Da bin ich ja, als ich mich vor ein paar Wochen mit Friederike Gösweiners „Traurige Freiheit„ für mein höchstpersönliches österreichisches Buchpreislesen, beschäftigt habe, auf den „Debutbuchblog“ und den dort ausgeschrieben „Debutpreis“ gestoßen und habe mir die dort vorgeschlagen fünfzig Bücher angesehen, die auf eine Shortlist geschrumpft von zwanzig Bloggern beurteilt werden sollen.
Da ich mich im letzten Jahr durch die „Kremayr &Scheriau-Debutpreisbücher“ gelesen habe, im Sommer bei den O-Tönen war und ja auch die drei österreichischen Debuts gelesen habe oder lesen wollte, sind mir einige der dort vorgeschlagenen Bücher schon bekannt gewesen, zwei weitere, nämlich Paula Fürstenbergs „Familie der geflügelten Tiger“ und Nelle Pollatscheks „Das Unglück anderer Leute“ hatte ich mir schon bestellt, sowie Isabelle Lehns „Binde zwei Vögel zusammen“ mir zum Geburtstag gewünscht, von einigen anderen hatte ich schon gehört oder war auf Veranstaltungen, andere waren und sind bis jetzt an mir vorbeigegangen.
Weil ich aber gerne in Jurien bin, obwohl ich ja immer behaupte, daß man Bücher nicht vergleichen kann, habe ich angefragt, ob ich, obwohl schon sehr spät, noch mitmachen kann und mich in den letzten Wochen durch die Shortlist gelesen, die, wie ich schon bei einigen der teilnehmenden Blogger lesen konnte, eine interessante Mischung von bekannten und unbekannten aus kleinen oder größeren Verlagen ist.
Die Selfpublisher waren wieder einmal ausgeschlossen, obwohl es hier, da die Veranstalter ja nicht vom Börseverein oder Hauptverband des Buchhandeln sind, gar nicht nötig wäre, aber wahrscheinlich hatten sie Angst vor der Fülle, die da auf sie zukommen könnte und außerdem gibt es da ja auch noch immer diesbezügliche Vorurteile, obwohl bei den fünf Büchern, auch soetwas, wie ein Krimi war.
Dann war „Blauschmuck“ mir schon von den Blogs, dem österreichischen Debutpreis, den O-Tönen und dem „Alpha“ bekannt dabei und „Weißblende“ der Debutroman der Grazer Lyrikerin Sonja Harter, der sonst vielleicht an mir vorbei gegangen wäre.
Von Philip Krömers „Ymir oder Aus der Hirnschale der Himmel“ hatte ich schon bei diversen Blogs etwas gesehen, während mir Uli Wittstocks „Weißes Rauschen oder Die sieben Tage von Bardorf“ völlig unbekannt war und dann habe ich gelesen und gelesen.
Nach „Blauschmuck“ das zu meiner Überraschung weder den „Alpha“, noch den Debutpreis bekommen hat, obwohl die sprachliche Qualität wahrscheinlich über der von Friederike Gösweiner und Barbi Markovic liegt, aber für mich etwas Künstliches und Aufgesetztes hatte, so daß ich bei dem Buch hin-und herschwankte und ein gewißes Unbehagen verspürte.
Das ist doch eine Kunstsprache, dürfen wir uns wirklich so literarisch in die arabische Sprachwelt hineinversetzten und ist es die Sprache, die eine Unterschichttürkin wirklich spricht?
Ich glaube es nicht, das Buch hat aber wahrscheinlich gerade deshalb eingeschlagen und wäre, wenn es einfacher und realistischer geschrieben wäre, wahrscheinlich nicht so aufgefallen.
Zweifel über Zweifel, aber Freude, daß es auf die Shortlist kam, auf der mir ganz ehrlich, Isabelle Lehn und auch Friederike Gösweiner fehlten und andere gelobte Debutromae, wie der der Michelle Steinbeck, des Philiph Winklers oder der Ronja von Rönne wurden gar nicht vorgeschlagen.
Mit Sonja Harters „Weißblende“ aus dem österreichischen „Luftschacht-Verlag“ ging es dann weiter.
Wieder ein sehr poetisches Buch, das von einem sehr aufgeweckten jungen Mädchen und seinen erotischen Gefühlen handelt, ein Lolilta Thema und wieder ein bißchen Abwehr, darf soll man so über dieses Thema schreiben und will ich das lesen, wahrscheinlich nicht so ganz, obwohl ja einige erfrischende Wendungendarinnen sind, wie, die der Lehrerin, die die Peniszeichnung einfach zurückschmeißt.
Dann gings zu Philip Krömer und auch zu der Entdeckung eines Bloggers, daß der Autor auch Lektor und Mitbegründer seines Verlags ist und damit zu der Frage, ist das nun ein Eigenverlag oder nicht?
Wahrscheinlich kein wirklicher, trotzdem weichen die meisten schreibenen Verleger sofern sie es können auf andere Verlage aus, während die noch unbekannteren Autoren wahrscheinlich aus diesem Grund Verlage gründen odereinen Verlagsnamen darauf schreiben, damit sie nicht unter die „bösen“ Selfpublisher fallen und das Buch ist sehr originell, auch ein Crossover, ein bißchen zu männlich, brutal und herb für meinen Geschmack vielleicht und dann ging es Genre übergeifend zu den Krimis, obwohl Ulis Wittstocks „Weißes Rauschen“ kein wirklicher ist, sondern eine Satire auf die Zustände dieser Welt.
Manchmal sehr witzig, mir manchmal etwas zu langatmig und zu wenig spannend und von den Bloggern kamen Meldungen, daß es sprachlich nicht vollkommen, sondern mit Fehlern behaftet ist.
Ja, auch den Verlagen fehlen schon die Lektoren oder sie sparen diese ein. Ich bin in diesem Punkt ja ein wenig lockerer und interessant ist auch, wenn man auf die Votingliste, des Debutblogs geht.
Es hat die meisten Stimmen, über sechssiebzig Prozent Ja, die Leser wollen Spannung, vielleicht haben Verlag und Autor aber auch ihre Fans ausgeschickt?
„Blauschmuck“ hat, was mir eigentlich unverständlich ist, nur 1,89%, Sonja Harter steht, gefolgt von Shida Bazyar mit über 12% an zweiter Stelle.
Nun weiß ich nicht, wieviele Leser sich an der Umfrage beteiligten und es ist auch interessant, was die Blogger meinen, die den Preis ja entscheiden und ich habe mich sehr neugierig, an das fünfte Buch, an Shida Bazyars „Nachts ist es leise in Theraran“, das von Tobias Nazemi auf seinen Blog sehr gelobt wurde, gemacht und wurde überrascht oder auch nicht.
Daß es ein sprachlich sehr anspruchsvolles Buch ist, hatte ich mir schon gedacht, hätte aber, da ja auch die Autorin betonte, daß ihr die Sprache, das wichtigste wäre, experimentelle Sprachräusche erwartet und die mag ich ja eigentlich nicht und fand eine sehr poetische Beschreibung einer entwurzelten Familie, wo jedes seiner Mitglieder, in seiner eigenen Weise den Weggang oder auch die Rückkehr von Teheran nach Deutschland erlebt und beschreibt.
Der Vater, der ehemalige kommusitische Revolutionär, noch sehr in der heimischen Tradition verwurzelt. Die Literaturstudentin Nahid und junge Mutter hat zehn Jahre später Schwierigkeiten mit der deutschen Gastfreundlichkeit, die ja ganz anders, als in Persien ist und die Kinder, aufgezogen in deutschen Schulen verbunden mit den Familientraditionen, die sie vielleicht nie wirklich gekannt haben, werden überhaupt hin- und hergebeutetelt. Und meiner Meinung nach ohne jeden übertriebenen Sprachrausch und Künstlichkeit drückt das die 1988 in Deutschland geborene Shida Bazyar sehr dicht und doch sehr einfach aus.
Für mich das beste Buch, dem ich gerne meine Stimme gebe, obwohl man ja, wie ich immer schreibe, Äpfel und Birnen nicht vergleichen und Bücher nicht vermessen kann.
Es ist aber für mich das eindruckvollste Buch, wo ich ohne Widerspruch und Zweifel zurückbleibe, viel über den Iran, seine Geschichte und Gebräuche gelernt habe und auch ein bißchen neugierig auf Teheran bin.
Obwohl ich in kein Land reisen werde, wo ich mir ein Kopftuch aufsetzen muß und fliegen tue ich auch nicht so gern, also hat mir hier die Literatur, die Realität ersetzt, Vorstellungen aufgemacht, meinen Horizont und mein Wissen erweitert und jetzt bin ich neugierig auf die Meinung der anderen Blogger.
Werden sie sich für die Sprache, das Genre, die Spannung oder den Inhalt entscheiden?
Am fünfzehnten Dezember werden wir es wissen und ich lese inzwischen weiter, habe ich ja noch drei Longlistbücher auf meiner heurigen Leseliste, habe ich mir doch auch, Birigit Birnbacher „Wir ohne Wal“ bestellt, weil es der Blogger Marc Richter auf seiner persönlichen Shortlist hatte und ich auch in der „Gesellschaft für Literatur“ davon hörte.
Das Buch der Paula Fürstenberg und das der Nelle Pollatschek werde ich auch noch heuer lesen, während Isabelle Lehn, da kein Rezensionsexemplar, auf das nächste Jahr warten wird, weil auf der heurigen Leseliste noch einiges andere, wie beispielsweise die Bücher meines Kritikers Uli und Dietmar Füssels historischer Roman aus dem alten Ägypten stehen.