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Am Dienstag, den 12. Dezember 2017, ab 14.30 Uhr spreche ich bei Deutschlandfunk Kultur über…
- Apu Nahasapeemapetilon aus den „Simpsons“
- die Doku „The Problem with Apu“ von Hari Kondabolu
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„Seeing an Indian character in a lead role [in 1988] had a powerful effect on me, but it was only as I got older that I realized what an anomaly it was. I rarely saw any Indians on TV or film, except for brief appearances as a cabdriver or a convenience store worker literally servicing white characters who were off to more interesting adventures. […]
Even though I’ve sold out Madison Square Garden as a standup comedian and have appeared in several films and a TV series, when my phone rings, the roles I’m offered are often defined by ethnicity and often require accents.“
Aziz Ansari in der New York Times, 2015 – über Fisher Stevens‘ Brownface-Rolle in „Nummer 5 gibt nicht auf“
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„Die Simpsons“ laufen seit 1989.
Nebenfigur Apu Nahasapeemapetilon [mehr zur Figur bei TV Tropes: Link], geboren in Indien, doch ab Staffel 7 US-Bürger, ist Franchise-Nehmer eines Quick-E-Marts (…und, in neueren Episoden, via arrangierter Ehe mit einer Inderin verheiratet und Vater von Achtlingen).
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wichtige Apu-Episoden:
- „Lisa’s Pony“: Homer macht Nachtschichten im Kwik-E-Mart, um Lisa ein Pony zu finanzieren. (3×08)
- „Homer’s Barbershop Quartet“: Homer, Apu, Barney und Skinner gründen eine A-Capella-Gruppe und werden berühmt. (5×01)
- „Homer and Apu“: Apu wird gefeuert, zieht bei den Simpsons ein und reist nach Indien, um seinen Job zurück zu fordern. (5×13)
- „Lisa the Vegeratian“: Die Vegetatier Linda & Paul McCartney und Apu helfen Lisa, Vegetarierin zu werden. (7×05)
- „22 Short Films about Springfield“: Apu macht eine Fünf-Minuten-Pause und erlebt dabei zahllose Dinge. (7×21, nur eine Szene)
- „Much Apu about Nothing“: Homers „Illegale Immigranten: Raus!“-Bürgerwehr will Apu abschieden; Apu wird US-Bürger. (7×23)
- „The Two Ms. Nahasapeemapetilons“: Um einer Zwangsehe zu entgehen, behauptet Apu, Marge sei seine Frau. (9×07)
- „Lisa the Simpson“: Um reich zu werden, macht Apu aus dem Kwik-E-Mart erst eine Freakshow, dann einen Strip-Club. (nur B-Plot, 9×17)
- „I’m with Cupid“: Apu gibt seiner Frau so aufwändige Geschenke, dass die anderen Männer in Zugzwang geraten. (10×14)
- „Eight Misbehavin'“: Apu wird Vater von Achtlingen und will sie, aus Geldnot, im Zoo aufwachsen lassen. (11×07)
- „The Sweetest Apu“: Ausgezehrt von den acht Kindern beginnt Apu eine Affäre. Als sie auffliegt, kämpft er um seine Frau. (13×19)
- „Kiss Kiss Bang Bangalore“: Mr. Burns verlegt das Atomkraftwerk aus Kostengründen nach Indien. (17×17; Indien-Episode, Apu spielt keine Rolle)
- „Moe Letter Blues“: Moe behauptet, die Frau von Homer, von Apu oder Pastor Lovejoy liebe ihn – um den drei Männern ihr Glück klar zu machen. (21×21)
- „Exit through the Kwik-E-Mart“: Eine Bioladen-Kette bringt den Kwik-E-Mart in Schwierigkeiten. (23×15)
- „Covercraft“: Apu, Homer und andere ältere Männer gründen eine Cover-Band. Doch dann wird Apu ein berühmterer Solo-Star. (26×08)
- „Much Apu about something“: Apus hipper Neffe findet Apu stereotyp und macht aus dem Kwik-E-Mart einen Bioladen. (27×12)
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In LA (und den USA allgemein) werden 7-11-Stores meist von Indern geführt. Indische 7-11-Verkäufer sind ein altes Erzähl-Klischee. Wer schon in fünf Filmen, Serien Inder*innen am Verkaufstresen stehen sah, sollte für sich als Autor*in den Anspruch haben, beim Schreiben der sechsten Figur zu überlegen: Was mache ich anders? Vielschichtiger, überraschender, nuanciert? Will ich wirklich nur das Klischee reproduzieren?
Apu wird von einem Weißen synchronisiert, Hank Azaria.
Apus Rolle war nicht als Inder angelegt: Azaria improvisierte einen indischen Akzent, als er „Storekeeper“ im Drehbuch las. Die Produzenten sagten daraufhin: „How offensive can you make the accent?“ Hari Kondabolu sagt, Azaria spreche so übertrieben und stereotyp, dass er nicht klingt wie ein Weißer, der den Akzent von Kondabolus Vater imitiert, sondern wie ein Weißer, der einen Weißen imitiert, der Kondabolus Vater imitiert.
Dass ein Weißer eine Figur of Color synchronisiert, ist für Expert*innen wie [in Kondabolus Film zitiert] Whoopi Goldberg ein Minstrel-Klischee. Hollywood reproduziert und verstärkt hier Vorurteile, Stereotype. Eine schlechte Imitation durch einen Weißen scheint bequemer und „witziger“, als Rollen mit Menschen of Color zu besetzen. Blackface und Whitewashing sind bis heute in vielen Filmen Normalität:
- Whitewashing (Wikipedia)
- Racebending (Wikipedia)
- Blackfacing-Theaterdebatte in Deutschland (Wikipedia, zu Bühnenwatch.de)
- Tokenism (Wikipedia)
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- aktuelle Beispiele zu Whitewashing bei „Liliane Susewind“ (Deutschland) und „Ghost in the Shell“ (USA)
- Beispiele für weiße Figuren, die in Remakes etc. Figuren of Color wurden
- tolles Essay über Blackfacing an deutschen Theatern, Lara-Sophie Milagro
- die Feuilleton-Debatte um rassistische Sprache in „Pippi Langstrumpf“
- ein guter Text über das „Blackvoice“/“Blackface“-Problem bei Apu: Link
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„Es geht um Repräsentation. Es geht darum, dass wir kaum Menschen auf der Bühne, auf Bildern oder im Film zu sehen, die nicht weiß sind, und dass diese Figuren dann auch als echte Menschen dargestellt werden, die Abenteuer erleben und nicht nur Stichwortgeber oder Freaks sind. Am besten spielt ihre Hautfarbe oder Herkunft dabei keine Rolle. So sind die Figuren nicht stereotyp und man kann z.B. Schwarze Menschen auf der Leinwand sehen, die nicht nur über ihre Rassismuserfahrungen definiert werden oder gar mit rassistischen Klischees dargestellt werden. Solche Figuren sind selten. Auch in der Kinderliteratur. Das bedeutet, dass Schwarze Kinder sich niemals „selbst“ sehen. Sie lernen, dass es weiße Kinder sind, die Abenteuer erleben, die Träume haben, die einfach handelnde Personen sind. Sie selbst sind weniger wert. Und weiße Kinder sehen das genauso. Diese Bilder und Geschichten schreiben sich ein. Das gilt nicht nur für Kinderfilme. Es lässt sich auch aufs Erwachsenenkino übertragen. Und es gilt nicht nur für „race“, sondern auch für Gender.
Wenn Schwarze Kinder lernen sollen, dass sie ein vollwertiger Teil dieser Gesellschaft sind, dann müssen sie sich repräsentiert sehen. Wenn weiße Kinder lernen sollen, dass es auch Schwarze Deutsche gibt, dann müssen sie auch in den Geschichten vorkommen, die sie lesen oder sich anschauen (dann kommen sie auch als Erwachsene nicht auf die Idee, zu ihrer Schwarzen Nachbarin zu sagen: „Und? Wo kommst du wirklich her?“). Mangel an Repräsentation festigt Rassismus.“
…kommentiert Theatermacherin und Kulturwissenschaftlerin Simone Dede Ayivi zur Repräsentation Schwarzer Figuren in Deutschland.
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Hari Kondabolu, geboren 1982, machte ein Filmessay / einen 50-Minuten-Film, in dem er indische Freund*innen und Schauspieler*innen, seine Eltern, Ex-Simpsons-Autor Dana Gould, Whoopi Goldberg etc. interviewt und mit ihnen darüber spricht, ob die Figur Apu Schaden anrichtet. Für wen? Warum?
Der Film läuft auf dem Portal des Kabelsenders TruTV, ist aber in Deutschland nur als illegaler Stream zu sehen.
Es gibt bereits deutschsprachige Artikel zum Thema – oft aber mit törichten Sätzen wie „Viele Fans wollen sich den vertrauten Verkäufermeister nicht nehmen lassen.“
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Das Problem mit Apu ist:
…dass es 1989 noch weniger indischstämmige Figuren im US-TV gab. (Übersicht 2015, Link: Es wird nur langsam besser.)
…dass indischstämmige US-Kinder seit 28 Jahren dauernd „Thank you, come again“ hören müssen, Apus (nur achtmal benutzte) Catch-Phrase in der Serie.
…dass 2007, zum Start des „Simpsons“-Kinofilms, echte 7/11-Stores in Kwik-E-Marts verwandelt wurden: The 7/11 company rebranded a number of stores as Kwik E Marts and made Indian workers wear shirts with Apu nametags to promote The Simpsons Movie: Accepting our portrayal of Apu is nothing less of accepting the images portrayed years ago in the US of black people with very black faces, big lips and white teeth… that image is considered racist so [is] Apu to me. [Link]
…dass Synchronsprecher Hank Azaria nicht am Film teilnehmen wollte (Dana Gould: „It’s not in his self-interest“) und nach dem Film defensiv antwortete („I’m sorry that my performance was hurtful or offensive.“) Kondabolu, auf Twitter: „Apu doesn’t “offend” me, he “insults” me… and my community. I’m an adult with bigger things to deal with. My film was meant to tell you to go fuck yourself & discuss why I want you to go fuck yourself & how we can prevent future incidents of people wishing others “self-fuckery.”“
…dass die Figur Apu zwar recht vernünftig ist [„Only Sane Man“], doch sonst nur Klischees bestätigt und nicht besonders wächst. Apus Neffe Jamshed / Jay beschimpft Apu in einer Episode von 2016 als Klischee. Eine typische Antwort auf solche Einwände: „Die Simpsons“ sind eine Parodie. Jeder wird als Klischee gezeigt. Für mich greift das Argument schlecht, weil…
a) EIN fauler Homer nicht gleich das kollektive Bild von Familienvätern prägt. Weil es im TV Hunderte differenziert gezeigter weißer Familienväter gibt. EIN Apu aber oft die einzige indischstämmige Figur ist, die wir regelmäßig sehen und halbwegs kennen lernen.
b) Satire (sagt auch Kondabolu), die nach oben tritt und sich an Mächtigen abarbeitet, größere Risiken auf sich nimmt und mehr Mut beweist als Satire, die Klischees und Rassismen aufgreift und sie reproduziert.
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eine Idee / ein Lösungsvorschlag von Hari Kondabolu:
Kondabolu würde sich freuen, wenn die Figur „upwardly mobile“ wird, z.B. die Quick-E-Mart-Kette besitzt und ein Konkurrent zu Mr. Burns wird. Oder, wenn die Figur sagt, dass ihr Akzent seit einiger Zeit nur aufgesetzt war, der Kundschaft zuliebe. Apu zu töten ist keine Lösung:
Vanity Fair, Link „Kondabolu suggested a few ways the Fox comedy could tweak Apu’s character in order to make him less offensive, saying the “lazy thing to do” would be to kill him off entirely or use some kind of “it was all a dream” trick. A more nuanced option, Kondabolu said, would be to give Apu “some upward mobility,” perhaps by creating a character of South Asian descent who can oppose the show’s evil billionaire character, Mr. Burns. Or perhaps The Simpsons could give Apu’s children a voice in the show: “Have them represent us. Have writers who can write to that voice.”
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Das „Problem mit Apu“, sagt Hari Kondabolu in einem Interview (Link), ist, dass diese… lausige, dürftige, gedankenlos geschriebene Figur ihn daran erinnert, WER erzählen darf, WER Figuren ins TV bringt, bei WEM Macht und Deutungshoheit liegen:
„Who gets to control their story? And who gets cast in what? The power of Hollywood: Who gets to control what in Hollywood?“
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Sinthujan Varatharajah, Politische*r Geograph*in und Essayist*in, über Apu in Deutschland:
„Braune Menschen in Deutschland, Menschen die aus dem durch Kolonialgeographien geschaffenen Raum Südasien stammen, waren erst sehr spät und weniger systematisch von den rassistischen Bilder der Simpsons betroffen. Stattdessen sind z.B. Tamil*innen hier in Deutschland aufgrund ihrer Hautfarbe vielmehr von anti-schwarzem Rassismus betroffen. Die kulturelle Gewichtung der Simpsons war in Deutschland weniger tiefgreifend wie in den USA, doch lieferte auch die deutsche Fassung mit ähnlich rassistischer Synchronsprechung wie in der Originalfassung neue rassistische Referenzen, die braune Menschen hier fassbarer machte. Sie sind dementsprechend noch immer eine Realität für braune Menschen, auch wenn nicht so allgegenwärtig wie in den USA.
Hierzulande herrscht eine ungemeine Ignoranz gegenüber braunen Menschen, so sehr dass Künstler*innen wie Xavier Naidoo oder Sabrina Setlur eher als schwarz als braun gelesen werden. Die Simpsons haben wenig Veränderung gebracht. Vor allem aber keine positive Auswirkungen auf die Leben von Menschen aus Südasien in Deutschland. Repräsentation ist klar wichtig, doch muss sie auch sinnvoll sein. Bloße Repräsentation der Repräsentation wegen kommt eher einer kosmetischen Veränderung gleich als einem tatsächlichem inhaltlichen Wandel.
Die Frage ist nicht nur wer spricht, wer gesehen wird, wem zugehört wird, sondern eben auch was gesagt wird. Das muss öfters beachtet werden. Es hilft uns relativ wenig, mehr rassifizierte Menschen zu sehen, wenn diese den Mehrheitstenor tragen und deshalb einfacher integrierbar sind als z.B. Stimmen, die gesellschaftliche Normen kritisch in Frage stellen. Hier obliegt die Verantwortung darin, keine Token zu schaffen bzw. sich nicht mit Token zufrieden zu geben. Wir können es uns nicht leisten, nur gesehen zu werden, aber nicht an inhaltlichen Entscheidungen maßgeblich teilzunehmen.“
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…und auf Facebook erinnert mich eine Userin an die Sat.1-Comedy von Kaya Yanar, Anfang der Nullerjahre:
„Du könntest auch über Kaya Yanar berichten, der mit seiner Ranjid-Darstellung dafür gesorgt hat, dass ich in der Schule genervt wurde.“
Ich labelte die Userin in einer früheren Version des Blogposts leichthin „indischstämmig“ – ohne zu fragen, und völlig falsch: „Das ist doch das Ding von Rassismus: Wir werden ständig in eine Schublade gestopft. Apu ist nicht einfach ein Stereotyp für Menschen mit Bezug zu Indien, sondern für ganz Südasien und braune Menschen, die dem einfach zugeordnet werden.“
noch 2012 war das ein deutscher Kinofilm:
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GLAAD zeigt, dass sich die Zahl der asiatischen und asiatischstämmigen Hauptfiguren (Asian & Pacific Islanders, API) im US-TV seit 2007 nur langsam erhöht:
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Mithu Melanie Sanyal, Autorin und Kulturwissenschaftlerin, schreibt:
„In England und Amerika haben sie inzwischen verstanden, dass sie mehr schwarze Schauspieler*innen im Fernsehen brauchen. Und das ist super. Nur bräuchten sie auch deutlich mehr indische und pakistanische – oder wie sie sie nennen: Asians – da sind die Medien aber leider noch nicht.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie aufgeregt wir waren, wenn wir mal ein braunes Gesicht im Fernsehen gesehen haben, das nur vage aus der selben Region kam. Denn das Problem ist ja, wenn du dich selbst nie in der Welt gespiegelt siehst, fällt es dir auch schwer, dich im Spiegel zu erkennen. In den 80er Jahren habe ich ja nicht in den Spiegel geschaut und ein braunes Mädchen gesehen, sondern eine Weiße, die irgendwie komisch aussah.
Auf der einen Seite funktionieren Medien nicht linear: Menschen sind schon in der Lage, sich Dinge herauszufiltern – und manchmal ist es ganz heilsam, einfach ein braunes Gesicht im Fernsehen zu sehen.
Apu ist eine Katastrophe. Erstmal ist der Name ja eine Referenz auf die Apu-Trilogie des größten indischen Regisseurs Satyajit Ray: heiliges indisches Filmgut 😉
Doch Apu ist ein solches Konglomerat ein Klischees (was ja alle Simpsons sind, nur macht ihn das nicht angenehmer): die arrangierte Ehe… die sich dann doch als das Beste für ihn herausstellt. Und, dass er Homer anbietet, als Diener für ihn zu arbeiten (nachdem er ihm eine Lebensmittelvergiftung durch verdorbenes Fleisch bescherte) war ziemlich unerträglich.
Oder die Szene, in der die Affen sich über Apu totlachen… Wie gesagt: Ich verstehe, dass das Ziel der „Simpsons“ ist, so vielen Leuten wie möglich auf die Füße zu treten und sich über alle und alles lustig zu machen. Außer Lisa gibt es ja auch eigentlich keine „sympatischen“ Charaktere. Und das wäre fein so. Auch die Tatsache, dass Apu von einem weißen Schauspieler mit einem echt schlechten indischen Akzent gesprochen wird, geschenkt.
WENN es den genügend andere Rollen für indische Schauspieler gäbe. Und wenn es genügend indische Repräsentationen gäbe.“
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Ich selbst schaue aktuell keine Serien mit indisch-stämmigen Figuren, empfehle aber…
- den Comic „Dept. H“, mit Hauptfigur Mia (Matt Kindt)
- Heft 9 der Comicreihe „Ms. Marvel“ (2015), über die muslimischen Eltern der Hauptfigur und ihre Ex-Heimat Pakistan
- „Master of None“ mit/von Aziz Ansari. Gestern sah ich, ohne Vorwissen, die Episode „Thanksgiving“ (2×08), und genoss das sehr.
- gleich schaue ich nochmal in Mindy Kalings Romantic-Comedy-Serie „The Mindy Project“: Episode 2×22
- Mithu Sanyal empfiehlt „Meera Syal, britisch indische Schriftstellerin und Comedian. Sie ist hauptsächlich durch „Goodness Gracious Me“ bekannt, die Comedyserie, die Inder*innen lustig gemacht hat, ohne sich über sie lustig zu machen“:
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mein Kurztext für die Deutschlandfunk-Website:
Der einzige Mann aus Indien, gut sichtbar
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Update, 10. April 2018:
- Episode 15 der 29. Staffel greift die Kontroverse auf.
- In einem kurzen Dialog verteidigen Marge und Lisa, dass 30+ Jahre alte Figuren flache Stereotype bleiben…
- …und verkünden: „Some things will be dealt with at a later time. If at all.“
- Kritiker*innen und Presse reagierten in ausführlichen, oft klugen Artikeln
- die Episode, 633, heißt „No Good Read goes unpunished“ [Plot: hier]
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„Jetzt hat die Fernsehserie auf diesen Vorwurf reagiert. In der Folge, die in den USA am Sonntag ausgestrahlt wurde, liest Marge ihrer Tochter Lisa aus ihrem früheren Lieblingsbuch vor. Während des Lesens merkt sie, dass es rassistische Stereotype enthält und ändert diese Textstellen während des Vorlesens.
Lisa beschwert sich bei Marge und sagt, dass die Geschichte darunter leiden würde. Marge sagt, dass sie ratlos sei. „Was soll ich tun?”, fragt sie. Lisa antwortet: „Das ist schwer zu sagen” und wendet sich direkt an die Zuschauer*innen. Auf dem Nachttisch sieht man ein gerahmten Bild von Apu. Lisa sagt: „Etwas, was vor Jahrzehnten begonnen hat und alle lustig und unproblematisch fanden, ist auf einmal politisch inkorrekt. Was soll man da machen?”
Marge legt Lisa den Arm auf die Schulter und sagt: „Mit manchen Dingern beschäftigt man sich erst später.” Lisa antwortet daraufhin: „Wenn überhaupt.”“ [solider Artikel auf ze.tt – Philipp Kienzl, Manuel Bogner]
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„Marge Simpson kauft [in einem Antiquariat] ihr Lieblingsbuch aus Kindertagen. Titel: „Die Prinzessin im Garten“. Als sie ihrer Tochter Lisa laut aus dem Buch vorliest, kommt ihr das Buch beleidigend und rassistisch vor. Deshalb beginnt sie, die Zeilen umzuformulieren, damit sie besser ins Jahr 2018 passen.
Doch das Resultat ergibt danach keinen Sinn mehr. [Marge beschreibt die Protagonistin in ihrer neuen, umgeschriebenen Version, als „cis-gendered“ Mädchen, das in Südamerika Pferde befreit und sich für Netzneutralität einsetzt]
[…] Die Diskussion um die Anpassung von Inhalten aus Fernsehen, Film und Literatur an die Ansprüche der Gegenwart ist nicht neu: Verständlicherweise ist eine offen rassistische Sprache einer der ersten Angriffspunkte, wenn fiktionale Inhalte überarbeitet werden. Auch manche Klassiker hatten Titel, die aus heutiger Perspektive absurd erscheinen: So war zum Beispiel Agatha Christies äußerst populärer Krimi „Und dann gabs keines mehr“ im Original mit einem britischen Blackface-Song betitelt, der eine rassistische Beleidigung enthielt.“ [guter Einstieg auf Deutsche Welle.de – Sarah Hucal, Christina Burac]
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„Marge does a rewrite and turns the story into the tale of a “cisgender girl” who is fighting for wild-horse rescue and net neutrality. “It takes a lot of work to take the spirit and character out of a book, but now it’s as inoffensive as a Sunday in Cincinnati!” she says, while Lisa notes disapprovingly that in the new version, the protagonist can’t go on an emotional journey because she’s already “evolved” from the very beginning.“ [Vulture, Jen Chaney]
Nach dem entscheidenden Dialog…
Lisa: Something that started decades ago and was applauded and inoffensive is now politically incorrect. What can you do?
Marge: Some things will be dealt with at a later date…
Lisa : …if at all.
…sehen wir, dass auf Lisas Nachttisch ein Foto von Apu steht, mit der Aufschrift „Don’t have a cow“. Das spielt auf Apus Hinduismus an. Der Spruch stammt von Bart und bedeutet „Regt euch ab!“ oder „Kriegt mal keine Zustände!“
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„It takes a lot of work to take the spirit and character out of a book, but now it’s as inoffensive as a Sunday in Cincinnati,“ Marge announces. Marge has changed everything in the book so that nothing in it can bother anyone, which involves making the central character so perfect that, as Lisa instantly announces, „there’s no point to the book.“ Marge asks what she’s supposed to do.
This comparison is utterly dishonest, of course, for a multitude of reasons. Apu is not the central character of The Simpsons, and it’s absurd to suggest that the fabric of the show will be unwound if he doesn’t continue to be the same caricature he is. His existence at the periphery — his very flatness, and his definition as a bag of signifiers meant to scream „INDIAN!“ is integral to what it means to write a racist stereotype. It’s galling that writers will force a character to exist as funny scenery and then complain that they cannot change him without upsetting the emotional arc of the series.
So Lisa, the show’s unshakable crusader for justice […] has been reduced to a mouthpiece for the lazy idea that asking for better representation is an unfair burden on creators; an unreasonable demand that things be „politically correct.“
[…] The fact that they have managed to ignore the criticism of Apu until recently doesn’t mean that Apu was inoffensive and is now offensive — or, as they prefer to say, „politically incorrect.“ It means that they were doing exactly what they’ve been accused of doing: They were stereotyping people who had very little access to opportunities to loudly object.
What is entirely missing from this response is any recognition of the effects on the people who find themselves not represented, or represented poorly — and they were at the center of Kondabolu’s documentary. He went out specifically to speak to South Asian performers about how they felt about representation in American television, and specifically about Apu. Kal Penn tells Kondabolu that he hates Apu, and for that reason, doesn’t like The Simpsons. A room full of comics says that Apu was referenced as part of their school bullying. Aziz Ansari says he was taunted about Apu while driving with his father.“ [der beste US-Artikel aktuell, NPR – Linda Holmes]
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„Putting it in the mouth of Lisa Simpson—the show’s most progressive voice, a girl who once trashed all her beloved Malibu Stacy dolls because they started giggling sexist propaganda—is doubly insulting. It suggests even she would find the controversy ridiculous; Lisa actually rolls her eyes as she’s talking.
Furthermore, Apu is not appearing in a 50-year-old book by a now-dead author. Apu is a going concern. Someone draws him, over and over again. Azaria makes money to keep imitating Peter Sellers imitating an Indian man. Scripts are still being written. What if Marge were confronted not with reading Lisa an old book, but with reading a new book in the same series that continued to embrace the same racist portrayals it did 50 years ago?“ [Sean O’Neal, AV Club]
„To hand-wave away the lived pain and racism that others have experienced in this manner is to trade a considerable portion of your legacy just to maintain an air of smug superiority that isn’t worth it. These people aren’t making this shit up, man. I’ve been called „Apu“ based solely on my appearance, and I’m not even remotely South Asian.