„Über Dystopien und Utopien“, heißt das heurige Thema der „Literatur im Herbst“, die Walter Famler schon seit einigen Jahren im „Odeon“, dieser ehemaligen Getreidebörse in der Taborstraße veranstaltet.
Zuerst waren die osteuropäischen Länder das Thema, dann ist es zu den Frauen und bis nach Japan gegangen und heuer sind die „Utopien“ daran, ein Thema mit dem ich mich mit Stephan Teichgräber ja auch im vorigen Semester beschäftigt habe.
Da hat er George Orwell vorgeschlagen und ich bin daraufgekommen, daß die Gegenwartsliteratur dieses Thema derzeit häufig zum Gegenstand hat, so habe ich im Frühjahr Helmut Krausser gelesen und Andre Kubicek.
Der „Report der Magd“ von Margaret Atwood ist auch ein utopischer Roman und der Gegenspieler ist die Dystopie, in der Jugendliteratur häufig anzutreffen und einige solche Bücher habe ich ja auch erst vor kurzem gelesen und wenn man sich so durch das Programm schaut ist auch einiges, wie Jonathan Cohen oder „Sungs Laden“ anzutreffen, das ich irgendwo auf meinen Bücherstapeln haben muß, was ich eigentlich gar nicht für so utopisch gehalten habe.
Utopisch ist also wahrscheinlich alles und überall und die Literatur wimmelt von Dystopien und obwohl der utopische Roman etwas phantastisches hat, ist die politische Dimension auch nicht zu übersehen und wahrscheinlich besonders interessant und natürlich auch hauptsächlich in dem von Walter Famler, Ilia Trojanow und Jana Folkman kuratierten Festival anzutreffen.
Die neue Stadträtin, die eröffnete, hat deshalb auch von den wilden Räumen gesprochen, die in diesen drei Tagen in Wien anzutreffen sind und der Eröffnungsreder der 1970 geborene Dietmaar Darth der mit „Die Abschaffung der Arten“ 2008 auf der Shortlist des dBp gestanden ist, entpuppte sich in seinem Text „Besser Kunst als Hoffnung besser Kunst als Angst“, als wahrer Science Fiction Spezialist, auf jeden Fall zog er einen Bogen über die gesamte Bandbreite der phantastischen Literatur und teilte die Utopien in das Postive, die Dystopien in das Negative ein, eine Unterscheidung, die ihm nicht zu gefallen schien, aber offenbar in der Literatur, als so gegeben gilt.
Danach gab es ein Gespräch zwischen ihm und dem 1952 geborenen Philosophen und Kulturwissenschaftler Thomas Macho das Ilia Trojanow moderierte und das von einem Herrn im Publikum auch kritisert wurde.
Interessant war dabei für mich, um wieder den Bogen von all den Weltuntergangsphantasien, die in der Jugendliteratur derzeit Gang und Gebe sind, zu den Utpien zu ziehen mit denen, die Schreckenregime des zwanzigsten Jahrhunderts und wahrscheinlich auch den früheren begonnen haben, ansonsten sind die meisten Romane, weil ja nur das Schrecklichste zählt, wohl eher dystopisch, als utopisch, weil das ja oft als kitschig angesehen wird und die heutige Zeit lockt wohl auch zu Weltuntergangstimmungen und so wird der utopische wilde Raum in der Taborstraße wohl interessant werden, der am Samstag mit einem Debattenforum über das Bankenwesen und der Utopie von einer Sozialversicherung für alle begann.
Sehr utopisch denke ich der Wunsch des Schweizer Wirtschaftsjournalisten Jürg Müller, die Banken abzuschaffen. Es wurde ihm von Ulrike Hermann, die ein Buch mit dem Namen „Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung“ geschrieben hat, auch widersprochen.
Dann wurde es, wenn auch noch nicht unbedingt utopisch, so doch literarisch, kam doch der Schwede Peter Fröberg Idling mit seinem Kambodscha-Buch „Pol Pots Lächeln“.
Dann folgte die die 1965 geborene Karin Kalisa von der ich mich schon gewundert habe, daß ihr „Sungs Laden“ zur utopischen Literatur zählt. Gut zu wissen, sie wunderte sich auch und die Utopie bei dem Buch, das ich noch lesen muß, ist wohl, daß es eine Gesellschaft in Ostberlin schildert, wo sich die deutsche Bevölkerung mit den vietnamnesichen ehemaligen Gastarbeitern verbindet und mit ihnen Brücken baut, Puppenfeste und noch anderes veranstaltet.
Wenn man so, wie ich mit dem Uli diskutiert, der übrigens auch phantastische Romane schreibt, aber gegen das Fremde ist oder nach „Chemnitz“ schaut, kann man das wahrlich nur utopisch nennen und ich würde mich wahrscheinlich auch nicht trauen, eine so positive Utopie zu schreiben, aber warum eigentlich nicht, warum muß man alles schwarz malen, nur weil das die Leser angeblich so haben wollen, das ist es was ich mir dem Festival mitnehme.
Nach der Pause wurde es phantastischer, kam da nämlich die Amerikanerin Annalee Newitz mit ihrem Science Fi Roman „Autonom“ wo es von Humans und Robots nur so wimmelte und Drogengebrauch auch eine Rolle zu spielen schien, gefolgt von Georg Klein, der 2000 den Bachmannpreis gewonnen hat und heuer in Leipzig mit seinen Roman „Miakro“ nominiert war, in dem es auch sehr phantastisch mit einer Innenwelt und einer Außenwelt zuzugehen scheint.
Am Sonntag wäre es mit einer Matinee in der „Alten Schmiede“ weitergegangen, da war aber im Literaturhaus die „Fried-Preisverleihung“ und da die Veranstalter das obwohl sie ja miteinander verbunden sind und immer wieder gemeinsame Veranstaltungen machen, nicht besser koordinieren können, bin ich erst am Nachmittag ins „Odeon“ gekommen, wo es das Debattenforum II im utopischen Raum, also eine Diskussion zwischen Luise Meier, die ein Buch „MRX Maschine“ geschrieben hat und Georg Sesslen, der eines mit dem Titel „Freiheitstraum und Kontrollmaschine“ hat, das war wieder sehr philosophisch theoretisch und daher für mich auch nicht sehr verständlich.
Es ist aber gleich literarischer geworden und zwar mit einem Debut, das auch auf der Bloggerdebutlonglist steht, nämlich Josefine Riecks „Serverland“, die es zwar nicht auf die Shortlist schaffte, ich aber sehr interessant fand, wird hier ja eine Welt in der es keinInternet gibt, geschildert und jetzt von Jugendlichen wieder erobert wird.
Dann hätte Jan Koneffke den Rumänen Stefan Agopian und dessen „Handbuch der Zeiten“ vorstellen sollen, der ist aber erkrankt, so hat es Jan Koneffke allein gemacht und das war sehr spannend, ist das Buch des 1947 geborenen Autors schon 1984 in Rumänien erschienen, aber jetzt erst auf Deutsch herausgekommen und dort geht es sehr phantastisch zu, obwohl es auch politisch zu interpretieren ist und ganz am Schluß kam, glaube ich, der Höhepunkt und etwas mir Bekanntes, nämlich eine szenische Lesung aus Joshua Cohens „Buch der Zahlen“, Ilija Trojanow, der am Vormittag den „Toleranzpreis des Buchhandels“ bekommen hat und Walter Famler haben gelesen, der Autor hat das musikalisch begleitet am Schluß eine englische Leseprobe gegeben und danach mit Ilija Trojanow über das Buch, das ich schon gelesen habe, gesprochen und dann war das dreitägige Literaturfestival schon beendet.
Walter Famler hat nochmals darauf hingewiesen, daß der utopische Raum und die Diskussion darüber weitergehen wird und wenn ich ein Resume ziehen soll, es war diesmal eine sehr spannende und interessante Veranstaltung, die meinen Begriff über Utopien und Dystopien sehr erweitert hat und zum Schluß wiederhole ich am Besten noch einmal das Motto des Einführungsvortrags „Besser Kunst als Hoffnung besser Kunst als Angst“ und das war es wohl und vermutlich werde ich in Zukunft sowohl Dystopisches als auch Utopisches weiterlesen.