Vor zwei Tagen gab es hier das Interview mit dem Verlag Baobab Books aus Basel. Heute möchten wir drei Bücher aus diesem Verlag vorstellen. Baobab bedeutet in der deutschen Sprache Affenbrotbaum und beschreibt einen Ort, an dem man sich versammelt, um Geschichten zu erzählen. Der Name des Schweizer Verlages steht für Geschichten aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Nahost für Kinder und Jugendliche. Mit seinen Veröffentlichungen macht Baobab Books Verstehen und Verständigung in unserer Zeit einfacher. Nicht nur durch die Inhalte, die kulturell vielfältig sind, sondern besonders dadurch, dass die Bücher oft zweisprachig erscheinen. Ich stelle mir vor, wie auf dem Boden in einer mehrsprachigen Kita oder Schule die Kinder sitzen und sich gegenseitig Geschichten in ihrer Heimatsprache vorlesen. Wie sie sich aufgeregt miteinander austauschen.
Wann kommt Mama?
Der kleine koreanische Junge mit der Tschapka auf dem Kopf krabbelt vom Cover direkt in mein Herz, dabei habe ich das Buch noch gar nicht aufgeschlagen.
1938 erstmals in einer koreanischen Zeitung erschienen, berührt diese einfache Bildergeschichte heute ganz besonders dank der wundervollen Illustrationen. Kim Dong-Seong (geb. 1970) hat sie glücklicherweise im Stil der dreißiger Jahre gestaltet, wird doch erzählt von einer Zeit, da es noch Straßenbahnen in Seoul gab und die Leute ihr Gepäck auf Holzgestellen und ihre in Tücher geschlungenen Kinder auf dem Rücken durch die Stadt trugen.
Es ist Winter und sehr kalt. Die Menschen hetzen – dick eingemummelt – durch die Großstadt und zur Straßenbahn.
Auf die Plattform der Haltestelle klettert auch der kleine einsame Junge. Nun steht er hier und fragt immer wieder nach seiner Mama. Niemand hat Zeit. Niemand kann ihm helfen. Auch der Straßenbahnfahrer nicht. Denn niemand kennt die Mama des Jungen hier in der Großstadt. Bis zu dem Moment, als –
Ab 3 Jahren
LEE Tae-Jun/KIM Dong-Seong. Wann kommt Mama? Bilderbuch zweisprachig Deutsch-Koreanisch. Aus dem Koreanischen von Andreas Schirmer. Reihe Baobab bei NordSüd. Basel 2007. 40 Seiten. 15,90 €
Prinzessin Sharifa und der mutige Walter ist ein Buch, das man von rechts nach links und umgekehrt lesen kann. In Deutsch und Arabisch geschrieben, vereint es zwei völlig verschiedene Geschichten, die in der Mitte des Buches aufeinander treffen. Auch hier sind es wieder die Bilder, welche den Text auf beeindruckende Weise vervollständigen und auch schmücken. Der heute in Mannheim lebende Illustrator Mehrdad Zaeri (geb. 1970 im Iran) hat zwei alte Geschichten – das arabische Märchen von der mutigen Prinzessin Sharifa und die Legende des Wilhelm Tell – mit modernem Blick gezeichnet. Während das alte arabische Märchen von gleichberechtigtem Zusammenleben von Frauen und Männern erzählt, geht es bei Wilhelm Tell um das Thema Freiheit.
Beide Geschichten stehen also ganz für sich, sie erzählen von Mut und Selbstbewusstsein in völlig verschiedenen Welten. Und doch bietet das mutige arabische Mädchen dem zornigen König Hamid die Stirn mit dem gleichen Stolz, wie der kleine Walter dem Landvogt. Am Ende habe ich das Gefühl, Walter und Sharifa seien sich über jegliche Grenzen von Zeit, Raum und Sprache auf geheimnisvolle Weise begegnet.
Ab 6 Jahren
Mehrdad Zaeri. Prinzessin Sharifa und der mutige Walter. Zwei alte Geschichten neu erzählt. Bilderbuch zweisprachig Deutsch-Arabisch. Text: Anne Richter. Übersetzung ins Arabische: Mahmoud Hassanein. Baobab Books. Basel 2013. 32 Seiten, farbig illustriert. 15,90 €
In Der Mond zu Gast erzählt die japanische Autorin Ando Mikie Tiergeschichten, die junge Leser zum Nachdenken anregen. Ihre Hauptfiguren sind Bären, Schlangen oder Tiger. In der Titelgeschichte Der Mond zu Gast ist es beispielsweise ein Bär, der sogar im Winter an Schlaflosigkeit leidet. So muss er die kalte düstere Jahreszeit ganz allein durchstehen. Selbst sein bester Freund liegt friedlich schlummernd mit Ladybär in seiner Höhle. Doch da sind auch der silberhelle Sichelmond und die funkelnden Sterne am Nachthimmel. Ganz allein ist der Bär also nicht.
Über Probleme von Teenagern und das Akzeptieren durch ihre Eltern geht es in der Erzählung Der König im Teich:
Weil er als ein kleines Fragezeichen zur Welt kommt, nennen seine Eltern ihn Hä. Von all seinen Geschwistern ist er der neugierigste und so quält der Kaulquappenjunge Hä seine Eltern mit unzähligen Fragen. Außerdem dürstet seine kleine Seele nach Freiheit. Als er sie sich einfach nimmt, fühlt er sich plötzlich sehr allein. Herzzerreißend ist das Bild des kleinen einsamen Hä, denn da die Seele bei Kaulquappen den ganzen Körper ausfüllt, wurde Hä von bedrückender Einsamkeit überschwemmt. Er wurde dadurch zusehends schwerer, so dass er wie eine kleine Eisenkugel nach unten sank (S. 71). Doch überraschend begegnet er einem Libellenlarvenjungen. Eine Freundschaft beginnt …
Ab 8 Jahren
ANDO Mikie. Der Mond zu Gast. Aus dem Japanischen von Koyama Yoko und Peter Siebert. Illustrationen von SHIMOWADA Sachiyo. Baobab Books. Basel 2011. 104 Seiten. 16,50 €
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