlockung und Entscheidungen“, die man in diesem Moment treffen muß.

Die Beiden, Michael ist mit Katja schon verschwunden, kommen jedenfalls in den Westen, werden von den Österreichern durchgewunken, Adam verkauft seinen Wartburg um 3000 Westmark, sie kommen bei Verwandten unter, Evelyn kann studieren und wird schwanger und Adam, der begehrte Damenschneider wird irgendwie entwurzelt, weil im Westen niemand Maßgeschneidertes schätzt, kann sich zwar hier und da als Hilfsschneider bewerben oder soll das tun, und inzwischen fällt die Mauer, die Zurückgebliegbenen gehen auf die Straße und Ingo Schulze erzählt das alles in fünfundfünfzig Kapitel, die interessante Überschriften tragen wie „Einer kommt durch“  „Eine Art Einladung“,  „Ein neuer Versuch“  und eigentlich alles kleine Kurzgeschichten sind, bzw. Interviews , Dialogsequenzen, etc und das Geschehen rasant vorantreiben.

„Ein wunderbar lesbarer und zugleich literarisch hoch komplexer Roman“, schreibt Uwe Wittstock am Buckrücken, Hubert Winkels schwärmt „So leicht und luftig ist das Ganze, daß man ganz anstrengungslos dieser Etüde in  Weltschöpfung und Weltenwandel folgen mag“ und ich war ein wenig verwirrt, denn so leicht war das Ganze doch nicht zu lesen und auch ein wenig anstrengend, der rasanten Handlung mit den verschiedenen  Handlungsschleifen, Zackungen und Verwirrungen zu folgen und nicht den Faden zu verlieren und immer noch zu wissen, ob das Paradies jetzt vor oder hinter der Grenze liegt und wer jetzt was verloren oder gefunden hat, wenn Adam und Evelyn mit der aus einem Hotel gestohlenen Bibel über das Leben philosophieren, beziehungsweise ihr neues Leben leben.

Das Buch wurde, wie ich der Danksagung entnehme, 2007, in „einem ganz anderen paradisischen Ort“, nämlich der Villa Maximo in Rom geschrieben und Ingo Schulze gibt auch einige Referenzen an, die ihm zu dem Roman inspirierten, wie beispielsweise Filme oder ein Roman von Zsuzsa Bank.

 

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