Batman v. Superman: Dawn of Justice – 100 Probleme, Fragen, Theorien

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Im Dezember sah ich „Star Wars: Das Erwachen der Macht“. Notierte mir im Lauf des Films Ideen, Theorien, Probleme – und stellte die Liste ins Netz. Ich bin Kritiker… und schreibe meist kurze, sorgfältige Texte. Bei Blockbustern aber macht mir Spaß, schnell über alle Details und Kleinigkeiten zu bloggen:

Ich liebe Superman (und Lois Lane). Ich mag Batman. Seit 2008 lese und rezensiere ich Heldencomics. Mein Bauch, mein Herz hatten im Kino heute nicht viel zu tun. Mein Kopf aber? Sehr viel!

Kein guter Film.

Aber interessante Fragen:

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01_Sehen oder nicht? Nicht sehen.

02_In einem Satz: Freudlose, schleppende, an vielen Stellen unnötig garstige Standard-Episode über misstrauische, gewaltverliebte, oft überraschend inkompetente Grummel- und Prügel-Boys.

03_Das größte Problem: Ein Plot, der nur funktioniert, weil Figuren zu wenig miteinander sprechen, sich unnötig streiten, Probleme dem Zufall überlassen…

04_Niemand gewinnt. Keiner der beiden Helden wird als klarer Favorit inszeniert.

05_Das freut mich; weil in den Comics Batman fast immer über alles triumphiert: Ich fürchtete, dass „Batman v. Superman“ einen sehr fähigen Batman zeigt – gegen einen enttäuschend naiven, dummen oder weinerlichen Superman, den wir auslachen oder verachten sollen.

06_Beide Helden haben ausreichend Szenen, Fokus. Batman ist öfter Perspektivträger. Doch für mich stimmt die Balance.

07_Niemand muss die Figuren vorher kennen. Auch „Man of Steel“, den Superman-Film von 2013, muss man nicht vorbereitend sehen. Es gibt eine Handvoll Anspielungen für Comic-Fans. Doch keine wichtigen Easter Eggs, kaum Fanservice, nichts Komplexes oder Raffiniertes. Alles bleibt einfach, zugänglich, selbsterklärend

08_ …doch dafür auch recht seicht: Wer Christopher Nolans Batman-Trilogie mochte, darf keine Fortsetzung erwarten. Der Film ist etwa so klug, erwachsen, kunstvoll, doppelbödig wie „Independence Day“, „Iron Man 2“, „Spider-Man 3“. Nicht völlig blöd. Doch auf eine altmodische Art und Weise unterkomplex, oberflächlich, ohne tieferes Thema. Ein Blockbuster, den jeder 13jährige versteht. Doch der jeden über 13 auf allen Levels – Figuren, Plot, Thema – oft langweilt.

09_Es gibt keine Szene, von der ich denke: Noch in zehn, zwanzig Jahren wird dieser Moment parodiert, zitiert, erinnert werden. Keine Highlights. Doch auch keine Tiefpunkte, Ausreißer.

10_Es gibt keinen Grund, den Film einem breitem Publikum zu empfehlen: „The Dark Knight“ war tiefsinnig, atmosphärisch – egal, was man von Batman hält. „Iron Man 3“ hatte überraschend viel Witz, Herz, Tempo – süffiger Spaß. Doch wer Batman oder Superman nicht mag, kann sich das Geld sparen: Er verpasst nichts. 3 von 5 Sternen.

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ab hier: Spoiler. Details aus der Handlung.

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11_Der Film spielt im November, rund um den mexikanischen Dios de Muertos, 18 Monate nach „Man of Steel“ (2013). Er sollte ca. zwei Jahre nach „Man of Steel“ Premiere feiern – wurde aber auf 2016 verschoben.

12_Ich mag, dass 18 Monate nicht reichten, damit „die Menschheit“ entscheidet, wie sie zu Superman steht: Es gibt eine Statue in Metropolis (die mir besser gefällt als die Adler-Statue in den Comics). Es gibt Anhörungen, PEGIDA-artige Proteste, Experten im TV (und den erfundenen Hashtag #alienamongus): Superman wird als Paradigmenwechsel verstanden, so wichtig wie die kopernikanische Wende. (Gut!)

13_Dabei wirken Bürger und Politiker zwar überfordert, aber nicht – wie in vielen Marvel-Filmen – dümmlich, hasserfüllt, leicht zu verblenden. Auch freut mich, dass das Militär keine große Rolle spielt: endlich mal keine bösen Generäle – oder Regierungsprojekte, die außer Kontrolle geraten.

14_Trotzdem hätte ich gern kompetente staatliche Anti-Superhelden-Experten wie Amanda Waller gehört… und war überrascht, dass weder Lex noch Batman, sobald sie Superman via Kryptonit aufhalten wollen, (geheime) staatliche Unterstützung angeboten wird.

15_Der Film beginnt mit Herbstlaub… das aber motivisch keine große Rolle spielt. In einer (recht albernen, sinnlosen) Traumsequenz schwebt der junge Bruce Wayne zwischen Fledermäusen hoch ans Licht. Am Ende des Films schweben ein paar Brocken Erde. Lois Lane hat eine frühe Szene in der Badewanne – und ertrinkt im Finale fast in einer gefluteten Grube. Es gibt ein halbes Dutzend solcher oberflächlicher Bookends, Motivketten, Foreshadowings – die aber für nichts Größeres stehen. Warum Laub? Warum Wasser? Warum Schweben?

16_Solides 3D. Solide deutsche Übersetzung.

17_Aus zwei Gründen hätte ich gern trotzdem die US-Version gesehen: Wie klingt Wonder Womans (’südeuropäischer‘, ‚Mittelmeer-‚) Akzent – griechisch, türkisch, spanisch? Und: Wenn sich die Helden als ‚kriminell‘ beschimpfen – meinen sie ‚Criminal‘, oder (sinnvoller) ‚Vigilante‘?

18_Bruce benutzt ein Mikro, um als Batman seine Stimme zu verzerren. Freunde sagen, auch Oliver Queen in „Arrow“ macht das so. Gefällt mir besser als das alberne Stimmen-Verstellen in Christopher Nolans Filmen.

19_In vielen Batman-Comics sah Bruce mit seinen Eltern „Zorro“, bevor sie vor dem Kino von einem Kleingangster erschossen wurden. Hier schauen die Waynes „Excalibur“ (1981) – einen Film über Helden, die an König Arthurs Tafelrunde zusammenkommen. Ben Affleck war 1981 neun Jahre alt. [Edit: „Excalibur“ wird an der Kino-Fassade mit „Coming Soon“ angekündigt. Dann doch „Zorro“?]

20_Ich mag, wie ungepflegt Friedhof und Familiengruft der Waynes sind – sicher auch, weil Alfred Besseres zu tun hat, als zu gärtnern und zu putzen. Und mir gefällt, dass Wayne Manor ausbrannte: Im Film ist Batman seit 20 Jahren aktiv. Offenbar ist viel passiert.

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21_Alexander „Lex“ Luthors Vater stammt aus der DDR? Mich überrascht, wie schnell es die Familie in den USA zu Geld brachte. Und ich kenne keinen Ostdeutschen, der SED-Politiker „Tyrannen“ nennen würde: „Tyrann“ wirkt auf mich drei Nummern zu groß.

22_Dass der Kampf zwischen Superman und Zod das Zentrum von Metropolis zerstörte, ist Thema. Doch dass Superman Zod 2013 das Genick brach, stört niemanden – auch nicht Clark, Lois, Martha Kent: Als Superman-Fan enttäuschte mich, dass Clark 2013 tötete. Ich hoffte, dass „Batman v. Superman“ das zur wichtigen Frage macht: Was wird aus Helden, die töten?

23_Nach 9/11 war die Südspitze Manhattans ein Trümmerfeld – jahrelang. Ich weiß nicht, warum „Batman v. Superman“ keine Trümmer, Baukräne, Brachflächen im Stadtbild Metropolis‘ zeigt. Die Gedenkstätte gefällt mir [und ich frage mich, ob viele Namen der Opfer Anspielungen, Zitate sind]. Auch die zweite Gedenkstätte, am Ende des Films, passt [„If you seek his memorial, look around you.“]…

24_…trotzdem bleiben Gotham und Metropolis ohne Charakter: In den Comics ist Metropolis oft eine helle, leicht futuristische Ideal-Version von New York (am Tag), Gotham City eine düstere, verdreckte, aber mit Art-Deco-Architektur und Luftschiffen dekorierte Alptraum-Version von New York (in der Nacht). Die Städte liegen eine Zug- oder Autofahrt auseinander – und recht nah an New York: Manchmal wird NYC in den Comics „Cinderella City“ genannt, Metropolis und Gotham die „Stepsisters“.

25_Nie aber sah ich im Kino ein lieb- und charakterloseres Gotham City. „Seit wann ist Gotham das New Jersey von Metropolis?“, fragt ein Facebook-Freund. Und: Obwohl man Gotham von Metropolis aus sieht, hat Superman dort nie geholfen? Warum weiß er so wenig über Bruce – und Batman? Die beiden sahen bisher sich nie? Absurd.

26_Alfred (Jeremy Irons) kommt bei Kritikern irritierend gut an: Ich mag Irons, doch die Rolle bleibt so klein und undankbar – ich sehe keinen besonderen Reiz. Ich mag, dass sich Bruce und Alfred ähnlich kleiden und frisieren – sie sehen aus wie Vater und Sohn. Mich stört, dass Alfred zweimal sagt, er wünsche sich einen Wayne-Erben/Nachwuchs: Batman hat so viele Helfer, Robins, Verbündete etc., mit denen er nicht biologisch verwandt ist und die er als „Batfamily“ liebt… ich glaube nicht, dass Alfred leibliche Kinder vermissen würde, so lange es andere Kinder/Helfer gibt.

27_Perry White hat weniger Format, Tiefgang als in „Man of Steel“. Andererseits verhält sich Clark als Redakteur unmöglich. In den Comics gewannen Lois und Clark Pulitzerpreise. Hier im Film hat Lois mehr Glück als Verstand, und Clark scheint überhaupt keine Lust auf journalistische Arbeit zu haben.

28_Ein sehr beliebter Comic von 2004 zeigt Lois Lane als Embedded Reporter im Nahen Osten. Autor Greg Rucka ist mein Lieblings-Comicautor – doch die Geschichte war mir zu simpel. Ich bin froh, Lois in ihrer ersten „Batman v. Superman“-Szene bei einem ähnlich gefährlichen Job zu sehen. Doch Nairomi, das erfundene afrikanische Land, wirkt lieblos bis rassistisch, Lois unvorbereitet, inkompetent… und laut Besetzungsliste ist der tote Fotograf/CIA-Agent Jimmy Olsen. Eine Verschwendung der Figur.

29_Helden-Serien und Adaptionen machen das oft: Eine Nebenrolle erhält den Namen einer (in den Comics) wichtigen Figur – und stirbt überraschend. Stattdessen übernehmen dann scheinbar bedeutungslose, neue Randfiguren mit Allerweltsnamen die Rollen/Funktionen des Comic-Vorbilds. In „Smallville“ starb Jimmy Olsen recht früh. Später wurde sein Bruder Jimmy (!) Fotograf beim Daily Planet.

30_Lex Luthors Assistentin, Mercy Graves, ist in den Comics eine Amazone. Entsprechend hoffen Fans, dass sie die Explosion im Film überlebte und in den Fortsetzungen auftaucht. Der Gangster, Waffenhändler Anatoli Knyazew war in den Comics ein Sowjet-Bösewicht namens KGBeast. In „Batman v. Superman“ sind mir diese Namensgleichheiten zu oberflächlich, nichtssagend. Ein Zitat, das nichts bedeutet: Muss jeder böse Russe in den Filmen den Namen eines bösen Comic-Russen tragen?

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31_Wer hat die aufwändige Bat-Höhle gebaut, im Geheimen: Alfred und Bruce, allein? [In den Comics ist das kein Problem, weil Batman viele Freunde mit Superkräften hat.]

32_Ich glaube, ich sah ein Bacardi-Logo und, später, eine Bacardi-Flasche [mit Fledermaus-Wappen!]: Trank der Russe Bacardi? Alle Autos sind von Jeep/Chrysler. CNN wird erwähnt. Lex Luthor isst Fruchtbonbons. Doch insgesamt sah ich deutlich weniger Product Placement als in Marvel-Filmen. Hier eine Liste. Super: Lex‘ Bonbons heißen Jolly Ranchers.

33_Bekannte TV-Gesichter? Ich erkannte Anderson Cooper und Neil Degrasse Tyson, las im Nachspann auch von Nancy Grace und Charlie Rose. Mir geben solche Cameos nichts – und ich ärgere mich, dass Helden auch 2016 noch durch Nachrichtensendungen und TV-Bildschirme von Katastrophen erfahren, nicht via Twitter und Google. Immerhin: einer der TV-Experten wird als Blogger vorgestellt.

34_Lex Luthors Gefangenennummer ist 16-TK-421. In „Star Wars: Episode IV“ stehlen Han und Luke auf dem Todesstern die Sturmtruppler-Rüstung eines Soldaten namens TK-421. Im Video zu Cyborg/Victor Stone wird er „Objekt 6-1982“ genannt. Vielleicht, weil Victor Stone im Juni 1982 geboren wurde? Oder, weil in „Tales of the New Titans“ von Juni 1982 die Entstehung von Cyborg erzählt wurde.

35_Lois will in ein Taxi steigen… und nennt Superman „Clark“, auf offener Straße. Lex kennt Clarks Mutter. Clark und Diana durchschauen Bruce. Und Lex weiß grotesk viel über Aquaman, Cyborg, The Flash und Wonder Woman: Ich mag Geheimidentitäten. Doch in einer SO überwachten Welt macht für mich Sinn, dass diese Geheimnisse brüchig sind, gelüftet werden können. (Ich mochte auch, dass John Blake in „The Dark Knight Rises“ Bruces Identität erriet.)

36_Überraschend dagegen, dass Bruce nicht weiß, wer Clarks Eltern sind. Dass er Lois Lane nicht schon seit Jahren überwachen lässt. Dass er den Namen „White Portuguese“ lange nicht einordnen kann, oder solche Mühe hat, die Lexcorp-Server anzuzapfen: In den Comics sitzt Bruce an allen längeren Hebeln, immer. Ich mag fehlbare Helden. Doch in den „Dark Knight“-Filmen und hier in „Batman v. Superman“ gibt es jeweils Dutzende Szenen, in denen ich denke: Comic-Bruce wäre besser vorbereitet, informiert, würde mit allem spielend fertig. [Das heißt trotzdem: Film-Bruce ist die interessantere, sympathischere, realistischere Figur.]

37_Und: Bruce kann die Lexcorp-Daten knacken. Diana scheitert an der selben Verschlüsselung? Schade.

38_Ich mochte, dass Bruce sofort von einem „Leech Program“ spricht, ohne Skrupel ein Handy klont/kopiert und, wie schon in „The Dark Knight“, nichts von Datenschutz und Bürgerrechten hält: Mir ist krass unsympathisch, wie rücksichtslos Bruce jeden ausspioniert. Und ich freue mich, dass auch die Filme sich Zeit nehmen, das immer wieder zu zeigen: Der respektlose Spanner ist nicht Superman, mit seinem Röntgenblick. Sondern Datenkrake Batman – ein Kontrollfreak, der Zivilisten oft verachtet und benutzt.

39_Kritiker waren sehr unzufrieden mit dem Score/der Musik; besonders den archaischen Trommeln. Ich fand den Soundtrack passabel, und mochte die – etwas trashige – Trommel-Kampfhymne, die losbricht, als Wonder Woman Doomsday attackiert. Für mich klingt das wie ein musikalisches Thema, das noch in 100 Remixes und Variationen benutzt werden kann, für Wonder Woman: „Is she with you?“ [Link: Spotify]

40_Schlimm dagegen: Wie viele Kämpfe auf Maschinenpistolen, Gewehrfeuer setzen. Fast alle Duelle wirken hässlich, langweilig, seelenlos/brutal… oft blitzend, flackernd… und klingen beschissen: stressiger, sinnloser Lärm.

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41_US-Zuschauer sahen vor dem Film einen Kinotrailer zum „Lego Batman Movie“ (2017), auch der nächste DC-Superhelden-Film, „Suicide Squad“ (August 2016), wird beworben. Ich sah nur eine Werbung für Städtetrips nach Gotham City, von Turkish Airlines – sonst aber vor allem Trailer für Dramen und Beziehungsfilme: Das lesbische Justizdrama „Freeheld“, den Eifersuchts-Thriller „A Bigger Splash“, die dänische Rentner-Schmonzette „Ein Man namens Ove“, das Tänzer-Biopic „Ein letzter Tango“ und die Gangsterkomödie „Nice Guys“. Bei Lidl sah ich BvS-Schlafanzüge, bei Primark T-Shirts (leider keine Wonder-Woman-Motive für Männer)… und auf Wired wartet ein charmantes Interview mit Lex Luthor

42_…doch am Tag nach der Premiere saß ich mit drei anderen Personen im leeren Kinosaal: DC schafft es selten, Vorfreude auf neue Filme zu wecken – oder die Figuren effektiv zu bewerben. Ich bin gespannt, wie viel Geld der Film macht und welche Konsequenzen das für Fortsetzungen hat. Ist wirklich kein weiterer „Superman“-Film geplant?

43_Es gibt keine letzte, überraschende Szene nach dem Abspann.

44_Mich ärgert, dass Martha Kent in einem Diner jobbt: 2003, im Comic „Superman: Birthright“, informiert sie sich online über Außerirdische und UFOs. In „Smallville“ wird sie US-Senatorin für Kansas. Im Kinofilm dagegen wirkt sie wie eine nicht-sehr-kluge Oma mit recht freudlosem Leben.

45_Mich ärgert noch mehr, dass sie ihrem Sohn sagt: „Du schuldest dieser Welt gar nichts.“ Klar – aus reinem Schuld- oder Pflichtbewusstsein trifft man keine guten Entscheidungen. Doch schon in „Man of Steel“ war ich enttäuscht, dass Jonathan Kent lieber in einem Tornado stirbt, als seinen Sohn zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen. Hier in den Filmen sind die Kents seltsame, asoziale (und religiöse: Martha trägt eine Halskette?) Provinz-Kleingeister.

46_Ist Mais in Kansas im November so hoch? Wozu die Dudelsäcke, auf der Beerdigung? Haben die Kents schottische Wurzen? Und (argh!): In „Man of Steel“ könnte Clark mit seiner lebendigen Mutter sprechen – doch wird stattdessen vor allem vom Hologramm seines toten kryptonischen Vaters belehrt. In „Batman v. Superman“ könnte Clark weiter mit Martha reden – doch hat sein wichtigstes Gespräch in einem Traum, mit seinem toten Erdenvater. Warum all diese toten Mansplainer?

47_Eine tolles Bild: Batman, auf einem Kran am Hafen. Ärgerlich, dass er dabei eine Waffe/Flinte hält (…um einen Tracker an einen Lexcorp-Truck zu feuern).

48_Metropolis wird angegriffen. Bruce Wayne rennt der Gefahr entgegen. Plakativ – aber ein guter Weg, die Figur zu erklären. Clark fehlen dieses Mal leidenschaftlich heroische Establishing Character Moments. (Nebenbei: Freunde waren verärgert, dass die Wayne-Angestellten in Metropolis erst Bruces Evakuierungsbefehl brauchen, um zu flüchten. Ich las viele Bücher über 9/11 – und verstand die Verwirrung und das Zögern im Gebäude.)

49_Träume, Horrorvisionen, Flash Forwards störten mich schon in „Man of Steel“ (und „Star Wars: Episode 7“): Ich weiß nicht, warum ausgerechnet der rationale Bruce Wayne dauernd Vorahnungen hat – und fand die Szenen weder spannend noch nützlich.

50_Bruce ist seit 20 Jahren aktiv – und fängt jetzt spontan an, Kriminelle zu brandmarken? Das ist archaisch, wirkt auf mich hässlich, primitiv… und lässt Batman fragwürdig erscheinen – damit die Drehbuch-Autoren besser Keile zwischen Bruce und Clark treiben können.

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51_Zack Snyders „Watchmen“ war mir zu dunkel, grau. Zack Snyders „Man of Steel“ unnötig freudlos. Auch in „Batman v. Superman“ gibt es viel Nacht, Regen, Schatten – doch ich hatte deutlich mehr Dunkelheit, stilisierte Tristesse erwartet: Supermans Kostüm ist farbkräftiger als in „Man of Steel“. In vielen Szenen gibt es Tageslicht oder helle Räume. Es könnte schlimmer, grauer sein.

52_Ben Affleck stört nicht: keine Fehlbesetzung. Henry Cavill dagegen wirkt schwächer als in „Man of Steel“, weil er… 1) weniger Szenen hat und weniger Gefühle zeigt, 2) noch mehr trainierte und, besonders in der Szene in Washington, lächerlich aufgeblasen wirkt, 3) in den besten „Man of Steel“-Szenen unrasiert war – doch dieses Mal gelackter, schmalzlockiger aussieht. Und: Beim Kämpfen schaut er so gepresst, als säße er auf dem Klo.

53_Im ganzen Film wird über Mythologie und die Antike gesprochen: Prometheus, Ikarus, der gordische Knoten, eine Sahnetorte, die aussieht wie die Akropolis… Lex faselt immerzu von Göttern, Engeln, Hölle, Teufel. Stichworte, dauernd im Raum – doch sie bleiben leeres Gerede. Ein Drehbuch, das raunt: Übermenschen sagen irgend etwas aus, über unser Menschen-, Gottesbild! Doch was – liebe Autoren?

54_Von einem Atomsprengkopf getroffen, schwebt Clark im All, die Hand wie in Michelangelos „Die Erschaffung Adams“. Lex Luthor deutelt am Gemäde in seinem Büro herum (ein echtes Kunstwerk – oder für den Film entworfen?): Engel aus der Hölle? Dämonen, die vom Himmel fallen? Nichts ist zu Ende gedacht. Hell – dunkel, oben – unten, fallen – steigen, Himmel – Hölle, Gott – Mensch… und, also? Warum? Kommt da noch was?

55_Die Batmobil-Verfolgungsjagd machte mir weniger Freude als in den „Dark Knight“-Filmen: zu unübersichtlich, dunkel, hässliche Straßen/Umgebung – und dauernd Maschinengewehr-Krach. An zu vielen Stellen im Film bindet Batman Gegner fest und schleudert sie dann umher. Das wirkt unnötig grausam, nicht effektiv…

56_…und passt eher zu Wonder Woman und ihrem magischen Lasso – das sie im Kampf gegen Doomsday einsetzt. Aber erst, nachdem sie lange mit einem Schwert hantierte. (Wo war das Lasso, bevor sie es benutzt? Hinter dem Schild?)

57_Fans auf TVTropes loben Batmans Seil-Spiele: „When Batman chases the Lexcorp truck, the way he uses the Batmobile’s towing cable to send a car full of [enemies] up in the air and make it crash on another car full of [enemies] is both hilarious and awesome.“ Ich fand die Szene grausam. Und musste an keiner Stelle, über keinen flauen Witz im Film, lachen.

58_„This film will make you hate Batman, Superman and the Justice League“, droht eine – immer wieder geteilte – Review von GQ (Helen O’Hara, Link). Ich mag Wonder Womans Freude am Kampf: Sie stürzt sich mit derselben Begeisterung/Entrückung auf Doomsday wie Xena in 90ern. Doch Batman wirkt unnötig brutal – etwa, indem er Pedophile markiert, damit sie in Gefängnissen Misshandlungen erfahren oder sterben (!); und beide Helden sagen einige fürchterliche Sätze: „Kannst du bluten?“, „Vernichten? Ich liefere dich aus. Das ist mehr, als du verdienst!“ Batman tötet Gegner (oder nimmt ihren Tod in Kauf) – oft mit einem gewissen… sadistischen Genuss.

59_“Unwissenheit ist nicht dasselbe wie Unschuld“, droht der afrikanische Warlord Lois Lane, nachdem die CIA-Wanze in der Kamera gefunden wurde. Ein guter Satz – weil er daran erinnert, wie viele globale Probleme wir als Konsumenten verschulden – um dann zu sagen: „Diese Länder sind so weit weg. Wir wissen das alles nicht so genau: die Produktionsbedingungen, die Politik.“ Schön auch: Clark, der über Verbrechen in Gotham berichten will und, als Perry sagt, das Thema betreffe die Leser nicht, fragt: „Kaufen arme Leute keine Zeitungen?“ Ein Minimum an Idealismus ist noch da – in diesem kalten, fahlen Film.

60_Trotzdem stehen für mich zu viele solcher Sätze bezugs- und anschlusslos im Raum: Sie wirken bedeutend. Doch das Drehbuch denkt die Fragen nicht weiter. „Meine Welt existiert nicht mehr.“ (Clark, über Krypton… und Hoffnung.) „Die Welt ergibt nur Sinn, wenn man sie dazu zwingt.“ (leeres Gerede von Bruce.) Zu große Worte – in einer zu dünnen, oberflächlichen Geschichte.

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61_Cyborg ist schwarz. Der Aquaman-Darsteller Hawaiianer. The Flash ist Asian American? Dann sind die weißen Männer in der Justice League zum ersten Mal in der Minderheit. Ich bin gespannt, ob Hal Jordan (ein weißer Testpilot) Green Lantern wird – oder John Stewart (ein schwarzer Marine und Architekt). So oder so: Mir gefällt, dass in fast jeder Gruppen-Szene im Film Figuren of Color zu sehen sind – wenn auch meist nur als Zuschauer oder Opfer. (Der Film hat Unmengen von Opfern. Wer kein Held ist, ist sofort Opfer.)

62_Es gibt keine Verknüpfungen, besonderen Verweise zum nächsten DC-Film, „Suicide Squad“. Ich habe mit einem Auftritt des Jokers gerechnet – vor allem gegen Ende, als Lex Besuch in seiner Zelle bekommt. Szene mit Joker und/oder Riddler waren angedacht – doch wurden gestrichen.

63_In den Comics wird Batmans zweiter Robin, Jason Todd, vom Joker gefoltert und erschlagen. Als Mahnung und Andenken stellt Batman Todds Robin-Uniform in der Batcave aus. Ich mag, wie erhöht/fliegend die Uniform im Film präsentiert wird. Das aufgesprayte „Ha ha ha the joke’s on you Batman“ wird etwas zu lang/überdeutlich gezeigt – warf aber eine interessante Fan-Theorie auf: Was, wenn Joker Todd nicht erschlug – sondern (in den Filmen) Todd zu Joker wurde?

64_Die komplette erste Stunde lang dachte ich: Das ist so dicht, schnell, komplex wie die ‚Dark Knight‘-Filme. Dann begannen die ersten Maschinengewehr-Krawall-Szenen. Mir schien Luthors Intrige/Erpressung im Finale klug, raffiniert. Dann begann eine dümmliche, viel zu laute Endlos-Keilerei. Ich glaube nicht, dass der Film grundsätzlich unverzeihliche Denk- oder Konstruktionsfehler hat. Doch der Fokus liegt oft falsch. Das Timing hapert. Allen Figuren fehlt Tiefe, Stringenz. Zu viel ist unnötig… ätzend.

65_Meine Lieblingsszene: Clark überrascht Lois in der Badewanne. Einige Online-Bros fanden das zu dick aufgetragen, wish fulfillment für Frauen: Clark bringt Blumen und macht Spiegelei? Warum nicht! Mich irritiert nur das (betont maskuline?) Werkzeug, das im Apartment neben dem Fernseher hängt: Braucht Clark Werkzeuge? Kann er das meiste nicht via Kraft und Hitzeblick bearbeiten?

66_Affig-maskulin auch die „Bruce Wayne trainiert mit Ketten und Traktorenreifen“-Montage. Nach „The Dark Knight Rises“ ist mein Bedarf an „Bruce trainiert“-Szenen für immer gedeckt.

67_Einige Namedropping-Momente: Zod kommt aus Kandor. Hat das Bezug zu Brainiac? Major Farris hat nichts mit Carol Ferris zu tun – Hal Jordans Freundin? Lana Lang und Pete Ross waren auf Clarks Beerdigung? Patrick Wilson leiht dem US-Präsidenten die Stimme? Wird er in späteren Filmen auftreten? Hat Wallace Keef – dessen zetrümmerte Beine amputiert werden mussten – Bezug zu Wallace West, Sprinter/Speedster und Neffe von The Flash?

68_Zwei Officers heißen Rucka und Mazzuchelli (nach DC-Autoren). Fans im Netz fanden außerdem ein „Who watches the Watchmen?“-Graffiti (auf Latein) und Andeutungen/Tags, dass das leerstehende Gebäude in Gotham, in dem sich Batman und Superman prügelten, vorher ein Versteck von Harley Quinn und dem Joker war.

69_In Wallace Keefs Wall of Crazy war eine Superman-Zeichnung zu sehen, die das erste „Action Comics“-Titelbild variiert. Ich mochte auch Perrys (alberne) Ermahnung an Clark, dass „nicht mehr 1938 ist“ (das Jahr, in dem Superman debütierte.)

70_Mich ärgert, dass Keef von einem nicht-behinderten Darsteller gespielt wird. Doch ich mag, dass Lex – der dauernd zum Höchsten strebt, zu dem die Menschheit fähig ist – immer wieder Personen mit Behinderung oder in Rollstühlen um sich hat (z.B. auch seine Schwester, Lena Luthor) und sich an ihnen verhandelt.

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71_Wenn Heldenfilme (und -Comics) floppen, wird irritierend oft die Schuld bei den Kostümen gesucht, z.B. den Gummi-Brustwarzen an George Clooneys „Batman & Robin“-Suit. In „Batman v. Superman“ funktionieren alle Kostüme: Supermans Anzug ist etwas heller/bunter als in „Man of Steel“, Bat-Anzug und Bat-Rüstung wirken praktisch und plausibel. Auch Wonder Womans Kostüm trifft den Charme der Comics – doch scheint trotzdem angemessen realistisch. (Schade, dass ihr Schild kein Zeichen oder Motiv trägt: Es wirkt etwas unfertig).

72_Ich hoffte, das Lex in jeder Szene seltsame Motiv-Shirts trägt. Der Bat-Trenchcoat in Bruces Vision wirkte albern, 90er-Jahre-haft. Und Doomsday fand ich entsetzlich – ein billiges Computer-Monster (ohne Penis), an dem alles unfertig, lieblos, generic wirkte. Im Comic hat Doomsday oft ein überraschend ausdrucksstarkes Gesicht. Das nächste Mal: mehr Spikes, mehr Charakter, mehr Mühe!

73_Batmans Rüstung stammt aus Frank Millers Comic „The Dark Knight Returns“ von 1986. In dieser dystopischen Geschichte ist Superman ein hirn- und skrupelloser Unterdrücker, der für die US-Regierung kämpft, ohne, die Befehle zu hinterfragen. Ich bin sehr froh, dass diese Clark-als-dumme-staatliche-Marionette-Vision im Film kein Thema ist: „Er ordnet sich niemandem unter.“ Sehr gut. In zu vielen Geschichten durchschaut Batman einen Diktator… während Superman blind gehorcht.

74_Eine Ausnahme: Der Comic „Injustice: Götter unter uns“ (hier empfohlen), in dem Superman durch Strafen, Kontrolle, Einschüchterung weltweiten Frieden erzwingt – nachdem der Joker den Tod Lois Lanes, die Zerstörung Metropolis‘ verantwortete. Superman legt die Hand auf die Brust des Jokers – und stößt sie ihm durch Herz und Brustkorb. Dasselbe passiert hier im Film – mit Bruce als Opfer.

75_Überzeugende Effekte? Die Parademons. Schwach dagegen: die trashig animierte, pulsierende Mother Box, die (plakativ platziert) in Silas Stones Labor steht.

76_Schon seit dem Omega-Symbol und der ruinierten Stadt im Filmtrailer dachte ich, Superman, Batman, Wonder Woman kämpfen (ähnlich wie in Band 1 der neuesten „Justice League“-Comicreihe) gegen den außerirdischen Despoten Darkseid. Tatsächlich ist die Szene nur ein Alptraum/eine Vision von Bruce. Erst nahm ich an, sie spielt auf Darkseids Welt, Apokolips. Doch offenbar geht es um eine verwüstete Erde, regiert von Superman – und Darkseid? Wollte Darkseid die Erde in ein zweites Apokolips verwandeln – durch Erwärmung, oder Lava?

77_Luthor behauptet, eine Glocke sei geläutet, jemand sei unterwegs. Wohl Darkseid. Sinestro oder [eine Twist-Version von] Green Lantern wären interessanter. Die Glocken-Metapher erinnert mich an aktuelle „Justice League“-Comics: Dort wurde die Heimatwelt von Owlman, Powerman, Superwoman zerstört, und als die drei in „Forever Evil“ die Helden der Erde bekämpfen, wird der Zerstörer erst auf die Erde aufmerksam: Das Trio wird geschlagen. Doch die größere Bedrohung ist damit auf dem Weg.

78_Jesse Eisenbergs Lex Luthor? „One of those rare characters in the history of cinema you just don’t want to see on screen. Whenever he comes on you’re gritting your teeth and hope the frenetic editing will cut to another scene. […] Maybe five scenes in this whole movie are longer than 90 seconds and it feels like all of them feature Luthor.“ [Ben Dreyfuss, Link] Das Faseln. Die Ticks. Die Darstellung wäre okay für einen bösen Clown, etwa den Toyman. Doch Dietmar Dath hat Recht, wenn er schreibt: „Eisenberg gefällt sich in Gejuckel, Gesabber und einer Start-up-Turnschuh-Lumperei, die man vielleicht im zweiten Schauspieljahr für ein zeitgenössisches Musical namens ‚Steve Jobs ist Dr. Frankenstein‘ gebrauchen kann.“ [Link] Immerhin: Ich mag, dass Luthor sich selbst „Büchernarr“ nennt. Und: Mit rasiertem Kopf wirkt er noch mehr wie Oliver Pocher.

79_Als Geschäftsmann, Machtmensch, Erfinder ist Luthor stark. Sobald er im Gefängnis sitzt, wird die Figur langweiliger. Ich wünschte, Lex wäre frei und hätte alle Ressourcen. In den aktuellen Comics erpresste er sich einen Platz in der Justice League – weil er Batmans wahre Identität kennt.

80_Das Foto von Wonder Woman in Belgien, 1918? Großartig. Doch die Idee, dass Diana vor 100 Jahren „Abstand von der Menschheit suchte“? Schlimm: Ein Clark, dessen Eltern ihm ständig raten, niemandem zu helfen. Eine Wonder Woman, die nichts gegen den Holocaust unternahm! Der „Wonder Woman“-Kinofilm spielt im ersten Weltkrieg. Heißt das, am Ende jenes Films ist Diana so genervt, gebrochen, von den Menschen enttäuscht, dass sie für 100 Jahre verschwindet? Das macht keine Vorfreude.

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81_Im kryptonischen Schiff aus „Man of Steel“ gab es eine offene Bio-Kapsel. Die Begleit-Comics zum Film zeigten, dass Kara Zor-El damit zur Erde kam – Clarks Cousine, Supergirl. Die „Supergirl“-TV-Serie scheint mir ein Universum für sich (zusammen mit „Arrow“, „The Flash“, „Vixen“). Heißt das, wir sehen Supergirl, im Lauf der nächsten DC-Filme? War Supergirl „offiziell“ in dieser Kapsel – und wird das wieder Thema?

82_Ich bin nicht sicher, warum Clark das Schiff Zods nicht benutzt – zum Beispiel, um Daten über 100.000 Alien-Zivilisationen (!) einzusehen. Auch Datenkrake Batman hätte wohl Interesse. Stattdessen darf Lex ins Schiff und sich, ohne Widerstand oder Kontrolle, ein Wesen klonen (…heißt das: Wer immer Zugang zum Schiff hat, hat eine Art Klon-, Monster- und Lazarus-Grube?). Auch in den Comics klont Lex immer wieder, z.B. Bizarro. Dass Lex sein eigenes Blut benutzt, erinnert mich an Superman Tod in den Comics: Dort erschafft er einen Superboy – mit Überresten Clarks und seiner eigenen DNA. Superboy hat zwei Väter – Lex und Clark.

83_Sah man Michael Shannons Hintern, als Lex Zods Leiche ins… Gebärmatrix-Wasser zog? Ich machte während des Films Notizen – und sah nicht hin. (Dasselbe mit Amy Adams Brustwarzen, in der Badewanne.)

84_Meine beiden größten Logik-Löcher: Clark hält Batman auf, als er das Kryptonit aus Luthors Truck stehlen will – doch schaut nicht nach, was Bruce eigentlich sucht, im Truck? Clark nutzt an keiner Stelle den Röntgenblick? Und: Dieser „Martha“-Unsinn! Als in den ersten 10 Minuten der Name „Martha“ fiel, dachte ich noch: „Jetzt müssen die Autoren aufpassen, dass Martha Kent nicht auch beim Vornamen gerufen wird – sonst wird es schnell verwirrend.“ Dass a) Superman keine Chance nutzt, um Bruce von der Entführung zu erzählen, aber b) „Martha“ zum Zauberwort wird, das Bruce sofort zum Zuhören, Nachfragen bringt, ließ mich kalt.

85_Als Journalistin hat Lois, wie gesagt, dieses Mal mehr Glück als Verstand. Dass sie den Kryptonit-Speer ins Wasser wirft und einige Minuten später beim Versuch, ihn zu bergen, fast ertrinkt, lässt viele Menschen die Augen rollen: Lois als ineffektives Faux Action Girl, das mehr Probleme schafft als löst.

86_Clark versucht gar nicht, Martha zu finden – sie ist nicht mal geknebelt: Könnte er sie hören? Alfred kann das Handy des Russen binnen Sekunden orten? Das hätte Lex absehen müssen. Warum erschießt niemand Martha, während Bruce minutenlang mit Handlangern kämpft? Und: Wozu ein Flammenwerfer – statt einer einfachen Pistole?

87_Muss man die unbewohnte Insel in der Bucht von Metropolis „Stryker’s Island“ nennen? In den Comics ist dort ein Alcatraz-artiges Gefängnis. So macht Namedropping keinen Spaß – weil die Bezüge fehlen. Und: eine Atombombe so nah an der Stadt – ist das kein Riesenproblem? (Die selbe Frage stellte ich mir schon bei „The Dark Knight Rises“.)

88_Warum „Gotham Free Press“ statt, wie in den Comics, „Gotham Gazette“? Und: ein Football-Spiel zwischen Metropolis und Gotham wurde gedreht – doch im Film sah ich nichts davon. Was wurde aus der (recht aufwändig klingenden) Szene? Auch hier: Warum „Gotham City University“ gegen „Metropolis State“ – statt etablierte Mannschaften wie „Gotham Wildcats / Titans / Rogues“ gegen „Metropolis Metros“ und „Metropolis Meteors“? Das selbe gilt für etablierte Straßennamen und Viertel in Gotham und Metropolis: Warum nicht auf dem World Building der Comics aufbauen?

89_Das Batsignal steht auf einem leerstehenden Gebäude? Wer bedient es? Hätte Batman, wie in den Comics, gute Kontakte zum Gotham City Police Department, wäre die „Batman v. Superman“-Story komplexer: Dass Bruces Rolle als Staats-Helfer ausgespart wird, macht die Fronten klarer. Was tat Batman 20 Jahre lang für Gotham? Die meisten Leute nennen ihn immer noch „Die Fledermaus“ – und wissen nichts.

90_Wonder Woman, Diana Prince: Antiquitätenhändlerin. Kein Wunder, dass Bruce an Catwoman denken muss – und sagt: „I’ve known a few women like you.“ Muss Diana so klar Bruces Beuteschema, Frauentyp entsprechen? Vor 2011 herrschte in den Comics (etwas) sexuelle Spannung. Seit 2011 spielen alle Geschichten in einer neuen Welt, in der Lois und Clark niemals ein Paar waren – und Clark stattdessen Diana dated. In den Filmen will ich Diana bitte nicht als Trophäe, Belohnung, Zankapfel sehen.

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91_Zu Beginn und zum Ende: eine Beerdigung. Doch auch hier: Bookends/Klammern ohne tieferen, intelligenten Bezug. Ich halte Supermans Tod für verschenkt: Ich las die „Death and Return of Superman“-Storyline (als Roman) mit 14, 1997 – und weiß, wie viel es erzählen gäbe über eine Welt, die Superman verlor und sich neu orientieren muss.

92_Genauso mag ich das „Batman“-Crossover „No Man’s Land“: Nach einem Erdbeben ist Gotham abgeschnitten, die Brücken werden gesprengt. Dass „The Dark Knight Rises“ einem Millionenpublikum riesige Szenen im „No Man’s Land“-Stil zeigte, machte mich froh. Doch natürlich hätte ich lieber „No Man’s Land“ selbst im Kino gesehen. So geht es mir mit Doomsday – und Supermans Tod: Ist diese kümmerliche Spar-Version besser als nichts? Oder der Grund, dass jetzt die nächsten 20 Jahre lang keine echte Adaption kommen kann – weil die Story frisch verheizt wurde?

93_Auf DVD wird der „Batman v. Superman“ länger und brutaler. Dann taucht auch Jena Malone auf – als Barbara Gordon (…und Batgirl?). Schade, dass sie in der Kino-Version fehlt. Doch große Hoffnungen auf eine interessante Figur, viel Tiefgang habe ich nicht.

94_Statt „vs.“ heißt der Film „v.“ – weil US-Justizfälle „v.“ zwischen streitende Parteien setzen, kein „vs.“: Das „v.“ klingt würdevoller, juristischer. Der Film jedoch zeigt kaum Debatten, klugen Austausch zwischen den Parteien – sondern bleibt eine „versus“-Prügelei, ohne klug clashende Ideologien, Argumente.

95_Mit einem Gegner, der sprechen kann, hätte das Finale mehr Substanz. Zehn, fünfzehn Minuten Doomsday, Blitze, Geschrei, Atombomben, Trümmer, finstere Blicke und Wonder-Woman-Kriegstrommeln machten mir keine Freude.

96_Im Finale von Märchen-, Disney- und Kinderfilmen bricht der Held oft scheintot zusammen – doch wird nach ein paar traurigen Sekunden wachgeschüttelt, wachgeküsst, schlägt plötzlich wieder die Augen auf. TV Tropes nennt das „Disney Death“ – und „Batman v. Superman“ hat, unwürdig für einen „erwachsenen“ Film, gleich zwei dieser schäbigen Beinahe-Tode im Finale: Lois, fast ertrunken. Und Clark, fast beerdigt.

97_Nichts wäre eskaliert, hätten die Helden schnell genug miteinander gesprochen. Ich war kein Fan des „Civil War“-Comic von Marvel, bei dem Captain America und Iron Man einen ähnlichen Riesen-Streit beginnen. Die Verfilmung startet am 28. April 2016. Ich hoffe, das wird psychologischer, politischer, klüger.

98_Und jetzt? 2016: „Suicide Squad“ (DC) sowie „Doctor Strange“ (Marvel). 2017: „Wonder Woman“, „Justice League“ (DC) sowie „Guardians of the Galaxy 2“, „Spider-Man“, „Thor 3“ (Marvel). 2018: „The Flash“, „Aquaman“ (DC) sowie „Black Panther“, „Avengers 3“, „Ant-Man 2“ (Marvel). 2019: „Shazam“, „Justice League 2“ (DC) sowie „Captain Marvel“, „Avengers 4“, „Inhumans“ (Marvel), und 2020: „Cyborg“ und „Green Lantern Corps“ (beide DC) – außerdem drei weitere „Batman“-Filme mit Ben Affleck. Uff.

99_Niemand hat einen Grund, diesen Film zu sehen. Wer die Figuren mag, findet bessere Comics. Wer die Figuren nicht mag, wird nach „Batman v. Superman“ noch weniger Respekt, Interesse an ihnen haben.

100_Torsten Dewi hält den Film für viel misslungener. Ich teile seine Argumente nicht. Doch mag die Einleitung: „Ein Film, so inkohärent, so qualitativ wie emotional wackelig, dass sich darin kein gerader Review-Faden finden lässt. [Mein Text wird] ein Text des ‚leider, aber immerhin‘ und des ‚wenigstens, aber dann wieder'“

Ja. Leider. Aber immerhin.

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  • [dachte noch jemand, als Bruce und Clark das Abbruch-Haus verwüsteten, an die „Spike und Buffy haben Sex im Abbruch-Haus – und verwüsten es dabei“-Szene aus Staffel 6? #BvS #BtVS]

Deutschlandradio Kultur - Batman v Superman, Stefan Mesch Foto

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Update, 28. März: Freund X sah den Film – und mailte mir Anmerkungen (großartig!):

  • Flammenwerfer für Martha: Lex sagte, Martha sei eine Hexe, und Hexen müssen brennen.
  • Der Atomsprengkopf explodierte im All, nicht auf Stryker’s Island.
  • Viele Gebäude in Metropolis befinden sich im Wiederaufbau.
  • Die „Brandmarkung durch Batman stellt ein Todesurteil dar, da die so Markierten im Gefängnis zu Tode misshandelt werden.“
  • „Als Michael Shannon ins Wasser gezogen wird, überdeckt der Arm Lex Luthors sehr geschickt Zods Penis.“

und: „Ich hätte übrigens gedacht, dass Alien-Technologie schlauer ist und sich nicht von aufgepappten Fingerkuppen überlisten lässt.“

5 Kommentare

  1. Bestätigt genau meine schlimmsten Befürchtungen. – Verfolge die Comic-Welt seit Batmans „Knightfall“ und bin ein großer Fan der Nolan-Verfilmungen. Stil und Ton habe ich jetzt hier nicht erwartet, aber zumindest eine würdige Interpretation von „Der dunkle Ritter kehrt zurück“ (auch wenn sie nur Versatzstücke aufgreift), die zudem ein DC Cinematic Universe auch schultern kann. Schon „Man of Steel“ war kein Highlight. Wenn der Film jetzt tatsächlich so seicht und nichtssagend ist, wie allerorten behauptet wird, sehe ich das Projekt schon fast als gescheitert an. Glaube auch nicht, dass „Suicide Squad“ das nochmal drehen kann. – Bei Marvel/Disney hat man sich lange Gedanken gemacht, bevor man losgelegt hat. Bei DC (Warner) werde ich das Gefühl nicht los, man handelt es aus reinem Aktionismus und ohne längerfristigen Plan. Da fehlt ein zweiter Feige im Hintergrund.

  2. Sehr coole, ausführliche Rezension. Seltsamerweise habe ich wegen Punkt 3 große Lust, den Film zu sehen. Depperte Superhelden sind irgendwie mein Ding… Aber ich seh mir jetzt erstmal deine Comic- und Buchempfehlungen an!

  3. Du hast den Film nicht verstanden. Superman und Batman schlagen sich nicht, weil sie dämlich sind und zu wenig miteinander reden. Das ist schlicht falsch. Beide wurden von Lex Luthor auf vielen Ebenen manipuliert. Die Toten im Knast – dahinter steckt Lex. Der Skandal in Afrika, wo Superman die Toten angehängt werden – dahinter steckt Lex.

    „Trotzdem hätte ich gern kompetente staatliche Anti-Superhelden-Experten wie Amanda Waller gehört… und war überrascht, dass weder Lex noch Batman, sobald sie Superman via Kryptonit aufhalten wollen, (geheime) staatliche Unterstützung angeboten wird.“

    Ach Junge. Batman hängt es logischerweise nicht an die Große Glocke. Lex tut es – und bekommt dafür Zugang zum Raumschiff und Zugriff auf den Körper des toten Alien Generals. Ich weiß nicht, in welchem Universum das als „keine Unterstützung“ zählt. Und das ganze läuft auch unter der Hand – nämlich an der Senatorin vorbei.

    „Doch keine wichtigen Easter Eggs, kaum Fanservice, nichts Komplexes oder Raffiniertes. Alles bleibt einfach, zugänglich, selbsterklärend…“

    …schreibt jemand, der den Plot nicht verstanden hat.

    Du solltest keine Filmrezensionen schreiben, wenn Du die Filme nicht verstehst. Das war bei dem Streifen ganz offensichtlich der Fall. Ich könnte die Punkte, in denen ich hier widersprochen habe noch ausrollen oder die vielen anderen Fehler in Deinem Text korrigieren. Aber wozu?

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