Ein neuer Podcast von und für Buddler und Archäologieinteressierte: “Angegraben”

Vor einigen Wochen stellten die beiden Podcastler von Hoaxilla in einer Episode ihrer skeptischen Reihe den befreundeten Archäologen Mirko Gutjahr vor, der eine richtig gute Idee im Gepäck hatte – einen archäologischen Podcast, der auch für Nicht-Wissenschaftler hörbar und unterhaltsam ist. “Angegraben” ging wenig später auf Sendung und hat bisher 2 Folgen veröffentlicht.

Wir haben uns mit Mirko, der zur Zeit beruflich bedingt durch die USA tourt über seinen Podcast und seine archäologische Tätigkeit unterhalten.

Angegraben

L: Lieber Mirko, du bist beruflich als Archäologe tätig, nun hast du mit “angegraben” den ersten deutschsprachigen Podcast zum Thema gestartet. Hattest du die Idee dazu zwischen zwei Tassen Kaffee, oder war das Hoaxilla-Duo daran maßgeblich beteiligt?

M: Ehrlich gesagt ist der angegraben-Podcast nicht der erste Podcast, der sich mit archäologischen Themen beschäftigt. Es gab zuvor bereits Projekte dieser Art, die aber nicht lange existiert haben. Da ich selbst gerne Podcasts höre, habe ich schnell festgestellt, dass es derzeit nichts in der Richtung gibt – also musste ich selbst ran.

Und ja, Hoaxilla ist daran nicht ganz unschuldig: Zum einen bin ich ein großer Fan der Sendung von Alexander und Alexa, da sie es schaffen, auch komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte verständlich und unterhaltsam zu vermitteln. Zum anderen haben sie mich darin bestärkt, selbst etwas auf die Beine zu stellen und mich mit dem Podcastfieber angesteckt. Der eigentliche Auslöser war jedoch ein völlig schief gegangenes Zeitungsinterview, über das ich mich so geärgert habe, das ich mir sagte, dass muss doch auch anders gehen.

L: Was ist da schief gegangen? Nun, da du selbst in der Hand hast wie du Themen aufbereitest, machst du dennoch Kompromisse, damit auch der absolute Laie sich von dem Podcast noch unterhalten fühlt?

M: Im konkreten Fall war es so, dass der Journalist sich trotz langen, intensiven Gesprächs einfach seine eigene Story zurecht reimte, da er die erzählten Fakten offensichtlich überhaupt nicht oder nur teilweise verstanden hatte. Raus gekommen ist dabei ein kompletter Unsinn. Aber nicht dass das falsch herüber kommt: Im Normalfall ist die Zusammenarbeit mit der Presse sehr gut. Dennoch ist mir dabei klar geworden, das Wissensvermittlung (um das etwas hochtrabende Wort zu verwenden), eine Kunst für sich ist. Vereinfacht man zu sehr, verfälscht man. Erklärt man zu viel, wird es schnell dröge. Wenn man zu viel voraussetzt, hat man am Ende nur noch Fachkollegen als Zuhörer. Ich bin noch dabei, einen Mittelweg zu finden, dazu muss ich jedoch noch herausfinden, wer mich eigentlich hört. So gesehen ist mir das Feedback enorm wichtig, damit der Podcast keine Einbahnstraße wird.

L: In den ersten beiden Episoden geht es um den mittelalterlichen “Zauberring von Paussnitz” und die Masken und Maskierungen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Nun wartet die Archäologie ja sicherlich mit einem massiven Themenangebot auf, für welche Themen wirst du dich in nächster Zeit entscheiden?

M: Ich habe zwar schon ein paar Ideen, aber bisher war die Themenwahl noch recht spontan. Da es bislang sehr mittelalterlastig war, wird die nächste Folge sich um einen steinzeitlichen Fundkomplex drehen: Das Massengrab von Eulau, dem Schauplatz eines jungsteinzeitlichen Massakers. Ich versuche nach Möglichkeit auch meine eigene Arbeit einfließen zu lassen, so dass bald sicher etwas zur Lutherarchäologie zu hören sein wird. Aber natürlich werden auch die großen Themen und Fundplätze der Archäologie (Stonehenge, die ägyptischen Pyramiden usw. ) nicht fehlen dürfen. Dafür werde ich mir wohl aber teilweise Spezialisten einladen. Aber so schnell werden mir die spannenden Themen wohl ohnehin nicht ausgehen.

L: Erklär doch mal einem Laien – also zum Beispiel uns – was du derzeit den ganzen Tag lang treibst, woran du arbeitest und welches die Kernthemen deiner Arbeit sind.

M: Anders als man sich vermutlich gemeinhin einen Archäologen vorstellt, verbringe ich sehr viel Zeit am Schreibtisch und in Magazinen. Derzeit bin ich der Leiter eines Projektes zur Lutherarchäologie. D.h.viel Verwaltungskram, den mir zum Glück mein tolles Team teilweise abnimmt. Aber da ist andererseits auch die eigentliche Projektarbeit, die im Aufarbeiten von vergangenen Grabungen besteht, im Inventarisieren und Auswerten von Funden und Befunden und natürlich: Schreiben von Artikeln und Aufsätzen. Zudem haben auch eine kleine Wanderausstellung zu betreuen. Podcasten ist dagegen eine schöne Art, am Abend zu entspannen.

L: Magst du uns da schon einmal einen kleinen Ausblick geben, was genau Lutherarchäologie ist und worum es in deinem aktuellen Projekt geht?

M: Wie gesagt, kann ich mit der Antwort auf diese Frage mindestens eine Podcast-Epidode füllen (was ich ja auch genauso plane), daher hier nur ganz kurz: Vor ein paar Jahren sind zufällig zwei Fundkomplexe in den Lutherstätten Mansfeld und Wittenberg entdeckt worden, die sich direkt mit dem Leben des Reformators Martin Luther und seiner Familie in Verbindung bringen lassen. Die dabei gemachten Funde ergänzen zum Teil die Erkenntnisse, die man von Luthers Biographie bereits hat, aber geben andererseits auch Einblicke in bislang eher unbekannte Kapitel seines Lebens, etwa seine Kindheit. Ja, manche von Luthers Selbstaussagen können wir sogar mithilfe der Archäologie widerlegen. Mit ein paar Kollegen arbeite ich derzeit an Aufarbeitung, Auswertung und Publikation dieser Grabungen.

L: Interessant! Wie war das bisherige Echo auf deinen Podcast? Gibt es schon andere Kollegen, zum Beispiel aus der Paläozoologie, die aufgesprungen sind und gerufen haben “Das wollen wir auch machen”?

M: Soweit mir bekannt ist, leider nicht. Dabei ist der Aufwand recht überschaubar und das technische Handling selbst für einen relativen Laien wie mich zu beherrschen. Ich kann eigentlich nur jedem wissenschaftlich Tätigen empfehlen, auch etwas derartiges zu machen: Die eigene Arbeit lässt sich so vermutlich viel mehr Menschen vermitteln, die nie einen Blick in die akademischen Veröffentlichungen geworfen hätten. Und man lernt dabei auch selbst, wie man Wissen auch für Nichtakademiker verständlich aufbereitet.

Seitens der Hörer ist die Resonanz unglaublich hoch, so hatte ich das nie erwartet. Ich habe viel Lob für die beiden Folgen bekommen. Noch toller ist die Unterstützung durch Hörer, die mich technisch unterstützen: Einer hat mir sogar ein besseres Mikrofon gesponsert, ein anderer hat mir mal einfach so das Design für den Internetauftritt erstellt. Andere “flattern” meine Folgen und unterstützen mich finanziell. Ich hätte das in dieser Dimension vorher nie für möglich gehalten. Und dann gibt’s ja auch noch andere tolle Formate wie Litheart, die sich für meinen Podcast interessieren.

L: Danke fürs Lob, das geben wir gern zurück. Vielleicht eine persönlichere Frage zum Schluss: Welche Podcasts hörst du privat gern, wo treibst du dich im Netz am liebsten herum?

M: Da gibt es ja doch so vieles Spannende derzeit im “Äther”, dass ich kaum mit dem Anhören hinterher komme. Mich interessiert natürlich alles zum Thema Wissenschaft, insbesondere natürlich Geschichte. Da wäre beispielsweise “Wanhoffs wunderbare Welt der Wissenschaft”, “Zeitzeichen”, der englischsprachige “Archaeology Channel”, und ganz neu und ein Geheimtipp: der Geschichts-Podcast “Vorzeiten” von der bezaubernden Stephanie. Ach, natürlich ist jeden Sonntag “Hoaxilla” immer fest eingeplant.

L: Vielen Dank für das spannende Interview!

Mirko betreibt den Podcast "angegraben" / Foto: privat

Mirko Gutjahr / Foto: privat

Mirko Gutjahr ist 38 Jahre jung und beim Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle angestellt. Der Podcast jedoch ist, wie er betont, rein privat und von seiner beruflichen Aktivität für das Land Sachsen-Anhalt strikt getrennt. Er hat im Jahre 2006 sein Studium beendet, gegraben und sich für sein heutiges Arbeitsgebiet interessiert hat er jedoch bereits als Schüler und Student.

Den Podcast “Angegraben” findet ihr HIER
Folge 1: Der mittelalterliche Zauberring von Paußnitz
Folge 2: Masken im Mittelalter und Früher Neuzeit

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