Klaus Kastberger
Die Ö-Töne finden ja im Freien, im Haupthof des Museumsquartier und im Nebenhof bei den Boule Bahnen statt und wenn es regnet in der Arena 21, dort wo auch die „Ohrenschmaus-Preisverleihungen“ stattfinden, aber diesmal war es anders, denn diesmal war Friederike Mayröcker mit ihren „Fleurs“, den dritten Teil nach „Etudes“ und „Cahier“ an der Reihe und die wollte nicht im Freien lesen.
Als Debutantin gab es Verena Mermers „“die stimme über den dächern“, das schon vor einem Jahr bei „Residenz“ erschienen ist und ich sie daraus auch schon im Literaturhaus lesen hörte.
Wenn Friederike Mayröcker liest ist es immer sehr voll und ich kann mich schon an „Alte Schmiede“ Veranstaltungen, noch in dem alten Raum den man über den Hof erreichte, wo ich dann eingeklemmt in der Menge im Vorraum gestanden bin und versuchte mich kleinweise Schritt für Schritt nach vorn zu kämpfen. Bei „Scardanelli“ ist das, glaube ich, so gewesen und einmal zu einer Saisoneröffnung, weil ich manchmal ja noch um sechs eine Stunde habe und dann erst um dreiviertel aus meiner Praxis wegkomme.
Diesmal hätte ich sogar eine um sieben gehabt, die ist aber entfallen, so war ich schon vor halb acht im Museumsquartier, wo schon der Alfred einen Platz in der dritten Reihe besetzt hatte, das letzte Mal sind wir ja sehr schlecht und weit hinten gesessen und das Eintrudeln der Menschen beobachten konnte.
Judith Massar vom „Leseloop“ hat ja vor einer Woche ausführlich von den Ö-Tönen berichtet und da gemeint, daß die, eine Beobachtung, die ich eigentlich nicht machte, von sehr vielen jungen Menschen besucht werden. Diesmal war es, glaube ich, auch nicht so, obwohl dann eine Gruppe junger Leute auch noch eintraf, die meisten waren, glaube, ich in meiner Altersklasse und noch älter und natürlich sehr viele Fans und Prominente.
So habe ich glaube ich Susanne Scholl gesehen, die Frau Schmid-Dengler, Christel Fallenstein ist natürlich gekommen, Julia Danielczyk und und und Klaus Kastberger, der ja inzwischen Professor in Graz und Leiter des Grazers Literaturhauses ist, moderierte, beziehungsweise las er zuerst Daniela Strigls Text, die ja die Debutantenreihe betreut, vor und die 1984 in St. Egyden am Steinfeld geborene Verena Mermer, habe ich vor fast zwei Jahren bei dieser Literaturwerkstatt in der „Gesellschaft für Literatur“ kennengelernt und dann vor einem Jahr am „Volksstimmefest“ gemeinsam mit ihr gelesen.
Ihren Roman, der von vier jungen Leuten in Baku handelt, zwei davon heißen Frieda und Che und lassen an Frieda Kahlo und Che Guevara denken, habe ich ja leider nicht mehr bekommen, dafür habe ich sie aber vor kurzem auch bei Christa Nebenführs Sommerlesereihe „Literatur und Arbeit“ gehört und es war wieder interessant, in den Roman einzutauchen, dürfte Verena Mermer ja, was sie wahrscheinlich von den anderen Debutanten ein bißchen unterscheidet, eine politische Autorin mit sozialen Anspruch sein und dann kam die Grand Dame der Literatur, beziehungsweise Klaus Kastberger mit einer seiner hintergründigen Ansprachen, so tauchte dabei wieder der Satz von all den Preisen, die sie mit Ausnahmen des einen aus Stockholm gewonnen hätte und er meinte auch, daß sie im „Falter“ als Mischung zwischen weltabgewandter Dichterin und Popstar bezeichnet worden wäre und bezeichnete ihre Literatur als eine Mischung zwischen Lyrik und Prosa. Assoziationen, die so modern und realistisch sind, daß sie auch das Internet einbeziehen.
Begonnen hat er aber mit dem großen Goethe oder mit dem Duden, wo man zwischen „Altertum“ und „Altersweisheit“ das „Alterswerk“ findet, das der Johann Wolfgang zelebriert hätte, in dem er seinen Schreibtisch aufräumte und seinen Nachlaß festlegte, etwas das Friederike Mayröcker in Ermangelung eines Schreibtisches und weil sie ja nicht sterben, sondern hundertzwanzig werden will, nicht tut.
Sie zelebriert nicht ihr Alter, sondern schreibt unaufhörlich vor sich hin und hat daher schon an die hundert Bücher verfasst, beziehungsweise hat sie zu zählen aufgehört.
Dann kam die Lesung aus „Fleurs“ und eine Seite aus dem gerade entstehenden Prosawerk und ich finde diese Traumsequenzen, die mir diesmal besonders auffielen, sehr beachtlich.
Viel Applaus und Ergriffenheit und eine lange Schlange Menschen, die sich mit Büchern zum Signieren anstellten, das muß für die alte Dame, denke ich, auch sehr mühsam sein, dann noch ein oder zwei Stunden zu signieren und mit ihren Fans Small talk zu betreiben.
Ich habe ja nicht sehr viele ihrer Bücher, weil man die seltsamerweise im Schrank nicht findet, nur einmal habe ich in der „Seedose“ das in den Fünfzigerjahren erschienene Frühwerk „Larifari“ gefunden, das wahrscheinlich noch in einem ganz anderen Stil geschrieben ist und jetzt kann ich raten, ob sie auf die Liste für den österreichischen Buchpreis kommt?
Mit „Ich schütttelte einen Liebling“, das ich gelesen habe, ist sie ja sogar auf die Shortlist des dBp gekommen, obwohl das ja kein Roman ist, aber das ist ja, wie man immer merkt, ein sehr dehnbarer Begriff und F M eine, wie Klaus Kastberger noch bemerkte, die überhaupt nicht narrativ schreibt, aber die Grand Dame des österreichischen Literaturbetriebs und eine von den wenigen Ehrenbürgerinnen der Stadt Wien, vielleicht ist Julia Danielczyk mit ihrer Assistentin deshalb zur Lesung gekommen und mir ist dazu die „Rund um die Burg-Veranstaltung“ vor Jahren, ich glaube es war, um nine eleven, eingefallen, wo Ilse Aichinger, um die Mittagszeit vom „Literaturhaus“ eingeladen zu lesen war und ihre Zeit überzogen hatte. Nachher hätte Dietmar Grieser kommen sollen und während, die alte Dame, ich glaube von den Filmen oder etwas entsprechendes las, murrten die älteren Damen im Publikum „Wir wollen den Grieser hören!“, was ich ihm einmal erzählte.
Aber hier war das anders, der Applaus lang, der Saal sehr voll und die Veranstalterin sehr gerührt und sprach von einem nicht zu vergerssenden eindrucksvollen Abend.