Peter Badge und Sandra Zarrinbal: Geniale Begegnungen

Peter Badge und Sandra Zarrinbal ist ein geniales Buch gelungen. Es ist das Ergebnis eines 15jährigen Projekts, das nun mit „Geniale Begegnungen“ vorliegt.

Der Fotograf Peter Badge wollte das Projekt, das ihm von einem Konsortium internationaler AuftraggeberGeniale Begegnungen angeboten wurde zunächst nicht annehmen. Der Auftrag bestand darin Nobelpreisträger zu porträtieren. Sein erster Gedanke: „Alte Männer fotografieren? Nicht schon wieder!“ Natürlich spricht er diesen nicht aus und natürlich sagt er zu. Seit dem Jahr 2000 sind so über 400 Begegnungen zustande gekommen. Etwas irritierend fand ich, dass Badge erst auf Seite zwölf feststellt, dass „Nobelpreisträger schon deshalb nicht alle alte Männer sind, weil sich auch Frauen unter den Gelehrten befinden.“ Kein Wunder liefert doch die Historie des Preises genug Grund zu einer Diskussion bezüglich der Vergabekriterien hinsichtlich der Geschlechter.

Die Porträts sollen die Persönlichkeiten in den Vordergrund stellen. Menschen, die hinter ihren Leistungen verschwinden. Badge bereiste dafür 160 Städte in über 40 Ländern auf sechs Kontinenten und erlebt so manch kuriose Anekdote. Immer wieder betont er aber wie wichtig ihm bei diesem Projekt der Mensch an sich ist.

„Es war mein aufrichtiges Bestreben, für die Fotos herauszufinden, was den Porträtierten in ihrem Leben wichtig ist, was ihre Persönlichkeit ausmacht, wie sie sich selbst sehen oder gesehen werden wollen. Ich habe die Laureaten in völlig unterschiedlichen Kontexten getroffen: zumeist in privater Umgebung, oder an ihrer Forschungs- und Wirkungsstätte, auch an ihrem Urlaubsort, auf der Lindauer Tagung oder in Stockholm während der „Nobel-Woche“. Für ein Portrait hatte ich manchmal nur Minuten, manchmal Stunden, manchmal mehrere Tage Zeit.“

Seine Berichte sind nicht in sich geschlossene Beiträge, vielmehr ineinander übergehende Geschichten mit vielen Einblicken in die eigene Biografie. Natürlich habe ich  mir zuerst die Teile der LiteraturnobelpreisträgerInnen vorgenommen. Die SchriftstellerInnen Günther Grass, Dario Fo, Gabriel García Márquez, Nadine Gordimer, Doris Lessing, Kenzaburō Ōe, Wole Soyinka und Alexander Issajewitsch Solschenizyn werden mit eigenen Abschnitten bedacht. Dem kolumbianischen Autor Gabriel García Márquez ist sogar das Buch gewidmet und erhält am Ende einen ganz besonderen Dank:

„der mich motivierte, dieses Buch in Angriff zunehmen und den mein Dank hoffentlich dort erreicht, wo er jetzt ist. Die Party, für die wir uns verabredet haben, steigt, und er wird auf magisch-realistische Weise dabei sein!“

Peter Badge und Gabriel García Márquez Nobelpreis für Literatur 1982 Peter Badge Typos1 all rights reserved, 2015
Peter Badge und Gabriel García Márquez (Nobelpreis für Literatur 1982) © Peter Badge/Typos1 – all rights reserved, 2015

Autorin Sandra Zarrinbal nahm sich der Erlebnisberichte von Peter Badge an und fand eine unangestrengte Sprache, die verbunden mit einem plaudernden, persönlichen Ton zur Lektüre verführt. Die Mehrzahl der Porträtierten sind aber die unzähligen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in den Kategorien Chemie, Medizin und Physik.

Bei der Präsentation der Fotos hätte ich mir mehr Großzügigkeit gewünscht. Bedeutet, dass mir die Fotos der Preisträger einfach zu klein sind. Sie nehmen teilweise nicht mal ein Drittel der Seite ein und verlieren damit erheblich an Wirkung, obwohl sie doch Ausgangspunkt für das Projekt waren.

Es ist vor allem ein Lesebuch, das sehr verschiedene Menschen und Charaktere zusammenführt und Raum gibt für die Geschichten abseits des Protokolls:

„Ich bin weder Wissenschaftler noch Wissenschaftsjournalist; ich bin mit dem Nobel-Projekt seit über 13 Jahren auf ständiger Weltreise. Von dieser Weltreise, meinen Eindrücken von Orten und Menschen rund um den Erdball, meinen genialen Begegnungen, kann und will ich erzählen. Nur am Rande von der Doppelhelix, dem magischen Realismus und der Spieltheorie. Sich dieses Buch vorzustellen, hat eine Reihe von Leuten in der Verlagsbranche überfordert. Dann habe ich Sandra getroffen und sie hat absolut dasselbe Buch gesehen wie ich. Ab da sind wir unbeirrbar unserem Konzept gefolgt und haben glücklicherweise in Ralf Daab einen Verleger gefunden, der den Mut hat, daran zu glauben, dass es Leute gibt, die sich von einem Fotografen etwas über Nobelpreisträger erzählen lassen.“

Peter Badge

Peter Badge und Sandra Zarrinbal: Geniale Begegnungen. daab Verlag, Köln 2015, 575 Seiten, 29,95 €.

3 Kommentare zu „Peter Badge und Sandra Zarrinbal: Geniale Begegnungen

Gib deinen ab

  1. Hallo,
    vergangenen Monat habe ich dieses Buch auch gelesen und rezensiert. Es spukt mir noch heute im Kopf herum. Ein gigantisches Projekt. Besonderes Gefallen fand ich an den Kapiteln über Günter Grass und John Forbes Nash Jr.
    Hast du einen persönlichen Liebling? Würdest du das Buch ein zweites Mal lesen wollen?
    Viele Grüße,
    Janine

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    1. Liebe Janine,

      mir haben vor allem die Literaturnobelpreisträger gefallen. Ein zweites Mal lesen? Eher nicht. Das passiert nur ganz selten, dass ich ein Buch mehrmals lese.

      Liebe Grüße
      Vera

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