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Steglitz stellt „Jargs Blog“ vor

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Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Auf Wunsch von Klausbernd Vollmar, der kbvollmarblog meist von Norfolk aus betreibt, stellt sich heute der Kopf vor, der hinter Jargs Blog steht.

Dein Steckbrief in Stichworten …

Musik- und filmaffiner Bibliophiliker, arbeitet im Bereich Medien- und Informationsmanagement, ist aus Buchhandlungen und Bibliotheken nur mit Androhung von Gewalt herauszubekommen, hat stets ein Buch in der Tasche, ist leidenschaftlicher Vorleser und Zwillingsvater, liebt Frischluft, Wandern, Radfahren und lässt sich vom Improvisationstheaterspielen herausfordern.

Seit wann, warum und wo bloggst du?

Ich blogge seit Ende 2009 auf WordPress, dessen Funktionalität sich mir schnell erschlossen hat. Ursprungsblog war der „Lesekreis Seitenweise“, der Blog eines Hamburger Literaturzirkels: Ein Freund regte an, die im Lesekreis gelesenen Bücher und unsere Kommentare dazu als Lese- und Diskussionsanregung in Weblogform ins Netz zu stellen. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass die anderen Lesekreismitglieder zwar gerne lesen und noch lieber leidenschaftlich diskutieren, nicht aber zum Bloggen zu bewegen sind, wodurch der Blog seine ursprünglich geplante Lebendigkeit leider nie erreichte.

Deshalb und weil ich aufgrund meiner Profession auch privat oft nach Lese- und Medientipps gefragt werde, beschloss ich Anfang 2010, Jargs Blog ins Leben zu rufen: Ziel war und ist es, radikal und subjektiv Bücher – aber auch Filme und Musik –vorzustellen, die mir gefallen und die ich vorbehaltlos empfehlen kann. Dabei gilt mein Augenmerk vor allem dem Besonderen – das kann ein außergewöhnlich illustriertes Kinderbuch, ein sprachlich ansprechender Roman oder ein Sachbuch sein, dessen Thema mich bewegt, berührt und beschäftigt hat.

Deine Themenschwerpunkte …

Der Kopf hinter Jargs Blog © Jarg

Ein Schwerpunkt liegt ganz sicher beim Kinder- und Bilderbuch. Ich bin durch meinen Beruf und die Tätigkeit meiner Frau in der Lage, unkompliziert an viele neue und zum Teil außergewöhnliche Kinderbücher heranzukommen. Da ich unseren Zwillingen gerne vorlese, motivieren mich unsere gemeinsamen Leseerlebnisse immer wieder dazu, besonders schöne, ansprechende und gut gemachte Kinderbücher auf Jargs Blog vorzustellen, zumal gerade unter Bilderbüchern immer wieder erstaunlich kunstvolle Sprach- und Bildschöpfungen zu finden sind.

Ein zweiter Schwerpunkt ist in moderner und klassischer Literatur zu finden. Entscheidend hier ist für mich die gut erzählte, sprachlich ansprechende Geschichte. Ich bin immer wieder erstaunt, dass sich im Meer der jährlich veröffentlichten Bücher immer wieder welche finden, die sich auf ansprechende Art zentralen menschlichen Themen widmen – mag es auf ernste, melancholische oder auf humorvoll-satirische Art sein.

Der dritte Schwerpunkt liegt beim Sachbuch mit dem Fokus auf kultur- und ideengeschichtlichen Themen, Philosophie, außergewöhnlicher Reiseliteratur und bemerkenswerten, außergewöhnlichen Biografien. Daneben beschäftige ich mich auf Jargs Blog auch mit Musik und Filmen, meistens jenseits des Mainstreams.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Ich bin zwar offen gegenüber technischen Entwicklungen, sehe aber mit Sorge etwa Amazons Versuche, sich Autoren und Buchrechte zu sichern, um auf Dauer sowohl im eBook-Bereich als auch beim klassischen Buchdruck den Markt dominieren zu können. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Vielfalt etwa des deutschen Buchmarktes auch von der Vielfalt der Verlage und der vorherrschenden Mischkalkulation bestimmt ist, bei der wenige Bestseller es einem Verlag wirtschaftlich möglich machen, auch Bücher zu publizieren, die sich nicht so gut verkaufen, dennoch aber die offene und pluralistische Gesellschaft bereichern.

Wenn man sieht, wie viele kleine und gut sortierte Fachgeschäfte unter anderem an Amazon kaputtgegangen sind, kann es einen um die kleine, feine Buchhandlung nebenan schon bange werden. – Aber vielleicht bin ich auch altmodisch, „zu analog“ und zu sehr auf ein „richtiges“ Buch mit „richtigen“ Seiten fixiert, sorgfältig lektoriert, gesetzt, gedruckt.

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Am Anfang habe ich im Überschwang ziemlich viel publiziert, was aber relativ wenig Auswirkungen auf die Bekanntheit des Blogs hatte und auf Dauer auch qualitativ nicht durchzuhalten war. Heute beschränke ich mich auf etwa drei Beiträge die Woche und habe trotzdem deutlich höhere Zugriffsraten als in der Anfangszeit, auch wenn die Statistik für mich langsam an Bedeutung verliert. Ich kommentiere relativ häufig Beiträge auf anderen Blogs, die mir gefallen und gewinne dadurch immer mal wieder neue Leser auf Jargs Blog.

Ein nicht unerheblicher Teil kommt auch durch Mundpropaganda hinzu, da ich aus oben erwähnten Gründen auch immer gerne meinen Blog in petto habe, wenn mir privat die Frage nach Buch- und Medientipps gestellt wird. In Facebook poste ich die Blogbeiträge zwar auch, habe aber kaum Zugriffe, die dadurch bedingt sind. Das mag allerdings auch daran liegen, dass mein Facebook-Account nicht gerade eine „Drehscheibe“ ist, ich auf Facebook nicht sehr aktiv bin und auch nicht massig „Freunde“ einsammle, an Pinnwände poste oder meine „Chronik“ zu aktualisieren bestrebt bin.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Zu viele Beiträge zu posten, zu viele Tags verwenden, seltsame oder beleidigende Kommentare abzusondern und Beiträge zu schreiben, die sich über etliche Bildschirmseiten erstrecken. Letztere müssen nach meinem Empfinden schon sehr, sehr gut sein, damit sie dann jemand auch liest.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Hürden gibt es ja eigentlich keine. Letztlich finde ich Blogs interessant, die ein eigenes Profil erkennen lassen, eher wenige, gute Beiträge versammeln. Es gibt sehr gute Blogs, die sich auf ansprechende Art – sagen wir mal – mit Roter Bete und ihren zahlreichen kulinarischen Verwendungsmöglichketen auseinandersetzen. Und es gibt sehr öde Blogs, die alles, aber auch wirklich alles aus dem Alltag eines Menschen in die Welt posten. Weniger ist also vielleicht mehr …

Dein schönstes Erlebnis als Blogger …

DAS schönste Erlebnis gibt es eigentlich nicht. Ich empfinde es als ausgesprochen anregend und schön, über den Blog und natürlich über andere Blogs mit an Literatur und Medien interessierten Menschen auch über Ländergrenzen hinweg in Kontakt zu kommen und mit dem Blog auch in meinem „realen“ Freundeskreis stets virtuell mit Bücher- und Medientipps präsent zu sein.

Natürlich freue ich mich sehr, wenn sich jemand durch eine Rezension zur Lektüre anregen lässt, sich mit mir per Kommentar über das Buch austauscht. Erst so, durch den Dialog, die Anregung, die Kritik, durch ein anderes, zum gleichen Thema empfohlenes Buch oder eine Entdeckung auf einem anderen Blog wird Bloggen für mich lebendig, bekommt eine unmittelbare, menschliche Komponente, die über die technische Art der Kommunikation hinausgeht.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Ich bin bisher nicht sehr oft in der Situation gewesen und finde es zwiespältig, da dadurch eine gewisse Erwartungshaltung beim Verlag oder dem Autor entsteht, die ich vielleicht enttäuschen muss. Petra Gust-Kazakos hat es in dem Gespräch mit dir so schön auf den Punkt gebracht, dass sie nur Bücher empfiehlt, die ihr gefallen. Das entspricht im Wesentlichen auch meiner Haltung: Die Ursprungsidee von Jargs Blog besteht ja genau darin, nur das zu empfehlen, was mir gefallen hat, während das andere zwar gelesen, aber unbesprochen unter den Tisch fällt.

Wie hältst du es mit dem eBook?

Ich bin bezüglich Büchern privat noch recht analog und ganz auf sinnliche, haptische Wahrnehmung des Druckwerks eingestellt: Buchdeckel, Papier, am besten noch Fadenheftung und an luxuriösen Tagen vielleicht ein Ledereinband, Geräusche beim Blättern – sonst will ich das nicht. Beruflich setze ich mich allerdings gerade massiv mit eBooks und anderen virtuellen Medien auseinander.

In manchen Bereichen, etwa bei Sachbüchern der etwas kurzlebigeren Sorte (Stadtreiseführern, Rechtsratgebern, politischen Büchern) kann ich mir eBooks allerdings als Leser schon vorstellen. Nicht jedoch bei Kinderbüchern. Zurzeit komme ich regelmäßig mit einem Stapel Bücher nach Hause, auf den meine Kinder sich wie die Geier gierig stürzen, um danach schmökernd in den Leseecken der Wohnung zu verschwinden. Ich kann mir so eine Reaktion kaum vorstellen, wenn ich beim Heimkommen mit einem eBook-Reader winke, auf den die neusten Bilderbücher geladen wären.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

In deiner Reihe sind schon etliche Blogs genannt worden, die ich an dieser Stelle auch erwähnen würde. Einen schönen Querschnitt der japanischen Literatur bietet Japanliteratur.net, ein ausgesprochen ästhetisch gemachter Ableger des optisch und inhaltlich ebenso attraktiven BlauRaums. Nicht nur Bücher, Buchaffines und Zitate, sondern auch Fundstücke aus dem Netz, Kunst und Design bieten die sie sehr reduziert und klar gestalteten Seiten von Ansichtsexemplar.

Klar gestaltet, gut strukturiert, sorgfältig zusammengestellt und somit auch zum längeren Verweilen einladend ist auch Ada Mitsou liest …. Beeindruckt bin ich von Durchleser’s Blog, dessen Gestaltung ich sehr ansprechend finde und auf dem ich wegen der Grundhaltung des “intensiven, leidenschaftlichen Lesens“ (und trotz der postulierten Bleistiftanstreichungen in Büchern), der guten Auswahl und der Ergänzung durch Gedichte und Zitate ausgesprochen gern vorbeischaue. Eben jenen Durchleser möchte ich gerne für ein Gespräch vorschlagen.

Danke sehr, Jarg! Und nach den jüngsten Kommentaren, die das derzeit unausgewogene Geschlechterverhältnis innerhalb der Interviewreihe aufwarfen, bin ich dir auch dafür dankbar, dass du mit der frankophilen Durchleserin hier eine Bloggerin ins Gespräch bringst.

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Zuletzt stellte sich in der losen Interview-Reihe Benjamin Stein vor, der seinen Turmsegler seit 2006 pflegt. Er empfiehlt litblogs.net, einen Zusammenschluss engagierter Litblogs, und Alban Nikolai Herbsts Die Dschungel. Anderswelt. Als Gesprächspartner schlug er Lothar Struck alias Gregor Keuschnig mit dessen Blog Begleitschreiben vor.

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