Posts mit dem Label verhexte texte werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label verhexte texte werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
30.10.17
Aludel
Selbstverständlich habe ich Spaß an Wassertropfen, die sich in diesem rostigen Kanal zu etwas anderem verwandeln. Sie bündeln sich, werden zu einem Rinnsal. Die rostige Luke blutet das Haus leer. Einmal beschienen vom Mond, Wind im Gesicht, das Blut von den Händen waschen. Der Traum eines jeden Kindes. Die Regentonne schwappt über. Kaum zu glauben, dass in Russland das ganze Land abfackelt. Du hast keine Konstanz in deinen Bemühungen - oh Daddy, wenn du wüsstest, wie schwierig es im Grunde ist, einen Menschen so zuzurichten, dass er in einen Reisekoffer passt. Es dürfen ja keine Knochen raustehen.
27.09.17
1, 2, 3, 4, 5 ...
Es stand Eine hinter mir. Ich saß auf einem Stuhl, mit nacktem Oberkörper, vor einem Spiegel und schaute, wie sie meine Brüste formte. Bis zu ihren Schultern sah ich sie. Empfand sie schön. Tat sie einen Schritt zurück, verschwand sie in samtiger Schwärze. Tat sie einen vor, war mein Gesicht für mich im Spiegel nicht erkennbar. Ich stand auf, tat einen Schritt nach vorn und drehte sie um.
2
Er (unbekannt) hat meinen Oberkörper abgetastet. Hielt am Rücken, auf Höhe der rechten Niere, und sagte: Teichbestandteile.
Warum ihr ein Mann an seinem Pferd (braun) erklärt hat, wie sie es küssen soll, hat sie nicht verstanden. Dafür aber, warum sie die versammelte Gesellschaft in der Kirche sitzen ließ. Nicht zum ersten Mal. Dabei ist sie nie eingetreten. Atemnot, Herzrasen und körperlicher Widerwille im schnörkellos weißen, hochgeschlossenem Pompsteifkleid, mit auslaufenden Ärmeln. Das Haar unterm Schleier, der zu einem Dutt gebunden. Nur ihr Gesicht, starkfarben geschminkt, war, außer ihren Händen, einzig sichtbarer Teil ihres Körpers. Dir Davongeflogene.
Und ich fand sie schön.
Du hast mir Sauerstoffblasen unter Wasser gegeben. Ich wollte eine von ihnen in meinen Mund nehmen. Doch das Wasser drang immer zuerst hinein. Verdrängte sie. Ich versuchte es wieder und wieder. Es gelang mir nicht. So schaute ich ihnen nach. Sah sie aufsteigen: Scheuschnell, um an der Oberfläche aufzugehen. Silberringe. Wunderschön und nicht von Dauer.
5
Schmales Weibchen stand blaustrümpfig im gleißenden Sonnenfall: Die Mimik der Seele kann nur durch eine andere sichtbar gemacht und wahrgenommen werden: Ebenso schön, wie sich vorzustellen, was im klitzekleinen Hirn eines Schmetterlings vor sich geht, wenn er hört und sieht, dass Rahm in einem Kelch geschlagen wird.
Sein Gesicht war nass. War zu einem geworden, das in Erde fiel, während sie ihn nahm, eines, das sich ihm wieder und wieder löste. Wurde und wurde. Das fiel und fiel in dieses nasse Bewusstsein zu sickern.
19.09.17
Ball & Bällin
Ich wollte sprechen. Doch es kam nichts. Meine Stimme. Sie blieb mir einfach im Hals stecken. Ich versuchte es erneut, wollte dir doch unbedingt etwas sagen, wollte mich äußern. Doch wieder blieb sie stecken. So, als hätte sie ihren eigenen Willen. Ich spürte sie in meiner Kehle. Nicht einmal unangenehm. Weich sogar. Ich fasste an meinen Hals. Dorthin, wo ich sie spürte. Sie bewegte sich, fand den Weg nach oben in meinen Mund. Das war in keiner Weise unangenehm, eher salbig in meiner Kehle. Ich spürte sie auf meiner Zunge, gar nicht sehr konsistent, aber wie schon gesagt: irgendwie weich. Ich schaute dich an. Du wartetest. Wartetest, dass ich etwas sagte. Ich ließ sie auf die Innenfläche meiner linken Hand hinab. Sie sah aus wie ein kleiner Nebelball. Nebel, der sich bewegte. Du schautest erstaunt, wolltest auch etwas sagen, aber du konntest es ebenso nicht, dir passierte dasselbe. Auch du ließt dir deinen von deiner Zunge über deine Lippen auf deine linke Handinnenfläche gleiten. Betrachtetest ihn. Gabst ihn mir in die Innenfläche meiner anderen Hand. Meine Bällin fing zu vibrieren an, hüpfte leicht. Deiner tat es ihr nach. Wir schauten uns beide an, völlig verwundert. Ich nahm meine beiden Hände zu einer Schale zusammen. Sofort begann dein Nebelball meine Bällin zu umkreisen. Kreiste und kreiste um sie. Sie vibrierte wieder. Rempelte gegen deinen. Wollte ausbrechen, ihn auch zu umkreisen. Deiner rempelte zurück. Sie rempelten sich. Ein bisschen fest, wie ich fand. Und so standen sie dann nach einer kurzen Weile, ohne sich zu bewegen, voreinander. Atmeten. Zogen sich zusammen. Breiteten sich aus. Als würden sie sich tatsächlich anschauen und verschnaufen. Wir lächelten darüber. Waren zu alledem ja nackt. So nackt, wie zwei Menschen es nur sein können, wenn sie das erste Mal voreinander entblättert stehen. Wir legten uns. Ich gab dir meine Bällin in deinen Bauchnabel, behielt deinen bei mir. Er hüpfte wieder. Aber diesmal vor Vorfreude. Als wüsste er, was meine gleich tun würde.
Was tat sie dir? Gib es zu, sie leckte!
Leckte sofort drauf los. Leckte deinen Bauch, leckte über deinen mons pubis, rollte wild auf dir umher. Saugte an deiner linken Brustwarze. Ich legte mich auf meinen Bauch. Du nahmst mir deinen aus der Hand, gabst ihn mir auf Steißhöhe in die Mulde meiner Wirbelsäule. Mein Nebelball stand dabei still auf dir. Glomm im Innern. Deiner rollte sich mehrmals meine Mulde hinauf und hinab, nahm Schwung auf, erklomm meinen Hintern. Biss mich.
Wie das denn?
Meine Bällin hüpfte auf dir. Und wie sie es tat! Zerließ sich beim fünften Aufkommen auf deinem Bauch, rann wieder zusammen, floss zu deinem Mund hinauf. Das tat deiner meiner nach, floss aber in die Spalte meines Hinterns, langsam und nach vorn. Ich schloss die Augen, fasste nach dir. Du fasstest nach mir. Mein Stimme, sie tropfte von dir auf mich, tropfte als du über mich kamst. Ich hob meinen Oberkörper an. Sie sammelte sich auf mir, umlief meinen Rücken zu beiden Seiten, küsste meine Zitzen und tropfte herab. Ich hörte dich stöhnen. Ich hörte mich. Wir hörten uns.
Was tat sie dir? Gib es zu, sie leckte!
Leckte sofort drauf los. Leckte deinen Bauch, leckte über deinen mons pubis, rollte wild auf dir umher. Saugte an deiner linken Brustwarze. Ich legte mich auf meinen Bauch. Du nahmst mir deinen aus der Hand, gabst ihn mir auf Steißhöhe in die Mulde meiner Wirbelsäule. Mein Nebelball stand dabei still auf dir. Glomm im Innern. Deiner rollte sich mehrmals meine Mulde hinauf und hinab, nahm Schwung auf, erklomm meinen Hintern. Biss mich.
Wie das denn?
Meine Bällin hüpfte auf dir. Und wie sie es tat! Zerließ sich beim fünften Aufkommen auf deinem Bauch, rann wieder zusammen, floss zu deinem Mund hinauf. Das tat deiner meiner nach, floss aber in die Spalte meines Hinterns, langsam und nach vorn. Ich schloss die Augen, fasste nach dir. Du fasstest nach mir. Mein Stimme, sie tropfte von dir auf mich, tropfte als du über mich kamst. Ich hob meinen Oberkörper an. Sie sammelte sich auf mir, umlief meinen Rücken zu beiden Seiten, küsste meine Zitzen und tropfte herab. Ich hörte dich stöhnen. Ich hörte mich. Wir hörten uns.
18.09.17
Empfinden und Loch
Das Empfinden wird in eine große Sache gegossen. Die große Sache ist demnach zur Hälfte voll geworden. Das Loch ist zu groß für das Empfinden. Die große Sache ist das Loch, das zu groß ist für das Empfinden, das zu klein ist für das Loch, die große Sache.
Natürlich wurde falsch empfunden und dann bemessen – ebenfalls falsch, weil falsch empfunden wurde. Man mußte das Empfinden wieder herausnehmen aus der großen Sache und das Loch zur Hälfte zuschütten, aber das Loch fraß alles, die Erde und alles, und vorher das Empfinden und alles. Das alles.
16.09.17
Komposita über das Sterben im Gemäuer
![]() |
Ultima Thule |
Baudelaire bescheinigt dem Bildnis, dass Poe dort ein recht französisches Aussehen an den Tag lege, in Wahrheit war der Dichter vom Alkohol gezeichnet. Das ursprünglich recht feminine Gesicht weißt tiefe Furchen auf, die Augenpartien zeichnen sich unsymmetrisch ab.
Doch nun geschieht etwas Merkwürdiges in einem Leben voller Merkwürdigkeiten. Am 13. November, also vier Tage später, sieht Poe bereits wesentlich erholter aus. Zu sehen auf dem ›Whitman-Daguerreotypie‹ bezeichneten Portrait.
![]() |
Whitman-Daguerreotypie |
Poe war, als ich ihm begegnete, etwas älter als ich. Er befand sich wohl, wenn auch die Schatten einer schweren Melancholie die tiefen Augen wie Vorhänge einrahmten. Es faszinierte mich nicht wenig, zu beobachten, wie er nahezu täglich sein Aussehen änderte, ohne jedoch seine charismatische Persönlichkeit einzubüßen. Für uns beide war die Zeit ein Instrument der Willkür, weswegen wir uns nicht an sie zu halten brauchten. Von ihm lernte ich zwei bedeutende Dinge, die er mir, jetzt, wo er auf niemanden mehr Rücksicht zu nehmen hatte, anvertraute. Das eine war das ›richtige Trinken‹ des Absinth. Er bemängelte, dass es sich in der heutigen Zeit allenthalben nur noch um ein Naschen handeln konnte. Er aber, der Künstler des Rausches, gab sich nicht mit den einfachen Genüssen ab. Er scheute sich zu keiner Zeit, in das Innerste eines jeden Tempels vorzudringen, auch wenn das bedeutete, die Kontrolle zu verlieren.
Das andere war das Konzept, sich durch die Geisteskraft immer tiefer in sich selbst hineinzubewegen. Er sprach in diesem Zusammenhang nicht selten von einem Labyrinth mit dem Minotaurus in der Mitte. Das gab er mir als Grund an, warum er niemals einen Roman geschrieben habe, auch wenn er, wie er zugab, oft daran denken musste.
»Die meisten Romane«, sagte er, »sind wie der Faden der Ariadne. Zum einen scheinen sich die Dichter auf sicherem Boden bewegen zu wollen, um den Weg in jedem Fall wieder zurückzufinden. Zum anderen hängt selbst alles an diesem Faden und jeder könnte ihm folgen, wie viel Verwicklungen und Abzweigungen es auch immer geben mag.«
Er selbst wolle jedoch jeden einzelnen Schritt so ausleuchten, dass man sich auf diesen Faden nicht erst konzentrieren müsse, sondern vielmehr den Ort und dessen Atmosphäre im Auge behalten könne. Neben dem Gedicht gäbe es nur eine einzige Vollendung innerhalb der Poesie. Und das wäre die kurze Erzählung. Diese allerdings nahm er in die Pflicht, das Arabeske und das Groteske so herauszustellen, dass sie dem Spiel einer flackernden Kerze ähnele, deren Licht über die Wände des Labyrinths irrlichtert.
»Es geht nichts über die Strategie einer analytischen Logik«, sagte er. »Nur so geschrieben kommt die Erzählung einer Komposition gleich.« »Die Erzählungen der Ratiocination nehmen – obwohl Sie doch jeder mit Ihrem Namen in Verbindung bringt, dann wohl doch den geringsten Teil Ihres Oeuvres ein. Im Gegenteil strapazieren Sie die Logik dort gehörig!« sagte ich, schon etwas trunken ob der späten Stunde.
»Was zerschmettert uns mehr als das Hinscheiden einer geliebten Frau? Was wäre poetischer als der Tod eines blassen Schwans, so dass unser Geist die wildesten – wohlgemerkt tief purpurnen – Blüten treibt?
Ist die Komposition mit einem ästhetischen Gemäuer verknüpft, das wie im Zusammenspiel von Grundton, Terz und Quinte nur auf ein Ziel zusteuern kann: den Wahnsinn, aus Schmerz und tiefer Verzweiflung erlangt, dann ist sie nichts anderes als der Kontrapunkt. Denn der Wahnsinn und die Dekadenz, aus der die Empfindungen sprießen, die wir jenseits vermuten, sind gerade der Gipfel einer analytischen Logik, die sich darin gleich wieder selbst karikiert. Denn dass die Liebe über den Tod hinaus akut bleibt, ist keine Zutat der reinen schwärmenden Phantasie, sie ist das Monströse unserer eigentlichen Einsamkeit.«
Mr. Poe war oft sehr schwer betrunken, was man ihm nicht eindeutig ansah. In diesen Momenten trieben seine Dämonen ihm Blüten auf die Wangen und seine Augen zeugten von erhöhter Nervosität. Die Qual der Besessenheit indes wusste er nur zu mildern, indem er die Feder zur Hand nahm, was er aber nur vermochte, sobald die Wirkung des Alkohols im Abklingen begriffen war. Es galt ihm, den richtigen Moment zu erkennen, denn sobald der Zenit des Rausches überschritten war, kam sehr schnell der Kater über ihn, den er nur mit Opium zu lindern vermochte.
Wie alle Lebenselixiere, ist gerade das Feuerwasser das Gefährlichste. Es stärkt den Geist durch flüssig gewordenes Blut, das Leben rast durch die Adern und bringt alle Eindrücke, die der Körper kaum mehr zu archivieren weiß, in magische Aufruhr. Sie werden überdacht und neu zusammengesetzt.
Was also der Körper dort am Grabe von ihrem Geist empfing, hat weder das Auge bemerkt, noch vermochte das Gefühl durch die Kleidung zu dringen, so dass ich hätte seufzen mögen: »Virginia ist’s dort im Windhauch.« Und doch: es blieb dem bisschen Leben nichts anderes, als nur sie wahrzunehmen. Vielleicht hing die Erinnerung zuletzt gar nicht im Hirn, sondern außerhalb von uns.
Dok1 / to wait
Ein mit Propofol gefüllter milchweißer Kubus schwebt in der Mitte des Teilnehmerparkours. Wer ihn als erster erreicht und auf die richtige seiner sechs Flächen stellt, darf, nach 30 Jahren Abwesenheit, das, bei geführter Hand, selbst signierte Selbstportrait „Happy“ in einer eigenen Ausstellung betrachten, in der jeder vom Himmel geholte Black Hawk der protokollierten Kriegsgeschichte der Menschheit von der Decke herunter ragt. Die anderen entfallen. Das zu tragende Flügelhemd wird dem Sieger zuvor an der Garderobe ausgehändigt.
Ist dies geschehen, wird zu seinen Füßen der Schatten eines Falken erscheinen, der ihn, begleitet von kräftigen Ovationen, zu seinem Empfang führt. Tief dort unten im Eise. Dort, wo es dunkel ist, sind die Empfänge heller.
14.09.17
Aiga und Hybris
Wie ich dann doch einmal komplett verzweifelte, war eine Geschichte, die ich mir selbst erzählt hatte. Vor langer Zeit. Näher gebracht hatte ich sie dir. So nahe, dass du eigentlich durch sie hindurchschauen konntest. Denn noch näher wäre nicht möglich gewesen. Unmöglich gar. Aber das Wunderbare am Unmöglichen ist ja, dass wir es wieder und wieder versuchen. Manchmal auch mit einer gewissen Hybris, egal ob beide Beine mitmachen oder nicht. Ob du einfach einen Fuß vor den anderen setzen kannst oder nicht. Bis es wieder in Ordnung ist und du über Schrittabfolgen nicht mehr nachdenken musst. So, wie zuvor.
H y b r i s. Allein das Wort legte sich manchmal wie ein Kranz um ihren Kopf. Als wär´s ihr Haar. Dann ist es, als wolle sie nackt, nur mit einem Rock bekleidet, diese Nordwand erklimmen. Und sie tat es. Während Aiga, die felsige Trollin, herzlich darüber lachte. Ihr Handy trug sie dabei in ihrer Rocktasche, um ihre Mutter sprechen zu können, sollte es möglich sein. Ihr zu sagen, dass sie, immer wenn sie mit ihr telefonierte, wenn diese in den Bergen weilte, jedes Mal empfand, sie höre einem Mädchen zu, das noch ganz leicht seine Träume träumt.
Oftmals, nach einem solchen Gespräch, stellte sie sich vor, dass sie irgendwann einmal ein Säugling war, den diese junge Frau gestillt hatte. Und so muss es ja auch gewesen sein. Nur kam ihr dieser Gedanke dermaßen seltsam vor. Sie. Ein Säugling? Denn tatsächlich war ihr jene hellklingende Stimme, die sie soeben auf der anderen Seite der Leitung gehört hatte, fern, irgendwo inmitten der Berge, derart real, dass es sie selbst - in diesem Moment - doch gar nicht geben dürfte. Eine Tatsache über die sie lächeln musste.
H y b r i s. Allein das Wort legte sich manchmal wie ein Kranz um ihren Kopf. Als wär´s ihr Haar. Dann ist es, als wolle sie nackt, nur mit einem Rock bekleidet, diese Nordwand erklimmen. Und sie tat es. Während Aiga, die felsige Trollin, herzlich darüber lachte. Ihr Handy trug sie dabei in ihrer Rocktasche, um ihre Mutter sprechen zu können, sollte es möglich sein. Ihr zu sagen, dass sie, immer wenn sie mit ihr telefonierte, wenn diese in den Bergen weilte, jedes Mal empfand, sie höre einem Mädchen zu, das noch ganz leicht seine Träume träumt.
05.09.17
Der olfaktorische Handkuß
Sinne schwinden (schwindet, Sinne!); so ein Lied der Früchte, so ein Lied der Frucht; aus deinem Füllhorn fließt stets und stets des Lebens Energie, der Boden säumt die ausbedungnen Schuh‘. Ein Schritt nur, und es wird die Späte richten, wie der Tag sich aus dem Tage schält. Das B des Bibberns, B des Bangens, B des Badens in olfaktorischen Genüssen. Auratisch schwebst in Windeseile, durcheilst den Luftraum windgeschwind und hebst dich in die offnen Arme, die Hände fächeln Tau herbei, und Kosung dreht sich zum Gerank, zum Wimperg über unsren Köpfen. Die Hand wird nur geküßt im Viert der Räume, auf den Steigen der Zeitenbahn. Uns ist das Fließen angedacht. Ich könnte, käme an, ich konnte, kam ich an, ich kann nicht von dir lassen, den Brautstein auf den Lippen tragend, der den Gesang des deinen Körpers in den Trichter des Gesagten, der Verheißung überführt.
02.09.17
Fallen
Wir lesen Worte über uns.
Geschrieben von jemand anderem.
"Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird."
Wir frohlocken.
Weil wir nicht verstehen, dass Leben in den Abständen stattfindet.
Nicht auf den kurzen Silben dazwischen.
Wir warten.
Geschrieben von jemand anderem.
"Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird."
Wir frohlocken.
Weil wir nicht verstehen, dass Leben in den Abständen stattfindet.
Nicht auf den kurzen Silben dazwischen.
Wir warten.
01.09.17
Waterlily & Oil
Vor einem Jahr:
"Wir sind uns schon einmal begegnet." "Ach ja?" "Aber natürlich. In Ihrem Haus. Erinnern Sie sich nicht?"
Wenn man Zug fährt steigt man ein; wenn man Zug fährt steigt man aus. Oil steigt aus, Waterlily am Ohr, kurz bevor der ganze Hades aus den Gleisen walzt und screamt und brät und bevorzugt bremst. Der olfaktorische Handkuß gerät zur selbstverständlichen Umarmung, die nie wieder nachlassen wird, die sich in ein Crescendo steigert, dem nur noch der Urteilsspruch besonders weiser Raben Einhalt gebieten kann. Die Raben, die den Wasserturm in Mannheim nicht bevölkern, wären weise, sind es aus Abwesenheitsgründen aber nicht. Waterlily lächelt wie ein Stern, der Wasser in Wasser gießt, sie gibt jeder Landschaft den Anstrich des Idylls, selbst wenn es sich um Beton und eine Straße handelt. Ihr Lächeln ist Liebes=Weise. Und Oil ist zum Holen auserkoren.
"Wir sind uns schon einmal begegnet." "Ach ja?" "Aber natürlich. In Ihrem Haus. Erinnern Sie sich nicht?"
- Lost Highway
Wenn man Zug fährt steigt man ein; wenn man Zug fährt steigt man aus. Oil steigt aus, Waterlily am Ohr, kurz bevor der ganze Hades aus den Gleisen walzt und screamt und brät und bevorzugt bremst. Der olfaktorische Handkuß gerät zur selbstverständlichen Umarmung, die nie wieder nachlassen wird, die sich in ein Crescendo steigert, dem nur noch der Urteilsspruch besonders weiser Raben Einhalt gebieten kann. Die Raben, die den Wasserturm in Mannheim nicht bevölkern, wären weise, sind es aus Abwesenheitsgründen aber nicht. Waterlily lächelt wie ein Stern, der Wasser in Wasser gießt, sie gibt jeder Landschaft den Anstrich des Idylls, selbst wenn es sich um Beton und eine Straße handelt. Ihr Lächeln ist Liebes=Weise. Und Oil ist zum Holen auserkoren.
28.08.17
entfernt
Am Bahnsteig
flattert ein Schirm.
Lehnt am silbernen Mülleimer
der blaue Himmel
entfernt
Wolken.Lehnt am silbernen Mülleimer
der blaue Himmel
Der Zug ist schnell.
Vergessen.
Vergessen.
26.08.17
Der Tanner
Aus der Borke der Zeit, einer Ewigtanne, schnitzte sich vor vielen vielen Jahren und Abermyriaden von Blüten und Bienenstaaten, die vergingen, ein Herbergsvater. Der Tanner eines Hauses, das stets versank, sobald die Sonne den Mond ablöste. Er tat es mit jenem Messer, das bis dahin fortdauernd den Broten überlassen war, die die Bewohner dieses von Eulen bewachten Hauses, in dem sie das Licht der Welt erblickten, zu ihren Lebzeiten buken, doch niemals von ihnen aßen.
Er, der Wirt dieser Seelen, die an das Haus gebunden, ihrem Hunger ergeben waren, wie es Vogelküken im Nest der ersten Lichtstrahlen sind, die sie wachläuten, trug sie des Nachts, nachdem er sie durch seinen Mund in sich aufgenommen hatte, durch das Dorf, um Wirbellose für sie zu sammeln. Nacktschnecken und Würmer, die er ihnen in ihre Münder gab, die sich trotz des Schlafes, der sie barg, weit in seinem Holzrücken öffneten. Er selbst aß niemals etwas. Aß nichts außer ihnen. Und er tat es auch nur, sobald sie der Müdigkeit anheimfielen, die sie tagtäglich ereilte. Was an ihren sich langsam schließenden Augen zu bemerken war, die den Möbeln und Wänden übergeben waren.
So musste er sich beeilen, geschwinde sein, da es bis zum Morgengrauen nicht mehr lange dauern würde und er rechtzeitig mit ihnen wieder im Haus, in der Küche, an selber Stelle sein müsse, um fest und stämmig, gar vierbeinig zu werden, damit sie in jenem Moment zurück wären, in dem Aurorah mit einem ihrer Finger die Oberfläche des Tanners berühren würde, auf dass ihre Geister abermals und neuert aus ihren Mündern in seinem Rücken in die Augen des Hauses entweichen könnten, die sich ihm in seinem Schlaf dann öffnen würden.
Er, der Wirt dieser Seelen, die an das Haus gebunden, ihrem Hunger ergeben waren, wie es Vogelküken im Nest der ersten Lichtstrahlen sind, die sie wachläuten, trug sie des Nachts, nachdem er sie durch seinen Mund in sich aufgenommen hatte, durch das Dorf, um Wirbellose für sie zu sammeln. Nacktschnecken und Würmer, die er ihnen in ihre Münder gab, die sich trotz des Schlafes, der sie barg, weit in seinem Holzrücken öffneten. Er selbst aß niemals etwas. Aß nichts außer ihnen. Und er tat es auch nur, sobald sie der Müdigkeit anheimfielen, die sie tagtäglich ereilte. Was an ihren sich langsam schließenden Augen zu bemerken war, die den Möbeln und Wänden übergeben waren.
So musste er sich beeilen, geschwinde sein, da es bis zum Morgengrauen nicht mehr lange dauern würde und er rechtzeitig mit ihnen wieder im Haus, in der Küche, an selber Stelle sein müsse, um fest und stämmig, gar vierbeinig zu werden, damit sie in jenem Moment zurück wären, in dem Aurorah mit einem ihrer Finger die Oberfläche des Tanners berühren würde, auf dass ihre Geister abermals und neuert aus ihren Mündern in seinem Rücken in die Augen des Hauses entweichen könnten, die sich ihm in seinem Schlaf dann öffnen würden.
19.08.17
dahin
Straßenblick siebenter Stock
von Giebeln läuft Schnee
in die Regenrinnen
man schmeckt die Stille
dem letzten Nachtbus folgen
die Angst sitzt mir im Genick
16.08.17
Nacht und Hegemon
das letzte Licht geht aus
die Stadt entkleidet sich
trägt nur den Staub der dürren Tage
Nylon reibt an Stein ein Stöhnen
blinde Fenster blinzeln
irritiert
Hitze hält die dunklen Kreaturen
in den finstren Ecken
isoliert
(2009)
(2009)
12.08.17
Indianerweisheit
Der Spaten fährt hinab, verfehlt nur um
Haaresbreite den Maulwurf, der sich im letzten Augenblick unter der Erdscholle
verkriechen konnte. Am Leben. Noch.
Die Tomaten an den Büschen faulen vor sich
hin. Im Sommer waren sie süß, jetzt hängen nur noch Nachzügler an den Büschen.
Grünbraun, Orange und gelblich Rot. Die Disteln in den Wiesen sind riesig, wie
bedornte Kelche, die versuchen, vom Himmel zu trinken. Regen, tagelang Regen,
Stunden wie Wasser, durch das man zu tauchen versucht. Nicht ein trockener
Knochen mehr im Leib. Aber schön langsam, alles schön langsam. Wir wären wie
Wolken dieser Tage, würden wir schweben, würden wir weinen. Still und grau und
fern. Wir zerlaufen zu Schlamm, wie die Blätter am Boden, flüchten uns
in die Erde und träumen vom Schlaf, der mit dem Frost kommt. Der Winter scheint
unser Erlöser, die Sonne der Feind, der uns hinterging, und wir, wir sind die
Versehrten aus dem letzten Krieg. Zerschlissen und einsam. Wir sind fertig mit
kämpfen.
Der Erdhügel vor mir wächst und mit ihm mein Erregung.
Ich teile den feuchten Grund mit dem Spaten, mit den Würmern, mit den Wurzeln,
mit niemand anders als mir selbst. Ich denke an die bemooste Marie-Luise, die
ich gesehen habe, als ich gerade mal acht war. Ich denke an ihre tiefen,
schwarzen Augen, ihre fleischlosen Lippen und das breite Grinsen, das mit dem
Tod gekommen ist. Die meisten der Cowboys sind weggelaufen, konnten den Anblick
ihrer Zukunft nicht ertragen. Christian, Kurt und ich sind
geblieben. Wir waren Indianer. Mit Taubenfedern im Haar und Kriegsbemalung aus
überreifen Erdbeeren im Gesicht. Wir waren frei, an diesem Tag. Den ganzen Tag
lang. Frei.
Marie-Luise lag im Wald, wo sie gefallen war,
friedlich. Sie war der Wald. Oder bessergesagt, sie wurde Wald. Über ihr rauschten die Blätter, neben ihr
tummelten sich Käfer. Ein halber Hase verschwand hinter einer Kiefer, kam auf
der anderen Seite nicht mehr hervor. Wir begrüßten Marie- Luise, und huldigten
ihr mit offenstehenden Mündern und glänzenden Augen. Wir waren keine Kinder an
diesem Tag, wir waren uralte Wesen, in unserem Verständnis um die Dinge, in
unserem frei sein, mit unseren Stöcken, mit denen wir Marie-Luises Gliedern
neues Leben schenkte, mit unserem Atem, der „Ah“ hieß, zuerst, und „Oh“. Wir
waren was wir sein sollte, wozu wir bestimmt wären, wenn wir lange und tief
genug in uns hinein hörten. Bis die Cowboys wiederkamen, mit Männer mit Hunden und uns Marie-Luise nahmen.
Sie zudeckten, als wäre sie furchtbar, als müsste sie sich schämen, für das,
was sie war, wozu sie geworden ist. Wir waren traurig, traurige Indianer, als
unsere Eltern uns holten.
Wenn der Wurm klug ist, sehnt er sich nach dem
Spatenstich, sehnt sich nach dem kurzen Schmerz, der den langen ablöst, der der
Einsamkeit ein Ende bereitet. Er wird mehr als die Summe seiner Teile, so wie
Marie-Luise, mehr!
Den viereckigen Himmel betrachtend denke ich
an Peter. Der Spaten, der in Marie Luise fuhr. Nur weil er es konnte, weil es
in der Natur des Spaten liegt herabzufahren. Sonst wäre er zu nichts nütze.
Während die Erde von den Kanten krümelt und ich knietief liege, warm und
feucht, denke ich auch daran, wie Peter mich angesehen hat, als ich ihn
letztlich sah. Nach all den Jahren, die ein Leben waren. Mit seinem Altmännergesicht
und den stumpfen Augen. So ähnlich, wie ein Wurm gucken würde, wenn er Augen
hätte. Wie er den Hals einzog, als er aus der Trafik kam und die Straße
hinabwanderte. Als würde er auf Schläge warten. Als wenn es jeden Augenblick damit
beginnen könnte, Steine zu regnen.
Der Himmel ist blau. An manchen Tagen lohnt
es, solche Dinge festzustellen. Der Himmel ist blau und ich kralle meine Hände
in die dunkle, klamme Erde, beobachte die Wolke, die zuerst nichts ist. Dann ein
Berg, ein Baum, ein Haus mit Garten, ein Teich, eine ganze Stadt, ein
Ballonfahrer auf dem Weg nach Westen. Und dann wieder nichts. Fetzen und Knäul,
Nebel und Schwaden.
Peters gebeugter Rücken will mir nicht aus dem
Kopf. Peter, der auch mein Spaten hätte sein können wenn ich damals nicht so
schnell gewesen wäre, wenn ich die Lücke im Zaun nicht gekannt hätte, durch die
ich mich geschlängelt habe, seine Hände hinter mir zurücklassend. Seine
nikotingelben Finger nach mir grabschend, heischend, flehend. Ich floh mit
meinem Herz in den Armen, und dann war alles vergessen, waren da wichtigere
Dinge, als Peter, der vielleicht nur spielen wollte, weil er sonst keine
Freunde hatte. Außerdem ist da noch immer Marie-Luise, die die Lücke im Zaun
wahrscheinlich nicht gekannt hatte, Marie- Luise, die Heilige, die für einen
kurzen Augenblick zu unserem Tempel geworden ist, zu unserem Schlachtfeld, auf
dem wir glorreich siegten. Und wichtiger wurde als Pausenbrottausch und
Sommerferien, bedeutender als die wahre Liebe zu finden und seine Träume leben.
Schicksalsträchtiger, als sich zu verwirklichen, sich selber treu zu bleiben
und niemals aufzugeben. Schwerwiegender als jede Schlacht. Endgültiger als jene
Marie Luise, die sie gewesen ist, bevor sie zu dem wurde, was wir im Wald
fanden.
Je unwichtiger die Dinge werden, die einem eigentlich
immer so wichtig waren, desto klarer dämmert es mir. Das Wissen aus dem Wald
kehrte irgendwann wieder, kämpft gegen die Langeweile, gegen die
Abgestumpftheit und schlussendlich gegen diese ganzen anderen, verfeindeten Wichtigkeiten.
Die Ahnung wandelte sich zu etwas Neuem. Zu altem Indianerwissen, das mich
schon einmal verließ, nur um nun erstärkt wiederzukehren. Zur uralten Religion.
Die Kenntnis darum, dass der Tomatenstrauch sich nicht darum sorgen muss, dass
es keinen Sinn macht, jetzt noch Früchte zu treiben, die niemals reifen können.
Es ist dem Strauch egal. Warum also sollte es mich kümmern?
Ich beginne zu singen, in dem Loch, in dem ich
liege. Es klingt dumpf. Der Maulwurf, streckt überrascht seinen Kopf aus der
Wand neben mir und stimmt ein, in das alte Lied, das keine Sprache kennt, das
nicht nur mit dem Mund gesungen wird, sondern mit allem was man ist. Mit den
Augen und den Ohren, mit Haut und Gliedmaßen und Eingeweiden. Sogar mit den
Zähnen und dem Haar und den Nägeln. Das Lied, das von allem handelt. Von allem,
was da ist. Und von mir. Selbstverständlich auch von mir.
(ERA 2009)
(ERA 2009)
10.08.17
Bilder von wir (mit mir)
mein Bild
von dir
mit mir
mit mir
wir waren wie wir waren
im Rahmen
der goldene Spiegel
schrieb im Kerzenschein
unsere Liebe
an die Wand gefahren
und wie
wir waren was
wir eben waren
mit mir
wir waren wie wir waren
im Rahmen
der goldene Spiegel
schrieb im Kerzenschein
unsere Liebe
an die Wand gefahren
und wie
wir waren was
wir eben waren
(2008)
05.08.17
Verlandung
ich weiß,
wie die Flößer leben
ich weiß wie sie leiden müssen
an Land
warum sie bei Regen
den Schotter am Straßenrand küssen
dazwischen die erdfarbenen Bäche lecken
sich an den Straßenrand legen
um den Himmel zu schmecken
die anbrandende Sehnsucht begrüßen
an Land
warum sie bei Regen
den Schotter am Straßenrand küssen
dazwischen die erdfarbenen Bäche lecken
sich an den Straßenrand legen
um den Himmel zu schmecken
die anbrandende Sehnsucht begrüßen
im neu schwellenden Bach
den tosenden Reifen lauschen
und in ihrem nassen Verlangen
aus vollem Mund Liebschwüre
den tosenden Reifen lauschen
und in ihrem nassen Verlangen
aus vollem Mund Liebschwüre
murmeln
gierig, gurgelnd
ich weiß warum sie glücklich
an ihren Tränen ertrinken
gierig, gurgelnd
ich weiß warum sie glücklich
an ihren Tränen ertrinken
Dort beim Hexenkraut
der Pinsel, der dann, von Fingern aufgerappelt, über die Gebirgszüge fährt, Stufen und Gefälle einfügt und Lücken hinterlässt, Lücken wie diese.
Die Pinsel sind Lehm.
Die Pinsel sind Lehm.
Einst kannte ich mein Gesicht, nicht aber seinen Umfang, ich kannte auch die Farbe meiner Augen, insofern sei gesagt, dass ich durchaus einmal daran glaubte, die Welt sei erschaffen und sie beträte mich durch meine Poren, doch –
Gerüchte ziehen durch das Land. Bodennah kriecht der feuchte Dunst, der von den Zungen platscht, über die Felder, und damit verderben sie dem Morgen die Sonne. Die Waldlaubsänger sib-sirren in den frisch mit Tau bezogenen Baumbetten mit dem Zwielicht um die Wette, flappen um ihre Koje herum, bringen ihre Hymnen den Würmern dar, den großen Ernährern, die aus der Erde ragen, dem Humus, dem Sand.
Do lunch or be lunch.
Eine Stunde vor Sonnenaufgang tragen die Arien der Rotkehlchen weit, aber erst als um 5 Uhr 40 die Stare erwachen, spottet dieses Opernhaus mit seinem tiefblau beginnenden Himmel allen menschlichen Tuns.
Was durch die Lüfte zieht, sich regt, verweht, wird Geschichte werden, die Worte faulender Gestank, der, langsamer als die Federvagabunden, den Wind findet, alles in seiner Reichweite vertreibt, was nicht mehr zur Nacht gehören will. Traumtentakel ziehen sich in die Büsche zurück, hinterlassen nur unangenehm nässende Spuren, ein Ektoplasma, zusammengefallen durch das tägliche Vergessen. Der Morgen beginnt sein Ritual, badet sich in den explodierenden Farben.
In jener Zeit, einer Zeit, an die wir jetzt denken, trat Nebel aus der Erde, stand auf dem Land herum und wartete auf die Sonne, die zwar schon ihre leuchtenden Arme über den Kohlwald ausstreckte, aber noch nicht in das Herz der Nebelbank hinein griff. Geisterhaft geckerten die Stimmen der Kinder von der groben Steinbrücke, brachen sich an den Gebäuden entlang der Schlossstraße und kehrten lallend zurück. Achtet auf den Widder! Die Eger gurgelte in ihrem dunklen Flussbett, im Nebel schwankten Gliedmaßen, auf der Wiese standen Schatten. Es waren die Schafe, die schüchtern Gras rupften vor der hölzernen Wand, hinter der sie ihr Nachtlager wussten. Die Tore geschlossen. Achtet auf den Widder! Wollköpfe schnellten lauschend in die Höhe, schwarze Münder blökten. Die Kinderschar lachte, löste sich auf wie eine weitere gespenstische Erscheinung. Die Steinbrücke war wieder leer. Als sich der Nebel verzogen hatte, stand das Dorf wie ein beginnender Tagtraum still und wartend an seinem Platz. Für die anderen ist es heute ohne Bedeutung, ich aber glaube, dass wir uns selbst dort lachen hörten. Vielleicht war einer dieser Augenblicke, als wir über die Steinbrücke der Eger tollten, an den Anfang zu setzen, denn einmal mussten wir einen Abdruck hinterlassen haben, der sich zu einem Spuk manifestierte. Nur eine unbedeutende Turbulenz in Zeit und Raum, die uns selbst für alles andere sensibilisierte. Die Steine nämlich vergessen nichts. Ihre Erinnerungen fließen langsam wie ihre ganze mineralische Existenz. Geduld macht sie unsterblich. Wenn der Dunst an ihnen reibt, erklären sie sich bereit, flüchtige ikonische Gedanken abzusondern. Sie sind die Archivare der Zeit. Und manchmal lassen sie ein geflüstertes Wort entkommen, noch öfter aber ein schallendes Echo, dem man besser nicht folgt. Keine Heiterkeit findet sich dort, wo es endet.
Wie täuscht uns das Leben, wenn neben der strauchigen, süßen Himbeere der Kadaver eines Eichhörnchens liegt, wenn schnurrend die Katze im Stroh auf ihren Mäuseleichen thront. Wie täuscht uns das Leben, weil wir uns gerne täuschen lassen. Vergessen ist der große Sturm des letzten Winters, der doch so viel von der Ruhe der Ansässigen gefressen hat. Wenn sie sich daran erinnern, tun sie das mit einem Schaudern. Gerüchte werden zu beglaubigten Geschichten, die mit eigenen sonderbaren Erfahrungen ausgeschmückt den Abend retten können; und Sonderbares hat hier jeder schon erlebt.
[...]
02.08.17
verstummt
(entstanden zur Mondscheinsonate von Beethoven)
Blätter am Ast, windgepflückt
geschwind im Mond, im silbrigen Mond
mein Haar, mein krauses am Stoff meines Kragens
gewohnt, gewohnt das
leise Schaben meines Leibes unter dem Kleid
das Gurgeln von Milch am Morgen
der feuchte Klang meiner Sorgen
das Klopfen des nervösen Schuhs auf die Dielen
die vielen kleinen Dinge
sie singen nicht mehr
das Klappern des Deckels
wenn das Wasser kocht
und allzu oft nun, allzu oft
auch der leise Applaus
von weichen Frauenhänden
schlich zum Fenster hinaus wie
das Kratzen der Feder auf Papier
entfloh mir schon gestern
und fester, und fester
die Sehnsucht, den Hass
der ins Papier gedrückte Gesang
der Tinte verschwand
und dann
das wutentbrannte Schlagen der Türen
das Klatschen der Faust auf die Wange
bis das zornige Lauschen verklang
versank geschwind wie das Jaulen des Winds
der grölende Gassengänger bei Nacht
verlief sich mitsamt der Wirtshaussänger
der Leierkastenmann spielte für mich die Leier kaputt
Geschirr zerbrach, und ich versprach
mir letztlich nichts mehr davon
Feuerwerk und die Glocken des Doms
verklungen
Samstagmarkt und Sommergedonner
verstummen
ein Schrei, mein letzter Schrei
dann ist alles, alles ist vorbei
…
und doch könnte ich schwören
ich kann die Musik noch hören
23.07.17
IM HAUSE DES
NACHTTEUFEL FILMT TIER MIT ROTEN SCHUPPEN IM HAUS DES VERSTORBENEN SCHNEIDERLEINS ZOG DER HERR DIE GRETE AM HAAR SO SCHÖN BISS SIE IHM SEIN BLUT SAUGTE DAS STICKDECKCHEN AUF SEINEM RECHTEN STIEFEL HINTERLIESS EINE SCHNECKENFROUWE DIE SCHILLERNDSTEN FARBSPUREN DIE ICH JEMALS GESEHEN OHNE MEINE AUGEN ZU ÖFFNEN SAH ICH WIE DAS WEISSE FLAGGSCHIFF IM ROTWEIN DER WANNE VERSANK DAS BLUTJUNGE MÄDCHEN MIT EINEM CYBORG DER HIERONYMUS HIESS ZU LEBZEITEN EINER ANDERS ALS HANS CHRISTIAN HAT MAN IHM DAS SCHAFOTT MIT AIRBRUSH VERSCHÖNERT BEVOR MAN IHN WIEDER UNHELDENHAFT NACH HAUSE SCHICKTE SIE SICH NACHDEM SIE DEN TÜRSTEHER BEI DEN HÖRNERN PACKTE SIND VERABREDUNGEN EINZUHALTEN MIT DEM NACHTTEUFEL IM HAUS DES VERSTORBENEN HERRN FILMT EIN TIER MIT ROTEN SCHUPPEN DIE STIEFEL DES SCHNEIDERLEINS POLIERTE SIE NACKT DAS SILBER UND DECKTE DEN TISCH AUF IHRE WEISE SEHR FESTLICH FÜR DIE GELADENE GESELLSCHAFT DIE SIE AUF EINER FREMDEN HOCHZEIT KENNENGELERNT HATTE ER SIE AUF EINER BDSM MESSE SANG MAN DAS AVE MARIA FÜR DIE TAUBEN GURRTEN WAS VON DER LIEBE VERSTEHST DU MICH DENN NICHT ICH WEISS NICHT WIE MAN DIE LIEBE MACHT UNICA LIEBTE DEN HANS BELLMERS STUDY FOR GEORGES BATAILLES AUFNAHMEN DER TAUSEND SCHNITTE SAH ICH AN EINER FRAU DIE SICH AUSPEITSCHEN LIESS SIE SICH MAGNOLIEN AUF DIE HAUT MALEN KATHOLIKEN DEN EROTOMANEN ALS TEUFEL AN DIE WAND ZU STELLEN WÜRDE IHR GEFALLEN FINDEN AM BRUNNENPLÄTSCHERN IM ZENGARTEN DES HEXENBÜRGERMEISTERHAUSES STEHEN PRÄPARIERT ZWEI JAPANISCHE RIESENKRABBEN JEWEILS EIN MÄNNCHEN UND EIN WEIBCHEN VERSCHLINGEN IHRE SEXUALPARTNER DOCH NUR WENN ES DIE NATUR AUS GRÜNDEN DES ÜBERLEBENS VERLANGT HATTE ER VON IHR NACH SEINEM TAKT UND NUR NACH SEINEM TAKT NACKT ZU MASTURBIEREN WÄHREND ER ERHÖHT AUF EINEM STUHL SASS DER MANN MIT DEM ROTEN ZIEGENBART NIE WENN ER KLEIDER FÜR DIE PUPPE SCHNEIDERTE DIE ER ZÄRTLICH GRETCHEN NANNTE MIR DEN NAMEN EINES MANNES DEM ARIADNE DEN RICHTIGEN GRUNDRISS DES LABYRINTHS DES MINOTAURUS AUF DEN OBERKÖRPER TÄTOWIERT HABEN SOLL ER NUR WENN ER SEINE BLOSSEN FÜSSE IN EINE SCHALE VOLL WASSER EINTAUCHEN KONNTE IN DEM SIE SICH ZUVOR DIE HÄNDE GEWASCHEN HATTE …
Abonnieren
Posts (Atom)