Samstagnachmittag
Herbert Genzmers Todesarten
Von Lutz Hagestedt
Wir werden an einem Samstagnachmittag sterben: Wenn der Wochenstreß hinter uns liegt, kommt der Herzinfarkt - und der Notarzt ist gerade im Einsatz. Ist es nicht der Herzinfarkt oder der Darmverschluß, so ist es jemand aus der Verwandtschaft, der uns beseitigt. Oder der Partner. Oder irgendein Mörder im Freigang, der den sozialen Strafvollzug als Nötigung empfindet.
Herbert Genzmers "Samstagnachmittage" sind Prosaminiaturen, die eine eigene Gattung etablieren könnten, ähnlich wie Heißenbüttels "Herbste" oder Grünbeins rabenschwarze Epitaphgedichte. Sie entwickeln lakonisch Todes- und Tötungsarten, schildern Deutsche, die in der Welt unterwegs sind und den Samstag für ihren Glückstag halten, aber gleich zum Freiwild werden. Das Entsetzen tritt in ihre Augen, "wenn mit einem trockenen Knacken der kleine lebenswichtige Knochen schnappt". Um Punkt vier Uhr erreichen die Samstagnachmittage ihren kritischen Punkt. Man legt die Zeitung aus der Hand, vielleicht zum letzten Mal.
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