Go West : Converging paths

ReihEins Go West : Converging Paths

MDR Sinfonieorchester, Leitung: Kristjan Järvi
Steve Reich: Three Movements für großes Orchester
Elliott Carter: Cello Concerto
Udo Zimmermann: “Lieder von einer Insel” Concerto per Violoncello ed orchestra
Alexander Skrjabin: Le poème de l’extase op. 54
Solist: Jan Vogler, Violoncello

Altes Neuem gegenüberstellen, modernen Minimalismus mit dem Expressionismus des 19ten Jahrhunderts ausbalancieren. Das schafft Kristjan Järvi seit Beginn seiner Tätigkeit als Chefdirigent des MDR Sinfonieorchesters in Leipzig immer wieder. Mit “Converging paths” (sinngemäß “Zusammenlaufende Wege”), einem Konzert der “GoWest”-Reihe, gelang ihm dieser Spagat zum 01.03.2014 wieder einmal meisterhaft.

Den Abend eröffnet “Three movements”, ein Stück des diesjährigen us-amerikanischen “Composer in residence”, Steve Reich. Das minimalistische Stück, das zu einem großen Teil aus der Wiederholung einzelner Motive besteht, komponiert 1986, eröffnet mit schnellen Rhythmen, die an Philipp Glass erinnern. Ein rasanter Einstieg in den Abend.

Das Cello-Konzert “Lieder von einer Insel” von Udo Zimmermann ist neueren Datums und ein tragenderes klassisches Stück, in dem Schwere und Nachdenklichkeit des Lebens zum Ausdruck kommen. Geschrieben für den Solisten des Abends, Jan Vogler am Violoncello, im Jahre 2009 ist es inspiriert von dem gleichnamigen Gedicht von Ingeborg Bachmann, aber auch Heine und Hölderlin klingen an in dem ruhigen, bisweil aufbegehrenden Streicherstück. Mit frenetischem Applaus wurde neben dem Stück auch der kurze Besuch des 70jährigen Komponisten auf der Bühne vom Publikum bedacht.

Ingeborg Bachmann
Lieder von einer Insel

Wenn einer fortgeht, muß er den Hut
mit den Muscheln, die er sommerüber
gesammelt hat, ins Meer werfen
und fahren mit wehendem Haar,
er muß den Tisch, den er seiner Liebe
deckte, ins Meer stürzen,
er muß den Rest des Weins,
der im Glas blieb, ins Meer schütten,
er muß den Fischen sein Brot geben
und einen Tropfen Blut ins Meer mischen,
er muß sein Messer gut in die Wellen treiben
und seinen Schuh versenken,
Herz, Anker und Kreuz,
und fahren mit wehendem Haar!
Dann wird er wiederkommen.
Wann?
Frag nicht.

-> Gespräch mit Udo Zimmermann zu “Lieder von einer Insel”

Wesentlich älter als Zimmermann heute war Elliott Carter, als er das “Cello Concerto” im Jahr 2000 komponierte. Im Alter von 92 Jahren schrieb er das Konzert, das sich an diesem Abend den anderen Lebenswegen anschließt. Bis zu seinem 103ten Geburtstag komponierte er weiterhin Musik, bis der 1908 geborene Carter im Jahr 2012 schließlich verstarb. Damit war er zeitlebens ein Vertreter alter und moderner Klassik und wichtiger Vertreter der Neoklassik zugleich. Das atonale expressionistische Cello Concerto gehört dabei eher zu seinen ruhigeren Werken und fordert dennoch einiges von den Musikern des MDR Sinfonieorchesters.

Den Abschluss des vielfältigen Abends bietet Alexander Skrjabins “Le poème de l’extase op. 54” (“Das Gedicht von der Extase”) aus dem Jahr 1908. Skrjabin, ein persönlicher Favorit Kristjan Järvis, dessen Werke gern in der GoEast und GoWest-Reihe gespielt werden, steht für den großen musikalischen Expressionismus des 20ten Jahrhunderts und die Exzentrik in seinen Stücken schlug sich auch auf sein Leben und literarisches Schaffen nieder. Das Gedicht zum gleichnamigen Orchesterstück umfasst monumentale 370 Zeilen und handelt vom Kampfe des Geistes über seine Dämonen. (Das komplette Gedicht in der Übersetzung finden Sie HIER zum Nachlesen)

Mit dem Konzert haben die Go West-Reihe, und vor allem Kristjan Järvi, wieder einmal bewiesen, dass sie dem mittlerweile international lobenden Ruf gerecht wird. Gute Klassik hat in dieser Reihe und unter dieser Leitung im Gewandhaus ein gut gefülltes Zuhause gefunden, zu dem die Zuschauer auch längere Anreisen in Kauf nehmen. Und es macht Spaß zu sehen, dass man mit einem vielfältigen Programm wie diesem das Gewandhaus füllen und die Menschen wieder für Klassik begeistern kann.

Das nächste Konzert der Reihe findet unter dem Titel “Die Faust im Nacken” am 12.04.14 im Gewandhaus statt. HIER Tickets sichern

Hinweis: Alle in den Artikel eingefügten Hörbeispiele entsprechen ggf nicht der Interpretation des Abends.

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