Antje Szillat greift in ihrem Jugendroman „Alice im Netz“ ein hochaktuelles Thema auf: Anhand von Alices Geschichte veranschaulicht sie auf altersgerechte Weise, welche Gefahren im Internet lauern, wenn man allzu sorglos mit seinen Daten umgeht. Dabei erhebt sie nicht den moralischen Zeigefinger einer Erwachsenen, sondern integriert die Warnung in eine Teenagergeschichte mit Identifikationspotential.
Alice ist ein ganz gewöhnliches Mädchen. Sie ist genervt von ihren Lehrern, knüpft erste Kontakte zum anderen Geschlecht und trifft sich täglich mit ihrer besten Freundin Katja. Da Alice gerne schreibt, hat sie sich vor zwei Jahren einen Blog eingerichtet, auf dem sie unter dem Pseudonym „rasende Rita“ über ihren Schullalltag berichtet. Lehrer und Schüler werden dort gleichermaßen durch den Kakao gezogen, doch dass Alice damit aneckt, stört sie wenig. Zu groß ist der Spaß an der Sache und überhaupt ist das Internet eine tolle Erfindung. Man kann sich mit Freunden austauschen, trifft in den verschiedensten Foren Gleichgesinnte und erntet anerkennende Kommentare zu den eigenen Beiträgen, Videos und Fotos.
Als ihr Lehrer die Klasse darauf hinweist, dass das Internet auch negative Seiten haben kann, tut Alice diese Warnung mit einem Augenrollen ab. Doch dann passiert etwas Beängstigendes: Alice erhält plötzlich E-Mails von einem Unbekannten, der behauptet alles über sie zu wissen und heimlich gedrehte Videos von ihr ins Netz stellt. Was zunächst nach einem bösen Streich von Mitschülern aussieht, entwickelt sich zunehmend zu einem furchtbaren Albtraum.
Dieser Albtraum verleiht dem Buch Züge eines Jugendthrillers, doch leider wusste ich sehr schnell, wer hinter den E-Mails steckt. Zwar baut Szillat auf dem Weg zur Auflösung einige falsche Fährten und Umwege ein, doch letztlich konnte mich das Ende hinsichtlich des Täters nicht überraschen. Das ist schade, aber zu verschmerzen, denn die eigentliche Brisanz des Romans äußert sich nicht durch die Handlung oder dessen Figurenkonstellationen, sondern durch die Thematik.
Die Autorin greift alle wichtigen Aspekte, wie beispielsweise Cyber-Mobbing und Stalking, auf und baut diese stringent in die Handlung ein. Im Vordergrund stehen Alices Blog und die Dinge, die sie in ihren Artikeln unbewusst über sich preisgibt. Doch auch ihre Mitgliedschaft in Themengruppen sowie die Veröffentlichung diverser Fotos und Videos spielen eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Handlung. Alice glaubt sich ihre Anonymität durch ein Pseudonym zu wahren, doch durch die von ihr gegebenen Informationen ist es für einen Fremden leicht, ihre wahre Identität herauszufinden und daraus seinen Nutzen zu ziehen.
Die daraus resultierende Gefahr schildert Szillat auf realistische Weise, sodass man sie nicht einfach als fiktionales Ereignis abtun kann, sondern durchaus Parallelen zum eigenen Leben erkennt. Das, was Alice passiert, könnte jedem passieren, der leichtfertig seine Spuren im Netz hinterlässt.
Für mich persönlich ist die Thematik von „Alice im Netz“ nichts Neues, doch ich weiß aus eigener Erfahrung, dass manches junge Mädchen keinen Gedanken daran verschwendet, wie öffentlich und somit auch leicht zugänglich die Inhalte des eigenen Profils sind, weshalb ich hoffe, dass sich junge Leser Alices Geschichte zu Herzen nehmen oder zumindest darüber nachdenken, wie viel sie im Internet von sich preisgeben sollten.
Antje Szillat: Alice im Netz. edition zweihorn 2010, 155 Seiten, 6,95 €.
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