Mischa-Sarim Vérollet – Irgendwas mit Menschen

 

Mischa-Sarim Vérollet – Irgendwas mit Menschen

„Es ist ein schmaler Grad zwischen Tweedsakko und Zwangsjacke und da sind die vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen, die das Leben als Autor mit sich bringt, noch nicht mal mit eingerechnet.“*

Ein schmaler Grad, den Mischa-Sarim Vérollet in seinem neuen Kurzgeschichtenband „Irgendwas mit Menschen“ auszureizen bemüht scheint. Berichtet er doch in seinen 33 Geschichten nicht nur vom Alltagsleben eines Zynikers und von Menschen, die ihm gerne Mitesser ausdrücken wollen, er steigert sich auch gern mal fast hysterisch in die Vorstellung seines nahenden Todes rein. Weil er den Taxifahrer, auf den er wartet, per App nur mittelmäßig bewertet hat. Der Autor präsentiert dem Leser einiger solcher Erlebnisse, die einfach zu verrückt scheinen, um wahr zu sein. Aber wie Vérollet auf seine trockene Art feststellt lässt er sich eben nur ungern schöne Geschichten durch etwas so Banales wie die Wahrheit zerstören. Zum Beispiel die Geschichte von der Slammerunterkunft in Kiel, die vielleicht mal ein Swingerclub war und möglicherweise auch die von dem katastrophalen Weihnachtsessen bei den Eltern seinder Freundin, der er doch eigentlich einen Heiratsantrag machen wollte. Vérollet ist Poetry Slammer und das merkt man, hat man beim Lesen doch das Gefühl beim ausgeflippten Onkel auf der Berliner Couch zu sitzen und Anekdoten aus seinem Leben erzählt zu bekommen. Das die Couch eigentlich in Wien steht, und ursprünglich mal aus Bielefeld kam hat nur insofern eine Bedeutung, als dass Ruhe eine zentrale Rolle spielt. Und die ist nun mal ein typischer Wunsch der Bielefelder. Daneben zentral sein kann nur die faszinierende Kunst der Serviettentechnik und die Eigenheiten von Blanko, dem besten Freund des Protagonisten.

Verollet schreibt über Menschen, über Alltägliches, Popkultur und Hipstertum. Möbel von Ikea und Dating für Fortgeschrittene. In seinen Geschichten vereint sich Absurdes mit Banalem und es wird auch gern mal ein Klischee ausgepackt. Aber das alles auf so einem angenehmen Niveau, dass man durchaus bei einigen Stellen lachen muss und kurzweilig unterhalten wird. Da verzeiht man auch schonmal die Stellen an denen Assoziationsketten ins Nichtssagende ausgereizt werden, oder doch schon zu oft Gehörtes wiederholt wird. Allerdings sollte man nicht den Fehler machen das Buch in einem Rutsch runterzulesen ist es doch eher geeignet als kleine Ablenkung zwischendurch. Für Bahnfahrten zum Beispiel. Oder für Klositzungen.

*Das Zitat ist im besprochenen Buch auf S.155 zu finden.

Mischa-Sarim Vérollet wurde auf Gibraltar geboren, wuchs in der Stadt, die es gar nicht gibt, auf (Bielefeld) und lebt mittlerweile mit Frau, Katze und Hund in Wien. Er ist einer der bekanntesten Poetry Slammer der Bundesrepublik und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht, unter anderem Das Leben ist keine Waldorfschule. Wieviel Wahrheit in seinen Geschichten steckt hat er auf seiner Homepage preisgegeben: http://www.mischa.tv

Mischa-Sarim Vérollet – Irgendwas mit MenschenMischa-Sarim Vérollet – Irgendwas mit Menschen
Carlsen Verlag, 2013
221 Seiten, Klappbroschur
12,90 € (inkl. eBook)

Hier ansehen

Was sagst du zu diesem Beitrag?

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden / Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden / Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden / Ändern )

Google+ Foto

Du kommentierst mit Deinem Google+-Konto. Abmelden / Ändern )

Verbinde mit %s