Gedicht des Tages: Dezembermorgen (Walter Gross)

Dezembermorgen

Lange war kein solcher Morgen.
Kalt, klar. Baum, Dach und Zaun
erhielten ihren Teil an Schnee.
So still und sauber wars
seit ich mich erinnere
nicht mehr.

Später allerdings schrie
der Morgen, er wird seine
blutigen Flecken bekommen.
Die blasse Scheibe der Sonne
hielt sich noch hinter dem Wald,
da hoben, halb zerrten sie das Schwein
an Beinen und Ohren und auf den hergerichteten
Vorplatz zu Hacken und Bottich.

Um neun Uhr sah ich die Schlächter
beim Mahl. Wie sie zugriffen!
Ihre Lust an Speise und Trank,
ihre Fröhlichkeit,
hat mich verstimmt.

Walter Gross (1924-1999)

Lesen Sie im Glarean Magazin auch das Gedicht des Tages von Hans Bender: Oktoberende
…sowie das Gedicht des Tages von Otto Zur Linde: Herbstsonne – Wolken – Die Birke

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