Über das „Ein Buch pro Jahr Projekt“, der Amerikanerin Nina Sankovitch, habe ich ja hier schon viel geschrieben, als es Mara vor ungefähr einem Jahr auf ihren Blog vorstellte.
Ein Projekt, das mich fasziniert, weil ich ja auch etwas Ähnliches betreibe, zwar kein Buch pro Tag, mehr als hundertsiebzig schaffe ich nicht, weil ich noch etwas anderes machen und sowieso an erster Stelle schreiben will.
Aber meine Leseliste reicht dank der Abverkäufe und der offenen Bücherschränke weit in die Zukunft hinein, ich lese in keinen Sessel, sondern unter Woche in der Früh in der Badewanne und ich schaffe da, glaube ich, keine siebzig Seiten pro Stunde, wie Nina Sankovitsch, sondern eher an die fünzig.
Am Wochenende und wenn es keine Veranstaltungen gibt, also auch im Sommer und zu Weihnachten, lese ich auch am Abend und manchmal lege ich auch einen Lesemarathon ein.
Ich habe auch schon immer viel gelesen und die Idee einen großen Roman über das Aufschreiben meiner Bücher zu verfassen, verfolgt mich schon lang und ist auch jetzt wieder vorhanden, ein Grund, daß ich das Buch jetzt lese, beziehungsweise auf meiner Leseliste vorgezogen habe.
ich habe ja im Jänner bei meinen Überlegungen über die „Bibliotherapie“ geschrieben, das ich es gerne hätte, es mir zum Normalpreis aber nicht kaufe, ein paar Tage später habe ich es bei „Morawa“ in der Abverkaufskiste um drei Euro gefunden und gehofft, daß es mich bei der Frage weiterbringt, wie es schaffe einen Roman über das Bücherauflesen zu schreiben und das Thema damit beenden kann?
Mitnichten, das Buch handelt natürlich von etwas anderem und das Thema Bücherlesen wird mich wahrscheinlich genausowenig, wie Nina Sankovitsch loslassen und interessant ist auch, daß ich über das Sterben an Krebs , vor kurzem geschrieben habe und immer noch an dem Text korrigiere und da hatte ich kurz auch die Idee, die Veronika Bücher lesen zu lassen, sie tut es dann nicht, sondern strickt Jäckchen für ihr noch nicht geborenes Enkelchen und geht ihre Schwiegermutter im Altersheim besuchen.
Nina Sankovitch, 1962 als Tochter polnisch-belgischer Einwanderer in Illinois geboren, studierte Jus, bekam vier Söhne und hat eine ihrer Schwestern, Anne-Marie an Krebs verloren. Drei Jahre hat sie um sie getrauert und ist, wie sie schrieb, hektisch herumgerannt, hat sich für alle verantwortlich gefühlt, versucht Anne-Marie zu ersetzen, dann ist sie mit ihrem Mann eine Woche lang ans Meer gefahren, hat an einem Tag Bram Stokers „Dracula“ ausgelesen, darüber den am Abend geplanten Restaurantbesuch verschlafen und sich dort am nächsten Tag vorgenommen, ab nun in die innere Emigration zu gehen und jeden Tag ein Buch zu lesen und darüber zu schreiben.
Von Oktober 2008 bis Oktober 2009 hat sie das getan, im Anhang sind die Bücher aufgelistet, die sie gelesen hat, ein paar habe ich gelesen, ein paar andere stehen auf meiner Leseliste und interessant ist auch, daß ich ja seit Juli 2008 blogge und sich mein exzessives Lesen, wie man an meiner Liste sieht, nach und nach gesteigert hat.
Nina Sankovitch holte sich für ihren Plan einen lila Sessel, auf den früher die Katze psste und nahm sich vor, daß keines der Bücher dicker als zweieinhalb Zentimeter sein dürfe, teilte die Kinder mehr zum Mithelfen ein und beschloß ihren Plan wieder berufstätig zu werden, noch um ein Jahr zu verschieben, bzw. begann sie ihr Lesen als ihre Arbeit zu betrachten.
In dem Buch, das sie darüber geschrieben hat, gleitet sie durch das Jahr und ich denke, das Buch ist als eine Art Bibliotherapie zu verstehen, sie schreibt am Ende auch von einem „Büchersanatorium“ in dem sie ein Jahr gewesen ist und es läßt sich ähnlich, wie die „Romantherapie“, die ich erst finden muß, sicher als solche verwenden.
Denn Nina Sankovitch plaudert an Hand der von ihr gelesen Bücher locker durch ihr Leben, erzählt von der Liebe, vom Sex, vom Tod, ihrer Familie und deren Herkunft. Der Vater ist Weißruße und als die Schwester starb, hat er „Drei an einem Tag“ mehrmals vor sich hingemurmelt, was Nina Sankovitch lange nicht verstanden hat. In dem Jahr kommt sie darauf, daß er an einem Tag drei seiner Geschwister verloren hat, als sie von Partisanen erschossen wurden. Er ging dann nach Belgien, um Medizin zu studieren, war aber auch zwei Jahre Lungenkrank und mußte sein Studium, um zwei Jahre unterbrechen und sie in einem Sanatorium verbringen.
Nur zögernd hat sich Nina Sankovitch an Harri Mullischs „Das Attentat“ herangemacht, das die Zeit des Holocaust schildert, nachher hat sie ihre Familie besser verstanden und meint, daß es der Sinn des Lesens ist, aus den Bücher zu lernen, wie man sein Leben leben soll.
Das sehe ich ein bißchen anders, mich interessieren glaube ich, auch mehr die Schriftsteller und ich nehme mir die Bücher bevorzugt nach den Namen, die ich kenne und ich will, glaube ich, herausbekommen, was die anderen besser, als ich können, habe aber schon vorher, als ich noch glaubte, es auch so zu schaffen, sehr viel gelesen.
Nina Sankovitch und das ist sehr interessant, liest auch Krimis, weil man sonst ja immer hört, daß man soetwas nicht lesen soll und darf oder es zumindestens nicht öffentlich zugibt.
Sie erlaubt sich die am Wochenende und hat sie auch ihrer Schwester ins Hospiz gebracht, da hat sie aber die Bücher danach ausgewählt, daß sie die Schwester erfreuen und erheitern können.
Sie gerät auch, was ich ebenfalls sehr interessant finde, mit einem Kritiker in Clinch, der etwa schreibt, daß die Leser nichts verstehen und daher über Bücher nicht schreiben sollen, eine Diskussion, die ich ja auch schon öfters führte, sie schreibt ihm einen Leserbrief, der wird veröffentlicht, als sie ihm dann aber bei einer Ergotherapeutin trifft, spricht er nicht viel mit ihr.
Das Buch ist also ein Lobpreis auf das Lesen, Nina Sankowitch scheint irgendwie zu glauben, daß es die Probleme lösen oder einem weiterhelfen kann, sich zu verändern und die Dinge anders zu sehen. Sie kann dann auch ihren Sessel nach einem Jahr verlassen und die Schwester sozusagen zurücklassen, bzw. sich an die vielen schönen Dinge erinnern, die sie mit ihr erlebte.
Freunde haben gemeint, daß sie danach nie wieder lesen würde, das war nicht so und das kann ich mir auch bei meinen hundertsiebzig Büchern im Jahr nicht vorstellen. Aber ich will ja auch keine Bibliotherapie betreiben, kann mir aber vorstellen, daß man, wie schon geschrieben, das Sankovitch Buch dazu verwenden kann.
Das ist ja, glaube ich, sehr berühmt geworden, vorher hat es einen Blog gegeben und die Leser haben ihr auch Bücher empfohlen und in den Blogs, die ich lese, hat das Buch vor einem Jahr auch großen Anklang gefunden und Mara Giese hat es bei ihrem Jahresabschluß als eines ihrer Lieblingsbücher erwähnt.
Ein bißchen ist ja die Gefahr dabei, daß Bücher, die man kaufen kann und Nina Sankovich erwähnt ja mehrmals „das gute Buch“ ausgewählt und von den Lekoren wahrscheinlich auf ihre Überhöhbarkeit überprüft wuden. Also dem wirklichen Leben immer etwas voraus an Tempo Spannung, Wahrscheinlichkeit, etc sind.
Wenn ich mich also, um zu trauern oder, um gesund zu werden, über sie setze, komme ich vielleicht nicht so zur Ruhe, wie Nina Sankovtsch sich das eigentlich wünschte, bei ihr hat es aber geklappt.
Und obwohl ich ja selber sehr viel lese und mir auch vorstellen kann, das irgendwann in der Zukunft, wenn ich das Schreiben aufgegeben habe, was ich nicht hoffe, auch zu tun, glaube ich nicht, daß das Lesen das Leben ersetzen kann und es ist auch immer das Leben oder das Empfinden anderer, das auf den Seiten steht, mit dem man, wie ja manche Ideologien beweisen, auch Mißbrauch betreiben kann.
Ich kann für mich das Wichtige aber herausnehmen und das ist wahrscheinlich auch der Sinn der Bibliotherapie und jetzt werde ich, nachdem der Alfred derzeit statt zu lesen, in Mexiko ist, das Buch weglegen, mich wieder an das eigene Schreiben machen und versuchen das Auflesen einer riesigen Bibliothek und das Leben einer Libriomanin literarisch zu bewältigen.
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