stefan mesch

Deutscher Buchpreis 2015: meine Favoriten (Vorauswahl)

nur kurz:

ich mag die Bandbreite, Abwechslung und den Mut der Longlist zum deutschen Buchpreis 2015, habe in den letzten Tagen die ersten Seiten aller 20 nominierten Titel gelesen und, für mich selbst, eine Vorauswahl getroffen:

sechs Titel, die ich kaufen und lesen werde – früher oder später.

[…“später“, denn diese nominierten Titel werden in den Zeitungen und Feuilletons, für die ich schreibe, meist von ältere Rezensent*innen besprochen: mein Job und Fachgebiet sind die Entdeckungen, US-Literatur, Jugendbücher, Indie-Titel… Überraschungs-Bücher und literarische Außenseiter, die noch recht wenige Menschen auf dem Schirm haben. Longlist-Titel sind so bekannt und allgegenwärtig, dass ich selten Schreib-/Rezensionsaufträge für sie bekomme.]

Sechs Titel sprechen mich sehr an:

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  1. „Bodentiefe Fenster“, Anke Stelling, Verbrecher Verlag

„Mit vierzig Jahren und als Mutter zweier Kinder ist aus Sandra eine Art Kassandra vom Prenzlauer Berg geworden. Weggehen kann sie jedoch auch nicht, außerdem genießt sie ihre Privilegien. Sie feiert die Kindergeburtstage wie früher, wie Pippi Langstrumpf, doch der Kern der Utopie ist nicht mehr da. Bodentiefe Fenster – bodenlose Gegenwart.“ [Klappentext, gekürzt]


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2. „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“, Frank Witzel, Matthes & Seitz

„Ein Spiegelkabinett der Geschichte im Kopf eines Heranwachsenden: Erinnerungen an das Nachkriegsdeutschland, Ahnungen vom Deutschen Herbst; das dichte Erzählgewebe ist eine explosive Mischung aus Geschichten und Geschichte, Welterklärung, Reflexion und Fantasie: ein detailbesessenes Kaleidoskop aus Stimmungen einer Welt, die 1989 Geschichte wurde. Ein mitreißender Roman, der den Kosmos der alten BRD wiederauferstehen lässt.“ [Klappentext, gekürzt.]

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3. „Winters Garten“, Valerie Fritsch, Suhrkamp

„‚Winters Garten‘, so heißt die idyllische Kolonie jenseits der Stadt, in der alles üppig wächst.Valerie Fritsch erzählt von einer Welt aus den Fugen. Und von zwei Menschen, die sich unsterblich ineinander verlieben, als die Gegenwart nichts mehr verspricht, die Häuser und Straßenzüge verfallen, die wilden Tiere in die Vorgärten und Hinterhöfe eindringen.“ [Klappentext, gekürzt.]

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4. „Siebentürmeviertel“, Feridun Zaimoglu, Kiepenheuer & Witsch

„Eine fremde und faszinierende Welt, in der sich ein deutscher Junge behaupten muss: Es ist das Jahr 1939, und Wolf findet sich in Istanbul wieder, in der Familie von Abdullah Bey und mitten im Siebentürmeviertel, einem der schillerndsten Stadtteile der Metropole, in der Religionen und Ethnien in einem spannungsreichen Nebeneinander leben. Was als vorübergehende Maßnahme gedacht war, wird zu einer Dauerlösung, und Wolf muss sich zurechtfinden in diesem überwältigenden Kosmos. Er wird von Abdullah Bey an Sohnes statt angenommen, besucht die Schule und erobert sich seine Stellung unter den Jugendlichen des Viertels. Als er langsam zu begreifen beginnt, welche Rolle Abdullah Bey wirklich spielt, gerät er in große Gefahr.“ [Klappentext, gekürzt.]

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5. Getraud Klemm, „Aberland“, Droschl

„Elisabeth, 58, versucht würdevoll zu altern. Ihr gutbürgerliches Leben ist am ehesten charakterisiert durch das, was sie alles nicht getan hat: sie hat nicht studiert und nicht gearbeitet, sie hat ihre Kinder nicht vernachlässigt und ihren Mann nicht mit dem Künstler Jakob betrogen, sie hat der Schwiegermutter nicht die Stirn geboten und stellt noch immer nicht den Anspruch, ins Grundbuch der Jugendstilvilla eingetragen zu werden. Mit Zynismus und verhaltener Selbstreflexion beobachtet sie das Altern der Frauen um sie herum. Und sie beobachtet ihre Kinder, vor allem Franziska, 35, die zu Wutausbrüchen neigt, mit den Anforderungen der Gesellschaft an ihre Mutterrolle hadert.“ [Klappentext, kaum gekürzt… weil er sehr gut geschrieben ist!]


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6. Jenny Erpenbeck, „Gehen ging gegangen“, Knaus

„Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika zu suchen, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.“ [Klappentext, gekürzt.]

 …und, große Empfehlung:
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zwei Titel auf der Kippe:

  

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